Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
Mal?«
»Glaub mir, meine Tochter, das würde ich gerne. Aber es ist nicht möglich.«
»W arum nicht, Vater?« Chayas Magen hatte sich ein wenig beruhigt, sie schaute fragend zu ihm auf.
»Die Gründe kann ich dir nicht enthüllen, mein Kind.«
»Dennoch erwartest du, dass ich mich füge.« Obwohl sie es nicht wollte, füllten sich ihre Augen mit Tränen.
Der alte Isaac erwiderte ihren Blick, und einen Moment lang hatte es den Anschein, als könnte er ihre Bitterkeit nicht ertragen und würde seinen Sinn noch einmal ändern. Dann aber schüttelte er den Kopf: »Du hast keine Wahl mein Kind, so wenig wie ich oder irgendjemand sonst. Erinnere dich nur an das, was dem Propheten Jona widerfuhr, als er sich weigerte, den Willen des Herrn zu erfüllen.«
Mit verschwimmendem Blick starrte sie ihren Vater an, dessen Entscheidung unverrückbar feststand, und Chaya fühlte, wie sie in den dunklen Abgrund der Verzweiflung stürzte, der sie verschlang wie jenes Ungeheuer den Propheten.
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13.
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Das Rauschen hatte irgendwann aufgehört und war dumpfer Stille gewichen. So lange, bis es von verhaltenem Gemurmel und schrägem Gesang abgelöst wurde – und sich der beißende Gestank von Schweiß, Ale und Exkrementen wie eine Messerklinge in Conns Nase bohrte.
Schlagartig kam er zu sich.
In der Überzeugung, noch immer unter Wasser zu sein und um sein Überleben kämpfen zu müssen, schoss er hoch und schlug mit den Händen um sich, aber rings um ihn war nichts als schwüle, von strengen Gerüchen durchzogene Luft. Als ihn plötzlich eine Hand an der Schulter packte und ihn sanft, aber bestimmt auf ein strohgedecktes Lager zurückdrückte, stieß Conn einen überraschten Laut aus.
Erst jetzt öffnete er die Augen.
Das Licht war gedämpft. Laternen, die von einer rußgeschwärzten Decke hingen, irgendwo ein flackerndes Feuer. Und während er den Rest seiner Umgebung nur schemenhaft ausmachen konnte – dem Gemurmel und den Gerüchen nach befand er sich in einer Taverne –, schälten sich im Vordergrund zunächst die Umrisse und schließlich auch die Gesichtszüge eines großen Mannes aus dem Halbdunkel.
Seiner Kleidung und dem kurz getrimmten schwarzgrauen Haar nach zu urteilen war er Normanne. Eine schmale Nase u nd hervorspringende Wangenknochen prägten das wettergegerbte Gesicht, dessen Kinn von einem schmalen Bart gesäumt wurde. Das linke Auge des Hünen wurde von einer ledernen Klappe bedeckt, eine senkrecht verlaufende Narbe war darunter zu erahnen, vermutlich die Folge eines Schwerthiebs. Das andere Auge jedoch war von rätselhaft grüner Färbung und blickte durchdringend auf Conn herab.
»W ie geht es dir?«, wollte der Fremde wissen, dessen Alter Conn auf Anfang fünfzig schätzte. Seine Stimme klang rau, aber nicht drohend.
»G-ganz gut«, krächzte Conn, der sich nicht erklären konnte, wie er in das Wirtshaus, geschweige denn in die Obhut des Normannen gelangt sein konnte. Wer war der Kerl? Ein Scherge des Königs?
Conn schoss in die Höhe, um rasch das Weite zu suchen, als ihn ein stechender Schmerz in seinem linken Arm daran erinnerte, was zuletzt geschehen war. Erschrocken schaute er an sich herab, aber der Pfeil war nicht mehr da. Stattdessen war sein Unterarm mit einem Streifen Leintuch verbunden worden, und obwohl der Stoff eine dunkel gefärbte Stelle aufwies, schien die Blutung inzwischen aufgehört zu haben. Conn griff an seinen Hals. Auch dieser war verbunden, die Blutung ebenfalls gestillt worden. Von einigen Beulen abgesehen, die Conn ertastete, hatte sein Kopf offenbar keinen größeren Schaden genommen.
»Du hattest verdammtes Glück«, sagte der Einäugige, während er Conn wieder auf das Lager drückte. »W enn ich dich nicht gefunden hätte …«
»M-mich gefunden?«
»Am Flussufer.« Der Normanne grinste. »Hast dich im Schlamm gesuhlt wie ein Frischling. Ich habe deine Wunden gereinigt, so gut es ging. Wollen hoffen, dass sie sich nicht entzünden.«
»I-ich danke Euch«, sagte Conn vorsichtig. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass ein Normanne ihm eine Wohl t at erwiesen hatte. Entsprechend ungläubig schaute er den Fremden an.
»W ie ist dein Name?«, fragte dieser mit tiefer Stimme.
»Mein Name?«
Der Einäugige nickte. »Einen Namen wirst du doch haben, oder?«
»Conwulf«, stellte Conn sich zögernd vor.
»Conwulf also. Demnach bist du Angelsachse?«
»Hätte es etwas geändert, wenn Ihr das früher gewusst hättet?«
Das Lächeln des Fremden veränderte
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