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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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hilft es. «
    Er wusste nicht, wie sie das meinte, aber er tat trotzdem, was sie von ihm verlangte. Sein Magen verhärtete sich z u e inem Eisklumpen, und er spürte ein schmerzhaftes Ziehen in den Eingeweiden. Der Grund dafür waren Sorge und Todesangst, aber zugleich wurde ihm bewusst, dass sie seit einer Ewigkeit nichts mehr gegessen hatten. Ganz abgesehen von dem Schlaf, der ihnen fehlte. Noch wurden sie von Furcht und Erregung wach gehalten, aber Aelvin merkte, dass seine Aufmerksamkeit nachließ. Die elende Dunkelheit tat das ihre, um seine Sinne zu betäuben.
    Um sie herum schien die Schwärze immer dichter zu werden. Aelvin hatte das Gefühl, dass irgendetwas sie umschlich. Albtraumgespinste regten sich wie Geister.
    Er rief sich Favolas Gesicht vor Augen, und beschämt wurde ihm klar, dass er sich nur vage an ihre Züge erinnern konnte. In seinem Gedächtnis existierte sie eher als verschwommener Eindruck denn als vollständiges, detailliertes Porträt. Selbst der Versuch, sich ihr seltenes Lächeln vorzustellen, erzeugte in ihm eher den Widerhall eines Gefühls als ein konkretes Abbild.
    Verzweifelt kämpfte er gegen seine Tränen an. Mit einem Mal waren da Sätze in seinem Kopf, die sie gesagt hatte, Empfindungen, die ihre Nähe in ihm ausgelöst hatte.
    Ich spüre sie, durchfuhr es ihn. Für einen Augenblick verschlug es ihm vor Aufregung den Atem.
    Libuse stieß ein leises Stöhnen aus.
    Ein Windstoß jagte durch das Tor herein, so kalt wie frisch gefallener Schnee, aber noch während er ihre Leiber streifte, erwärmte er sich.
    Helligkeit flammte vor ihnen am Boden auf. Wie Kerzenlicht in einem Lampenkäfig erglühte die Lumina hinter Gitterwerk und Glas. Das Eis schmolz und floss in dicken Tautropfen am Schrein herab, sammelte sich als Pfütze auf dem Fels und reflektierte den Lichtschein.
    Aelvin hatte das Gefühl, Favola in seinem Nacken atmen zu spüren, doch er wagte nicht, sich umzudrehen, weil e r w usste, dass sie nicht wirklich da war. Es war die Lumina, die diese Empfindung erzeugte. Sie war getränkt mit Favolas Präsenz, strahlte das Gefühl ihrer Nähe aus wie das Licht und die Wärme.
    Libuse weinte leise vor Demut und Glück.
    *
    Im Palas der Silberfeste packte Gabriel von Goldau einen Kelch und schleuderte ihn mit aller Kraft von sich; er hatte mit rechts geworfen, seine Linke lag bandagiert und nutzlos vor ihm auf dem Tisch. Das Gefäß krachte gegen einen ausgebleichten Wandteppich, der Minenarbeiter bei der Arbeit zeigte. Wein spritzte bis zu der hohen Gewölbedecke aus Sparrenwerk; die Balken waren mit Schnitzereien, Wappen, griechischen Sinnsprüchen und Jahreszahlen verziert.
    » Sie sind noch hier! « Seine Stimme schnitt wie das Splittern von Glas durch den Saal. » Irgendwo auf dem Fluss oder in den Wäldern. Sie können nicht viel weiter gekommen sein als wir. Das ist unmöglich. « Er starrte den bärtigen Nigromanten am anderen Ende der Tafel hasserfüllt an. » Was ist mit deinen Zauberkünsten, Oberon? Warum setzt du sie nicht ein, wenn wir sie einmal wirklich brauchen? «
    Oberon hob eine Augenbraue.
    Die Schlange in Gabriels Innerem begann sich zu rühren, ringelte sich eiskalt um seine Eingeweide. Nur eine Warnung. In den vergangenen Wochen hatte er es zu wahrer Meisterschaft darin gebracht, seine Todesangst mit Zorn und Wutausbrüchen zu überspielen.
    Oberon schenkte ihm ein mitleidiges Lächeln. » Meine Macht reicht nicht aus, diese Berge zu zermahlen und durch ein Sieb zu schütten, bis das Mädchen und der Zisterzienser obenauf liegen. « Er nippte an seinem Wein und stellte ihn sanft auf der Tafel ab, unweit eines unberührten Brotlaibe s u nd kalt gewordenen Bratenfleisches. » Das mag dein Verständnis von Magie sein, mein Freund, aber glaube mir, das beweist nur einmal mehr die Einfalt deines Geistes. «
    Gabriel lehnte sich in seinem hohen Stuhl zurück und krallte seine unverletzte Hand um die geschnitzte Armlehne. Die Schlange in ihm tobte, erzeugte Brechreiz, und er war drauf und dran, sich zu übergeben.
    Könnte ich ihm nur ins Gesicht speien!, dachte er wutentbrannt. Ihn mit seinem eigenen Schlangengift verpesten!
    Oberon schien in Gabriels Hass jenen Genuss zu finden, der ihm beim Essen versagt blieb. Als er sprach, klang er satt und zufrieden. » Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass wir sie finden werden. Vielleicht sind sie uns näher, als du denkst. «
    Gabriels Zustand hatte sich gebessert, seit Oberon und die Wolfskrieger ihn am Ufer der

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