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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Wolfskrieger seiner Bande einverleiben zu können – Unterstützung, die er im Angesicht eines bevorstehenden Angriffs königlicher Truppen gut gebrauchen konnte.
    Spätestens als Gabriel gehört hatte, dass Ritter durch die Wälder streiften, hatte er Oberon überzeugen wollen, schnellstmöglich von hier zu verschwinden und den Luminaträgern weiter im Süden aufzulauern. Doch erneut hatte der Nigromant seinen Rat in den Wind geschlagen: Zu Fuß würden sie – und damit hatte er wohl vor allem sich selbst gemeint – Albertus und die anderen niemals einholen. Und so war das Unvermeidliche geschehen. Als die Verhandlungen über den Erwerb von dreißig Pferden scheiterten, hatten die Wolfskrieger den Räuberhauptmann und eine Hand voll seiner Getreuen kurzerhand getötet und die Festung besetzt. Erst da hatten sie festgestellt, dass es in den Ställen der Burg gar keine Pferde gab, abgesehen von ein paar zerschundenen Ackermähren, die niemals lebend in Nisch ankommen würden.
    Ursprünglich hatte Oberon in der Silberfeste nur für eine Nacht Quartier beziehen und den Männern eine Ruhepause gönnen wollen. Kein schlechter Gedanke, wie Gabriel zugeben musste, denn selbst seine Wölfe verfügten nicht über unerschöpfliche Reserven. Die Wochen auf dem Wasser hatten sie ausgelaugt, und beim Untergang des Bootes waren mehrere von ihnen verletzt worden. Eine Nacht, so hatte er zugestimmt, dann ziehen wir weiter. Doch die Vorstellung, zu Fuß oder – noch schlimmer – auf Mauleseln die Reise nach Süden anzutreten, hatte aus der einen Nacht rasch zwei gemacht, bis schließlich Späher berichteten, die Silberfeste sei weiträumig von Truppen des Königs umzingelt.
    Und nun saßen sie fest, in einer Burg, die nicht die ihre war, verstrickt in einen Konflikt zwischen einem toten Räuber und einem König, der um seine Silbervorkommen fürchtete.
    Ironie des Schicksals, behauptete Oberon.
    Ein tödlicher Fehler, fand Gabriel. Doch als er dem Nigromanten vor den versammelten Kriegern Vorhaltungen machte, verwandelte sich die Schlange in eine bissige Furie und quälte ihn, bis er schreiend im Schmutz lag und sich wand wie ein Sterbender. Seither beäugten ihn die Wolfskrieger mit Argwohn, als habe er sich freiwillig mit Oberon und dessen Zauberkunst eingelassen. Sie waren Kämpfer, sie fürchteten weder Schwert noch Tod; allein ihr Aberglaube übertraf ihren Mut.
    » Du hast deine Krieger gut ausgebildet «, sagte der Nigromant am anderen Ende der Tafel und riss Gabriel aus seinen Gedanken. Diese letzte Demütigung vor seinen Männern lag gerade einmal einen Tag zurück. » Du solltest mehr Vertrauen zu ihnen haben. «
    » Du glaubst allen Ernstes, sie könnten diese Festung verteidigen? Gegen eine Armee? « Gabriel schüttelte den Kopf, sprach aber den Rest seiner Gedanken nicht aus. Die Schlange war noch nicht wieder zur Ruhe gekommen, und die Furcht davor, erneut ihre Zähne zu spüren, trieb ihm kalte Schweißperlen auf die Stirn.
    Sie hatten diese Diskussion bereits mehr als einmal geführt, und Gabriel war ihrer überdrüssig. Achtundzwanzig Wolfskrieger und über sechzig Räuber standen bereit, die Feste zu verteidigen. Doch die anrückenden Gegner verfügten über ein Vielfaches an Männern, darunter Dutzende von Rittern. Und es war keineswegs irgendein Feind, der ihnen da auf den Leib rückte; nein, es war der König selbst.
    Herrgott, ein König!
    Die Vorstellung war von solch hysterischer Lächerlichkeit, dass Gabriel sie sich nicht vor Augen führen konnte, ohne in Gelächter auszubrechen. Sie würden in dieser elenden Burg am Ende der Welt sterben, weil ein König sie für eine gottverfluchte Räuberbande hielt. Und Beteuerungen des Gegenteils würden so sinnlos sein wie die Hoffnung, der geballten Macht einer königlichen Vergeltungsaktion standzuhalten. Die überlebenden Räuber würden, wenn es erst so weit war, nur zu bereitwillig mit dem Finger auf sie zeigen und bezeugen, dass es die Fremden in ihren Wolfspelzen waren, die sie zu den Überfällen auf Minen und Transporte angestiftet hatten. Niemand würde ernsthaft irgendeine andere Möglichkeit in Betracht ziehen.
    » Diese Gelassenheit, Oberon … Was steckt dahinter? Maskierst du damit deine Angst? Oder bist du tatsächlich so verblendet, zu glauben, dass wir dem Heer eines Königs standhalten können? «
    Oberon schien nachzudenken, weniger über das, was Gabriel gesagt hatte, als vielmehr über die Frage, ob es an der Zeit sei, ihn abermals zu

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