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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Freund. Ganz zweifellos. «
    » Ihr müsst ihr verzeihen. «
    Libuse sah ihn aufgebracht an. » Niemand muss sich für mich entschuldigen! Das kann ich selbst tun … wenn es denn nötig wäre! «
    Der Kalif lächelte sie an. » Heb deinen Schleier, mein Kind. «
    » Man hat mir gesagt, das sei unzüchtig. « Sie machte keine Anstalten, dem Befehl Folge zu leisten. Neben ihr starb Albertus tausend Tode und kämpfte mit Schweißausbrüchen.
    » Unzüchtig? « Al-Mutasim schmunzelte. » Nicht, wenn ich es bin, der dich darum bittet. «
    Starrsinnig zögerte sie noch einen Moment länger, dann hakte sie die Seide auf einer Seite aus und ließ den Stoff herabsinken. Das Tuch, mit dem sie Nacken und Hinterkopf bedeckt hatte, glitt über ihr rotes Haar zurück auf die Schultern.
    Eine Weile lang betrachtete der Kalif sie schweigend. Seine Augen verrieten nicht, was er dachte. Dann erst nickte er langsam. » Du hast gut daran getan, solche Schönheit hinter einem Schleier zu verbergen. « Er atmete tief durch, dann hob er mit einem Ruck den Becher und trank.
    Corax und Albertus folgten seinem Beispiel. Nur Libuse ließ ihren Wein unberührt. » Vater, erklär mir bitte, was das alles – «
    Al-Mutasim kam Corax zuvor. » Dein Vater und ich haben uns ewige Freundschaft geschworen, damals in den Bergen, als er mir mehr als einmal das Leben gerettet hat. Kennst du die Geschichte? … Nun, unser Eid von damals hat noch immer Bestand. «
    » Vor den Soldaten der Leibgarde wäre ein solches Benehmen unverzeihlich gewesen «, sagte Corax.
    » Und wir wollen doch nicht, dass Abu Tahir Wind von alldem bekommt, nicht wahr? «, fügte der Kalif hinzu und grinste wie ein Kind.
    » Dann lasst Ihr meinen Vater gar nicht hinrichten? «
    Diesmal war Corax der Schnellere. » Doch, natürlich. Für mein Vergehen muss ich sterben. Aber das hat nichts mit ein paar Bechern Wein und einem Plausch zu tun. «
    » So ist es «, pflichtete der Kalif ihm lächelnd bei.
    Libuse stockte der Atem. » Das kann doch nicht Euer Ernst sein! «
    » Gesetz ist Gesetz «, sagte al-Mutasim. » Es kommt von Allah und ist allgerecht. «
    Libuse blickte hilflos zu Albertus, der ebenso schockiert war wie sie, seine Gefühle aber besser unter Kontrolle hatte.
    » Aber lasst uns jetzt von anderem reden «, sagte der Kalif. » Nicht von Hinrichtungen und von Krieg. Sag mir, Corax, was dich herführt. Was hat es mit der Bitte auf sich, die du vorhin erwähnt hast? «
    » Auch das ist eine lange Geschichte. «
    » Ich will sie hören. « Al-Mutasim trank seinen Becher in einem Zug aus und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. » Wir haben alle Zeit der Welt, nicht wahr? Und Wein gibt es im Überfluss. «
    *
    Aelvin und Favola standen vermummt auf dem Dach von Ja ’ fars Haus und sahen zu, wie immer mehr Sterne am Himmel erglühten.
    » Warum erscheinen sie nicht alle gleichzeitig? «, fragte Favola.
    » Vielleicht sind sie ja alle immer da, und wir sehen nur manche früher als andere. « Aelvin zog sich die Decken, die sie von Ja ’ fars Sklavinnen bekommen hatten, fester um den Leib. Der Februar war auch in einem Wüstenland wie diesem ein eiskalter Monat.
    » Wenn sie da wären, müssten wir sie sehen können. «
    » Unsere Augen können sie nicht alle gleichzeitig wahrnehmen. Es ist alles zu « – er überlegte – » zu groß. Zu prächtig. Und wir sind nur Menschen. «
    » Aber warum sollte Gott dann so viele davon erschaffen haben, wenn wir sie nicht alle sehen können? Einen anderen Zweck scheinen sie doch nicht zu haben. «
    » Gott hat auch mehr Menschen erschaffen, als du in tausend Leben sehen könntest. « Er zuckte die Achseln. » Mit den Sternen ist es vielleicht dasselbe. «
    Favola lächelte in der Dunkelheit. » Gottes Wege sind unergründlich «, zitierte sie.
    » Vielleicht ist er auch nur ein bisschen verrückt. «
    » Lass das nicht Albertus hören. «
    » Er ist ja nicht hier. «
    Der Luminaschrein stand vor ihnen auf der breiten Mauerbrüstung. Dies war kein Dach, wie sie es aus ihrer Heimat kannten, sondern eine ebene Fläche aus Lehmziegeln. Die meisten Dächer Bagdads waren in dieser Bauweise errichtet worden, abgesehen natürlich von den Kuppeln, die nicht nur Moscheen schmückten, sondern auch die zahllosen Paläste der Gutbetuchten. In Bagdad waren Armut und Prasserei nie weiter als ein paar Schritt voneinander entfernt. Aus dem Gewirr der Straßen stieg noch immer das Lärmen zahlloser Stimmen herauf, obgleich der

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