Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies
lagen hilflos am Boden, so schwer verletzt, dass sie aus eigener Kraft nicht mehr hochkamen.
Aelvin und Favola waren etwa fünfzehn Schritt vom Ring der Gardisten entfernt. Weitere Soldaten bildeten einen Schlauch, der vom Tor bis zu den Gefallenen reichte. Zwischen ihnen eilten Männer aus dem Palast hinaus auf den Platz, nicht alle in Rüstzeug. Heilkundige, vermutete Aelvin.
Favola schob ihn sanft beiseite, dann halfen sie sich gegenseitig auf die Beine. Noch immer schwärmten Soldaten einzeln oder in kleinen Trupps über den Platz und trieben mögliche Aufrührer mit Waffengewalt davon. Inmitten des Tumults hatte noch keiner von den beiden Novizen Notiz genommen.
» Bist du verletzt? «, fragte Aelvin.
» Nein. « Sie versuchte zitternd, ihren Schleier vor dem Gesicht zu befestigen, doch das Band war zerrissen. » Wenn sie sehen, dass wir keine Araber sind, werden sie vielleicht uns für die Anstifter halten. «
Er sah sich nach einem Ort um, an den sie sich zurückziehen konnten. Überall wimmelte es von Soldaten. Nicht weit von ihnen traten zwei Gardisten auf einen gekrümmten Mann am Boden ein. Ein anderer Uniformierter näherte sich mit einer Lanze einem Jüngling, der so schreckensstarr dastand, dass er den Knüppel in seiner Hand nicht loslassen konnte; der Soldat durchbohrte ihn mit der Lanzenspitze und nagelte ihn an das Holz eines Hauseingangs.
» Wir müssen weg von hier! «, flüsterte Favola.
Aelvin packte sie an der Hand und setzte sich in Bewegung. Doch gerade als er ein letztes Mal zurückblickte, um herauszufinden, was aus Corax geworden war, sah er zwischen den Soldaten am Tor ein bekanntes Gesicht.
» Warte! «, entfuhr es ihm aufgebracht. » Dort drüben! «
Favola wollte ihn weiterziehen, doch etwas in seinem Tonfall ließ auch sie einen Herzschlag später stehen bleiben.
» Am Tor! «, rief er. » Da ist Albertus! Bei dem Hauptmann mit dem roten Umhang. « Er streckte den Arm aus, zeigte in die Richtung, hatte den Magister aber bereits wieder aus den Augen verloren.
Dafür rief nun Favola: » Ja, ich seh ihn. Da ist er! Das ist Albertus! «
Zwei Soldaten wurden auf sie aufmerksam, noch ein gutes Stück entfernt. Mit gezogenen Schwertern setzten sie sich in Bewegung. Aelvin sah sie auf sich zukommen, ließ sich aber jetzt nicht mehr einschüchtern. Er und Favola liefen gleichzeitig los, geradewegs auf die Stelle zu, wo die Reihe der Gardisten in den schützenden Ring aus Soldaten mündete.
Albertus eilte zwischen den Männern hindurch auf das Zentrum des Platzes zu. Aelvin sah ihn alle paar Schritt hinter den Schultern der Gardisten auftauchen wie eine Erscheinung. Es war der Magister, er war jetzt ganz sicher.
» Albertus! «, brüllte er aus vollem Hals. » Albertus von Lauingen! … Hier sind wir! «
Doch statt des Magisters schauten nun zahllose Soldaten in die Richtung jener beiden, die da halb stolpernd, halb rennend auf sie zukamen. Auch die zwei Schwertträger hatten die Novizen jetzt fast erreicht und brüllten von hinten auf Arabisch auf sie ein.
» Albertus! « Wieder und wieder schrien sie gemeinsam seinen Namen, während aus allen Richtungen Kämpfer auf sie zustürmten, mit Mienen, die keinen Zweifel daran ließen, was sie mit den beiden Aufrührern zu tun gedachten.
Der Magister blieb stehen und blickte sich um. Erkennen erhellte seine Züge, dann sah er noch einmal dorthin, wo Corax und die übrigen überfallenen Soldaten liegen mussten.
» Komm schon! «, keuchte Aelvin verbissen.
Albertus redete auf den Hauptmann ein und deutete in ihre Richtung.
Die Soldaten waren heran. Aelvin wurde gepackt, Favola von ihm fortgerissen.
Plötzlich ertönte lautstark ein Ruf. Die Männer zögerten, dann lockerte sich ihr Griff. Aelvin versuchte, sich loszureißen, während Favola abwartete. Eine Faust traf Aelvin im Magen, er schrie vor Schmerz auf, hustete, spuckte und gab seine Gegenwehr auf.
Mehr Befehle, wildes Durcheinandergerede der Soldaten. Aelvin wurde losgelassen, konnte sich einen Moment lang kaum halten, schüttelte aber die Hände ab, die ihn stützen wollten – es waren dieselben, die ihn gerade erst geschlagen hatten.
Albertus eilte herbei. Der Magister schloss Favola in die Arme und redete unablässig, aber Aelvin hatte Mühe, ihn zu verstehen. Er hörte, was er sagte, aber ihm war, als stammten die Worte aus einer fremden Sprache.
Der Magister umarmte nun auch ihn, so fest, dass Aelvin erneut der Atem stockte.
Alles wird gut, dachte er. Fast
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