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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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«
    » Nein, mir tut es Leid. Ich habe zu lange mit ansehen müs sen, wie Shadhan sein Netz um Hulagu gesponnen hat. Du hattest Recht, als du fortgeritten bist, und du wirst auch heute das Richtige tun. « Sie blinzelte Tränen aus ihren Augen, ließ aber Sinaidas Hände nicht los, um sie fortzuwischen. » Hulagu ist nicht mehr er selbst, wenn Shadhan in seiner Nähe ist. Er gehorcht jedem seiner Ratschläge. « Sie betonte das letzte Wort so verächtlich, dass sogar Albertus die Brauen hob, obgleich er die Bedeutung nicht verstehen konnte. » Dieses Massaker dort draußen … und dann der Tod der Kalifenfamilie … Hulagu war nie ein gnädiger Herrscher, aber er hat früher nicht aus purer Willkür getötet. «
    » Der Kalif ist tot? «
    Doquz nickte. » Hulagu hat erst ein Festmahl zu seinen Ehren veranstaltet. Danach hat er ihn selbst, seine Mutter, seine Frauen und alle seine Kinder in Decken wickeln lassen und unter den Hufen der Pferde zertrampeln lassen, draußen in den Gärten. Shadhan hat behauptet, es bringe Unglück, königliches Blut von Menschenhand zu vergießen. «
    Sinaida schauderte. Hulagu war ein hartherziger Mann, dem Gnade fremd war; doch eine Scheußlichkeit wie diese überstieg sogar sein Siegergebaren. Dies alles trug Shadhans Handschrift. Und es konnte nur einen Grund geben, weshalb er aus der Hinrichtung ein solches Spektakel gemacht hatte: Er wollte von etwas anderem ablenken.
    » Wo ist Shadhan jetzt? «, fragte sie alarmiert.
    » Fort. Seit dem Festmahl hat ihn niemand mehr gesehen. Es heißt, dass er einigen Turgauden befohlen hat, ihn zu einem Schiff im Hafen zu eskortieren. «
    Sinaida schloss die Augen und atmete tief durch. Shadhan war in größerer Eile, als sie erwartet hatte. » Weiß Hulagu davon? «
    » Hulagu? « Doquz ’ Hände zitterten. » Er ist trunken von Wein und Blutrausch. Er feiert sich als neuen Herrscher des Orients. Er wird alles daransetzen, seine Macht hier in Bagda d s o schnell wie möglich zu festigen, denn sie wird ihn dem Großkhan in Karakorum ebenbürtig machen. «
    » Er wäre ein Narr, ließe er es auf ein Kräftemessen mit seinem Bruder ankommen. «
    » Zumindest das werde ich zu verhindern wissen. « Doquz klang jetzt willensstärker als jemals zuvor. » Er hat genug Schuld auf sich geladen … genau wie ich, weil ich ihn nicht aufgehalten habe. Oh, Sinaida, hätte ich nur auf dich gehört! Ich habe Shadhans Einfluss nicht ernst genug genommen. «
    Sinaida beugte sich vor und küsste ihre Schwester auf die Lippen. » Kannst du uns ein Schiff besorgen? Und Gold für eine gute Mannschaft? «
    » Es sind nur wenige Schiffe heil geblieben. Im Hafen wüten immer noch Brände. « Doquz nahm sich den Kopfschmuck vom Haupt und sah ihn an, als wüsste sie nicht, wie er dort hingelangt war. » Aber, ja … Wir werden ein Schiff für euch finden. Und eine verlässliche Mannschaft. « Sie blickte auf die übrigen Gefangenen und runzelte die Stirn. » Können sie dir helfen, Shadhan zu töten? Oder werden sie dir eine Last sein? «
    » Lass das meine Sorge sein. Ich werde Shadhan finden und zur Rechenschaft ziehen … für Khur Shah, für das alles hier. «
    » Ich wünschte, ich wäre auch nur ein wenig wie du «, sagte Doquz leise. » Ich wünschte, ich besäße deinen Mut und deine Entschlossenheit. «
    » Du wirst mehr Mut und Entschlossenheit brauchen, als ich je aufbringen könnte, um Hulagus Herrschaft in weisere Bahnen zu lenken. Wenn ich Shadhan töte, gehört Hulagu wieder dir allein. «
    » Dann sei Gott mit uns beiden, Sinaida. «
    » Er wird mit uns sein. Ich werde ihn um Beistand bitten, wenn ich ihm in seinem Garten gegenübertrete. «
    Doquz küsste sie, und so besiegelten sie ihren Pakt und nahmen Abschied.
    BIS ANS ENDE DER WELT
    M anchmal drang aus den Wüstenbergen am Ufer das Echo der Hirtenrufe bis hinaus auf die offene See. Es waren wundersame, unverhoffte Laute, und sie waren das einzige Anzeichen dafür, dass überhaupt Menschen an diesen Küsten lebten.
    Wo Wasser in Sand überging, endete die eine Leere und begann eine andere. Die Ödnis des Meeres schien sich an Land ohne Unterbrechung fortzusetzen, nur dass die Wogen dort erstarrten, sich manchmal zu Gebirgszügen emporreckten, anderswo aber noch flacher waren als die aufgewühlte Arabische See, ein Ozean aus weißgelben Dünen und Strudeln aus kochender Luft.
    Vier Tage hatten sie auf dem Fluss von Bagdad bis zur Hafenstadt Basra gebraucht, anfangs begleitet von Schriftrollen und

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