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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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uns! « Die Stimme des Magisters war jetzt ein knappes Bellen. » Los, weiter! «
    » Haben sie Odo getroffen? «, fragte Aelvin in Panik und zwängte sich halb herum. » Ist Odo getroffen worden? «
    Die Antwort war ein dritter Schrei seines Freundes.
    » O mein Gott «, stöhnte Aelvin. » Wir müssen ihm helfen! «
    » Wir können ihm nicht helfen «, gab der Magister zurück.
    » Was soll das heißen, wir können nicht – «
    » Das, was ich sage! « Albertus stieß ihn mit der flachen Hand vorwärts. » Beeil dich, um Himmels willen. «
    Aelvins Bewegung war schneller als seine Gedanken. Er ließ seine Hand vorschießen und packte den Arm des Magisters.
    » Ohne Odo gehen wir nirgend wohin! « War wirklich er das, der da sprach? Ja, zum Teufel, und es war ihm damit so ernst wie nie mit etwas anderem zuvor.
    Albertus riss sich los, aber die scharfe Zurechtweisung, die Aelvin erwartet hatte, kam nicht. » Ich kümmere mich um ihn. Folge du Favola. «
    » Ich bin hier «, drang die bebende Stimme des Mädchens aus der Dunkelheit. » Was ist mit Odo? «
    » Gott verdammt, nun kriecht schon weiter! «, fluchte Albertus. » Ich versuche, dem Jungen zu helfen! «
    Hilflos und voller Wut schlug Aelvin mit der Faust gegen die Wand. Es knirschte, plötzlich rieselte Staub. Neben ihm brach ein katzengroßes Stück Stein aus der Mauer und verschwand im Abgrund. Licht flutete herein, gefolgt von wirbelndem Schnee und Kälte. Der Winter schien wie eine eisige Hand in das Aquädukt zu greifen und Aelvin zu packen.
    » Himmel! «, brüllte Albertus, als der Sturm in sein Gewan d f uhr und die Fellflicken aufwirbelten wie aufgeschreckte Hundewelpen. » Du verdammter Narr! «
    Sekundenlang war Aelvin nur damit beschäftigt, in allergrößter Eile vorwärts zu rutschen, fort von dem Loch und der tödlichen Tiefe. Dann, dicht bei Favola auf der anderen Seite der Öffnung, zwängte er sich abermals herum und blickte zurück.
    Odo war gleich hinter Albertus. Der breitschultrige Junge versperrte den gesamten Tunnel, hockte halb auf den Knien, aber mit aufgerichtetem Oberkörper, vollkommen starr, die Ellbogen rechts und links an den Wänden verkeilt, den Kopf oben an der Decke.
    » Aelvin! « Das Brüllen des Sturmes übertönte fast seine krächzende Stimme. » Geht … weiter … «
    Eine abrupte Erschütterung raste durch Odos Körper. Der vierte Treffer. Diesmal bohrte sich der Pfeilschaft von hinten durch seinen Leib. Wie ein eiserner Schlangenschädel brach die Spitze vorn durch seine Brust und funkelte den anderen höhnisch entgegen.
    Odos Mund klappte auf, sein Blick brach.
    Aber noch immer stürzte er nicht nach vorn, als wollte er selbst im Sterben seine Gefährten vor dem Pfeilhagel der Verfolger schützen.
    » Odo! « Aelvin heulte auf, ein durchdringendes Wehklagen, das im Jaulen des Sturms unterging. Auch Favola schluckte, aber sie war geistesgegenwärtig genug, ihn an der Kutte zu packen und mit sich zu zerren. Er folgte ihr willenlos, wie betäubt, gefangen in der Gewissheit, dass dies alles nur ein Albtraum sein konnte.
    Odo war nicht tot. Konnte nicht tot sein.
    Albertus rückte hinter ihm auf, vorbei an dem Loch in der Wand und der unsichtbaren Pranke des Sturms, die an den Mauern rüttelte.
    » Weiter! «, befahl er atemlos. » Weiter, weiter! «
    Die ganze Welt schwankte. Alles um Aelvin erzitterte un d b ebte und schüttelte sich. Odo war tot. War gestorben, ohne überhaupt zu ahnen, wofür. Er hatte nichts von der Lumina gewusst und nur wenig von Favolas Flucht. Hatte er sich freiwillig geopfert? Gewiss nicht. Aber er hatte das Ende kommen sehen.
    Die Erinnerung verschmolz mit Albertus ’ Rufen in seinem Rücken. Und Aelvin erkannte, dass nicht allein ihre Verfolger der Grund für die halsbrecherische Eile des Magisters waren.
    Ein ohrenbetäubendes Knirschen und Bersten ertönte. Das Aquädukt erzitterte in seinen Grundfesten.
    » Es bricht! « Albertus ’ Stimme überschlug sich. » Es bricht auseinander! «
    In Aelvins Gedanken breitete sich eine sonderbare Ruhe aus, ein Gefühl von Wärme, die sein Denken einlullte. Favola rief etwas und kroch noch schneller, falls das überhaupt möglich war. Er konnte ihren Umriss jetzt deutlicher sehen, so als wäre da – Licht!
    Tageslicht umrahmte Favolas Körper. Der Ausgang!
    Etwas schleuderte ihn nach links, dann nach rechts. Seine Schulter krachte gegen die Wand und brach ein Geviert aus tönernen Ziegeln heraus. Er sah sie im Abgrund verschwinden, während

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