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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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bei mir in der Nähe.“
    „Ja, das ist bei dir in der Nähe, aber jetzt muss ich endlich arbeiten.“
    Maarten ging die Mappe durch. Sie enthielt die jährlich wiederkehrenden Rubriken mit immer ungefähr denselben Zahlen. Die Zahlen sagten ihm nichts. Er betrachtete sie eine Weile, stand auf und verließ den Raum, mit dem letzten Blatt aus der Mappe in der Hand. Fräulein Haan saß an ihrem Schreibtisch, van Ieperen stand hinter dem Zeichentisch, Ansing saß ungefähr in der Mitte des Raums an seinem Tisch. Maarten blieb bei ihm stehen. „Hast du Lust, gleich mit zu Nijhuis zu gehen?“
    Ansing richtete sich auf. „Ja, klar.“
    Fräulein Haan sah hoch. „Ist Nijhuis krank?“
    „Ja“, sagte Maarten widerwillig. Er fand es schwierig, das Wort direkt an sie zu richten. Offenbar ging es ihr genauso, denn in ihrem Gesicht zuckte es.
    „Was fehlt ihm?“
    „Er hat es am Herzen.“
    „Sie gehen doch für uns alle?“
    „Natürlich.“ Er wendete sich Ansing zu. „Am späten Nachmittag?“
    „Wenn ich die Erlaubnis dazu bekomme.“ Er sah Fräulein Haan an.
    „Für so etwas bekommen Sie die Erlaubnis“, sagte sie knapp. „Was bringt ihr ihm mit?“
    „Ich hatte an einen Früchtekorb gedacht“, antwortete Maarten widerwillig. Sie nickte und machte sich wieder an die Arbeit.
    Van Ieperen hatte aufmerksam zugehört und zwinkerte ihm zu.
    Maarten ging weiter zum Zimmer von de Gruiter. Er las und zupfte dabei sanft an seinem Ohrläppchen. Als Maarten eintrat, blickte er träge auf. „Ich lese hier gerade, dass man in Flandern gegen Schuppen einen Maulwurf zu Tode quetscht“, sagte er mit Schaudern. „Das ist doch grauenhaft.“ Sein Gesicht drückte tiefen Abscheu aus.
    „Ja, das macht man da“, sagte Maarten.
    „Aber das ist doch nicht normal! Solche Dinge passieren bei uns doch wohl hoffentlich nicht mehr? Das machen sie da in Flandern doch bestimmt, weil sie noch katholisch sind.“
    „Ich glaube nicht, dass es damit etwas zu tun hat. Es ist primitiv.“
    „Aber so etwas erwartet man doch nicht von zivilisierten Menschen!“
    „Kennen Sie die
Oubliette
von Vestdijk?“
    „Wo man die Armen in den Keller steckt?“
    Maarten nickte. „Das ist derselbe Gedankengang.“
    De Gruiter erschauderte. „Und die jungen Mädchen, die sie erst befruchten, und später schießen sie auf sie.“ Er schüttelte den Kopf. „Abscheulich! Ich habe davon die ganze Nacht nicht schlafen können.“
    Maarten sah ihn erstaunt an. Er erinnerte sich nicht an die jungen Mädchen, die befruchtet wurden.
    „Pfui! Was ist das alles für ein Elend! Wie kommen sie bloß darauf?“
    „Aber ich bin eigentlich wegen einer anderen Sache hier“, sagte Maarten. Er legte de Gruiter das Papier mit dem Haushalt des vorangegangenen Jahres hin. „Können Sie mal nachsehen, wie viel wir im letzten Jahr für die Bibliothek ausgegeben haben?“
    De Gruiter betrachtete das Blatt. Es dauerte eine Weile, bis die Frage zu ihm durchdrang. „Nein, das müssten Sie Nijhuis fragen.“
    „Nijhuis ist krank.“
    „Nijhuis ist krank?“ Ihm ging ein Licht auf. „Ja, ich habe nämlich schon ein paarmal gedacht … Nein, das weiß ich wirklich nicht. Da müsste ich alles zusammenzählen, und dafür habe ich keine Zeit. Sie können aber das Buch bekommen.“ Er zog eine Schublade auf und händigte Maarten ein Heft im Folioformat aus.
    Maarten schlug es auf. Es enthielt die Titel der angeschafften Bücher, davor das Eingangsdatum und dahinter den Betrag, den sie gekostet hatten. „Gut“, er schlug es wieder zu, „vielen Dank“.
    Zurück in seinem Zimmer setzte er sich an den Schreibtisch. Er schlug das Heft auf, betrachtete die Zahlenreihen, blätterte zurück zum Anfang des Jahres und zählte die Seiten. Nachdenklich hob er den Kopf und sah in den Garten. Beim Hauptbüro war der Gärtner damit beschäftigt, die Blumenbeete mit Stroh abzudecken. Mechanisch zog er eine Schreibtischschublade auf, holte ein Blatt Schmierpapier heraus und legte es neben das Heft. Anschließend begann er zu zählen, zuerst genau, doch schon bald nur noch in Dezimalschritten. Unten auf der sechsten Seite stoppte er kurz. „Noch etwas“, sagte er und blickte über die Schulter. „Wer kümmert sich jetzt um die Verschickung der Fragebogen? Denn Slofstra kann das nicht allein.“
    „Ich werde Meierink damit beauftragen“, antwortete Beerta.
    „Dann wird es niemals pünktlich fertig.“
    „Dann muss de Gruiter ihm eben helfen.“
    „Wenn er es denn macht“,

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