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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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Meierink, und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Die Sitzfläche des Stuhls, der speziell für ihn gemacht worden war, ächzte. Er streckte seine Arme vor sich über den Schreibtisch aus, richtete sich wieder auf und reichte Maarten die Hand. „Jan ter Haar.“ Er hatte ein abgeklärtes, verletzliches Gesicht, aber auch etwas Unzufriedenes, das dazu im Widerspruch stand.
    Maarten blieb zögernd stehen. „Machst du momentan die Fragebogen?“ Als er studentische Hilfskraft war, hatte ein anderer auf dem Platz von ter Haar gesessen.
    „Ich mache die Korrespondenz. Das ist das Einzige, was ich mit meinem Körper noch kann. Zumindest, wenn ich nicht krank bin.“
    Es klang bitter. Er schien sich dessen selbst bewusst zu sein, denn er verzog den Mund. „Aber mach dir nichts draus.“
    Maarten schwieg. Er wusste nicht so recht, was er mit diesem Mann anfangen sollte. Zu seiner Erleichterung betrat Meierink in dem Moment den Raum. „Wir sehen uns noch“, sagte er und machte sich davon, mit sich selbst unzufrieden.
    „Was hat ter Haar eigentlich gehabt?“, fragte er, nachdem er Beerta begrüßt hatte.
    „Ter Haar hatte Kinderlähmung“, antwortete Beerta, ohne von seiner Arbeit aufzusehen.
    „Das scheint mir kein einfaches Leben zu sein.“
    „Jeder Mensch muss das Kreuz tragen, das Gott ihm gegeben hat“, sagte Beerta fromm. „Übrigens, hilf mir mal, dran zu denken, dass ichdich Herrn
van
der Haar vorstelle. Er hat sich sehr interessiert an dir gezeigt.“
     
    Van der Haar war Schriftführer des Hauptbürovorstands und damit praktisch Maartens oberster Arbeitgeber. Er saß in einem großzügig geschnittenen, gut möblierten Raum, mit einem großen Schreibtisch, einem Teppich, einem Konferenztisch und einer Sitzgruppe. Gemeinsam gingen sie über den Kiesweg, der durch den Garten führte, dorthin, nachdem Beerta erst telefonisch angefragt hatte, ob der Besuch gelegen käme. Maartens erster Eindruck, als sie das Zimmer betraten und van der Haar sich hinter seinem Schreibtisch erhob, war, dass dieser Mann zu klein für diesen Raum war. Es war ein kleiner, magerer Mann in einem Anzug mit Weste und einer tadellos gebundenen Krawatte.
    „Darf ich dir Herrn Koning vorstellen?“, fragte Beerta steif.
    „Koning“, sagte Maarten, als er ihm die Hand gab.
    „Setzen Sie sich“, sagte der Mann. Er ging zu Recht davon aus, dass sein Name bereits bekannt war.
    Sie nahmen in der Sitzgruppe Platz, in Sesseln, in die sie tief einsanken, anders als die Sessel von Beerta, die hart und prall waren.
    „Sie haben Niederländisch studiert?“, fragte der Mann.
    „Ja“, sagte Maarten. „Aber das ist schon eine Weile her“, fügte er hinzu, um diese Leistung ein wenig abzuschwächen.
    Der Mann ignorierte das. „Ich habe viel Gutes über Sie gehört.“
    Maarten wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte. Er fand das Gesicht des Mannes reichlich beschränkt und fühlte sich nicht wohl in seiner Haut.
    „Ich meine, dass Sie seinerzeit ein ‚Cum laude‘ erhalten haben.“
    „Aber das bedeutet noch nicht, dass ich dieser Arbeit auch gewachsen bin.“ Er lachte verlegen.
    „Herr Koning ist der einzige Student, dem ich jemals für eine Zwischenprüfung ein ‚Sehr gut mit Auszeichnung‘ geben musste“, sagte Beerta. „Er wusste alles.“
    Maarten wollte bemerken, dass die Zwischenprüfung auch dementsprechend gewesen war, konnte sich aber gerade noch zurückhalten.
    „Jedenfalls gibt uns das die Gewissheit, dass Sie Ihrer Arbeit gewachsen sein werden“, sagte der Mann. „Und nicht nur das. In sieben Jahren geht Herr Beerta in Rente, und das bietet Ihnen sehr gute Aussichten.“
    Maarten erschrak. „So habe ich die Sache noch gar nicht betrachtet.“ Er mochte nicht einmal daran denken.
    Van der Haar fand das nur lobenswert von ihm, und damit war das Kennenlerngespräch beendet.
    „Was hat van der Haar eigentlich studiert?“, fragte er, als sie durch den Garten zurückgingen.
    „Van der Haar hat eigentlich Kriminalbeamter werden wollen“, antwortete Beerta vertraulich, „ist aber wegen seiner Augen nicht genommen worden. Ich erzähle dir das natürlich streng sub rosa. Er macht gerade ein Jurastudium.“
    *
    Der Einzige, mit dem Maarten nach dem Besuch bei van der Haar noch keine Bekanntschaft gemacht hatte, war Jaap Balk. Balk hatte gleichzeitig mit Maarten eine neu geschaffene Stelle für die Untersuchung niederländischer Volksnamen angetreten. Davor war er studentische Hilfskraft gewesen. Er hatte

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