Das Büro
Balk. Keiner von beiden grüßte. Maarten entnahm dem, dass es nicht üblich war. Er wartete, bis Nijhuis auf seinem Platz saß und ihn ansah.
„Beerta sagt, dass du einen Schreibtisch für mich hast.“
„Was für einen Schreibtisch?“, fragte Nijhuis unbehaglich.
„Um daran zu arbeiten.“
Nijhuis nickte. „Ich ruf dich an, wenn ich einen gefunden habe.“
Eine Stunde später rief er aus dem Hauptbüro an, dass Maarten kommen könne, um sich einen anzuschauen. Es war ein solider Schreibtisch aus Eichenholz mit fünf Schubladen an jeder Seite und einer in der Mitte. In den Schubladen, die sich geschmeidig öffnen und schließen ließen, waren Schlitze für versetzbare Fächer angebracht. Verglichen mit Maartens eigenem Schreibtisch, einem Jungenschreibtisch aus Fichtenholz, den er im Krieg, als er in die dritte Klasse des Gymnasiums ging, von seinen Eltern bekommen hatte, war dies der Gipfel an Luxus und Professionalität. „Mensch, das ist ja toll“, sagte er begeistert, und als er Nijhuis ansah, meinte er in dem verschlossenen, harten Gesicht ein Lächeln des Triumphes zu erblicken. Doch im nächsten Augenblick war er sich dessen schon nicht mehr sicher.
Sie trugen ihn schweigend durch den Garten zum Büro und hintenherum durch den mittleren Raum. Van Ieperen ging in Hab-Acht-Stellung, die Wangen gebläht, und salutierte, als sie ihn in Beertas Zimmer hineinbugsierten, und brach in ein nervöses Prusten aus. Beerta war aufgestanden und folgte besorgt ihren Verrichtungen. „Passt auf das Schränkchen auf!“, warnte er aufgeregt. Er machte eine ungeschickte Bewegung, um das Schränkchen, das zwischen den Fenstern an der Wand stand, wegzuziehen, gab es jedoch sofort wieder auf. Es war niedrig, mit einer Glastür, hinter der auf zwei Regalen Stapel von Broschüren und Sonderdrucken lagen. Sie stellten den Schreibtisch ab. „Ihr könnt dieses Schränkchen neben meinenSchreibtisch stellen“, sagte Beerta mit einer Handbewegung, „aber seid vorsichtig, es ist schwer.“ Es war schwer wie Blei. Sie mussten es schieben. Danach stellten sie Maartens Schreibtisch dorthin, wo das Schränkchen gestanden hatte, zwischen die Fenster.
„Perfekt“, sagte Maarten zufrieden.
„Brauchst du auch noch eine Schreibmaschine?“, fragte Nijhuis.
Fünf Minuten später war auch eine Schreibmaschine da.
„Der Nijhuis scheint mir sehr gut zu sein“, sagte Maarten, sobald Nijhuis den Raum verlassen hatte.
„Ich bin mit ihm nicht zufrieden“, sagte Beerta zurückhaltend. „In letzter Zeit reißt er sich nicht gerade ein Bein aus.“
„Was hat er früher gemacht?“
„Nijhuis hat in Indonesien gekämpft, als Freiwilliger. Das ist der Grund, weshalb ich ihn hier seinerzeit eingestellt habe. So jemanden konnten wir gut gebrauchen.“
Maarten trug den Karteikasten hinüber auf seinen Schreibtisch. Er legte die noch unbenutzten Karteikarten in die oberste Schublade links und sein Brot in die unterste, ordnete die Bücher, mit denen er gerade arbeitete, und machte sich auf die Suche nach Buchstützen und einer Schreibunterlage. Als er zurückkam, war Beerta gerade im Aufbruch begriffen. Er stand mit der Tasche in der einen und einem Brief in der anderen Hand in dem freien Raum zwischen seinem Schreibtisch und dem von Maarten, als hätte er auf ihn gewartet. „Jetzt, wo du selbst eine Schreibmaschine hast, solltest du diesen Brief einmal beantworten“, sagte er.
„Kommen Sie noch zurück?“
„Ich komme noch zurück, aber ich weiß noch nicht, wie spät es wird.“ Er sagte nicht, wohin er ging.
Maarten nahm den Brief. Er musste ihn zweimal lesen, bevor er begriff, was dort stand, obwohl es doch ein einfacher Brief war.
Sehr geehrter Herr Professor Beerta
, hub er an.
Gerne möchte ich Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf das Folgende lenken. In meiner Jugend wurde in Utrecht, wo meine Eltern von meinem fünften bis zum sechzehnten Lebensjahr lebten, Kindern mit roten Haaren ein Reimhinterhergerufen, an den ich mich folgendermaßen erinnere: „Leuchtturm ohne Licht, Schieleblick und Arschgesicht“. Ich weiß nicht, ob dies immer noch geschieht. Doch unlängst kam mir ein anderer Reim zu Ohren: „Rotes Haar und Erlenholz, sehr viel Kummer, wenig Stolz“. Dies ist der Anlass meines Briefs. Es wunderte mich nämlich, dass in diesen Reimen Menschen mit roten Haaren Zielscheibe des Spotts sind. Denn es steht wohl fest, dass die Bataver, die seinerzeit unser Land bewohnten, rothaarig waren. Man würde also
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