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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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hineinpassen.“
    „Aber ist der Brief in Ordnung?“
    „Der Brief ist in Ordnung.“ Er gab ihn zurück. „Hast du dir das
Wörterbuch der Niederländischen Sprache
schon angesehen?“
    „Nein, daran habe ich nicht gedacht.“
    „Das
WNS
ist unsere wichtigste Quelle. Das müsstest du als Niederlandist doch wissen.“
    „Ich werde es noch tun.“
    Überraschenderweise glaubte das
WNS
an die Bataver, mit einem Zitat aus Berkhey:
Vor allem waren unsere Bataver wegen ihres roten oder rötlichen Haares bekannt
. Der Redakteur fügte dem hinzu:
Gegen rotes Haar hat man immer Vorurteile gehabt
, was er im Folgenden noch einmal mit einem Zitat aus
De Cock
erläuterte:
Bereits in der römischen Antike wurde rotes Haar verabscheut, obwohl sich damals die vornehmen Damen gern mit den rötlichen Haarflechten germanischer Frauen schmückten
. Als er außerdem im fünften Band, unter
Haar
, auch noch das Erlenholz fand, begann er zu vermuten, dass dieser Herr Lebbing seine Weisheiten hier herhatte, obwohl er sich wiederum auch nicht vorstellen konnte, dass er Niederlandist war. Nachdenklich schob er den Band zurück und sah das Regal durch, zog einen Band des
Mittelniederländischen Wörterbuchs
heraus, suchte das Stichwort
rot
und fand dort, wider Erwarten, doch zu seiner größten Genugtuung, das Zitat, das er brauchte, um diesen Herrn Lebbing für immer zum Schweigen zu bringen. Zufrieden ging er in sein Zimmer zurück, das Buch unter dem Arm. „Haben Sie vielleicht etwas Papier für mich?“, fragte er.
    Beerta hörte auf zu tippen. „Briefpapier?“, fragte er, aufblickend.
    „Und auch Durchschlag- und Kohlepapier.“
    Beerta griff in das Fach, wo Maarten es eben selbst gefunden hatte, und reichte es ihm. „Du kannst es in Zukunft auch selbst aus dem Materialmagazin holen.“
    Sehr geehrter Herr
, tippte Maarten.
Herr Beerta bat mich, Ihren Brief zu beantworten. Obwohl Ihre Annahme, dass zwischen der Verspottung von Rothaarigen und den Batavern eine Verbindung hergestellt werden sollte, nicht neu ist (ich gehe davon aus, dass Sie das Wörterbuch der Niederländischen Sprache zu Rate gezogen haben), scheint mir die Erklärung von Verwijs und Verdam (E. Verwijs u. J. Verdam, Mittelniederländisches Wörterbuch. 6. Band. ’s-Gravenhage 1907, Spalte 1616) zuverlässiger. Sie schreiben: Der Ursprung des Volksglaubens liegt einigen zufolge in der Farbe des Fuchses („a similitudine vulpium“, Aristot. in physiognom, Kil), doch er wird eher in der häufig vorkommenden Haarfarbe bei den Juden zu finden sein. Dass dieser Glaube noch nicht ausgestorben ist, beweisen allerlei noch heute beim Volk im Umlauf befindliche sprichwörtliche Redewendungen. Die Autoren zitieren eine Reihe mittelalterlicher Beispiele, denen ich noch ein Beispiel aus jüngerer Zeit hinzufügen kann: Rotes Haar ist Judashaar; das sich nicht lockt, ist Düwelshaar.“(G. J. BOEKENOOGEN, De Zaansche volkstaal. Bijdrage tot de kennis van den woordenschat in Noord-Holland. Leiden 1897, S. 278). Im Übrigen frage ich mich …
, denn obwohl die Herleitung zu einer einfachen Form von Antisemitismus genügt hätte, um Herrn Lebbing in seine Schranken zu weisen, konnte er sich nur schwer von seinem Gras trennen. Der Brief ähnelte, was die Form betraf, bereits etwas mehr einem Block als der erste, und er hatte auch zwei Durchschläge.
    *
    „Und ich will natürlich auch wissen, ob ich es kann“, sagte Maarten.
    „Betrügst du dich damit nicht selbst?“, fragte Klaas.
    Sie saßen zu dritt unter dem Vordach des Noord-Zuidhollands Koffiehuis, Klaas mit einem Glas Tonic, Nicolien und Maarten mit einem Glas Bier. Maarten hatte sich mit ihnen nach der Arbeitgetroffen, um chinesisch essen zu gehen. Klaas’ Bemerkung vermittelte ihm, wie immer, das Gefühl, falsch zu spielen. „Nein“, sagte er mit einem schuldbewussten Lachen, „warum sollte ich mich damit betrügen?“
    „Warum solltest du es nicht können?“
    „So lässt sich natürlich alles verteidigen“, pflichtete Nicolien ihm bei. „Dann kannst du doch auch Professor werden, auch um zu wissen, ob du das kannst.“
    Ihre Einmischung irritierte ihn. „Das ist natürlich Unsinn.“
    „Warum ist das Unsinn?“
    Darauf hatte er so schnell keine Antwort.
    „Das ist überhaupt kein Unsinn“, sagte sie. „Wenn du in die Wissenschaft gehst, kannst du auch genauso gut Professor werden. Obwohl du immer gesagt hast, dass Wissenschaft Betrug ist.“
    Das stimmte. Er hatte das gesagt, und er sagte es

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