Das Büro
noch. Er fühlte sich durch ihre Worte in die Enge getrieben und regte sich darüber auf. „Das Wichtigste ist natürlich, dass ich Geld verdienen muss.“
„Das hättest du dir von mir leihen können“, sagte Klaas ruhig.
Das Angebot überraschte ihn. „Das ist sehr nett“, sagte er zögernd. Er suchte nach einem Standpunkt. „Aber das ist natürlich keine Lösung. Ich kann doch nicht mein ganzes Leben lang Geld von dir leihen.“
„Aber warum wirst du dann nicht Postbote?“, fragte Nicolien. „Das fandest du immer so einen netten Beruf.“
„Das ist ein ehrbarer Beruf“, gab er zu. Er erinnerte sich an den Verschlag von de Bruin. „Hausmeister übrigens auch.“
„Das hast du über den Lehrerberuf auch gesagt“, bemerkte Klaas.
„Aber jetzt, wo ich es selbst gewesen bin, denke ich es nicht mehr“, sagte Maarten. „Zumindest wenn man nicht mehr daran glaubt“, fügte er rasch hinzu.
„Glaubst du denn jetzt an die Wissenschaft?“ Es war deutlich, dass Maartens Bemerkung ihn ärgerte. Er saß dort und blickte ungehalten, tief in seinen Stuhl zurückgesunken.
„Ich glaube an nichts“, antwortete Maarten mürrisch. „Einen Schnaps trinken und mit Freunden reden, das ist das Einzige.“
Sie reagierten nicht darauf. Er versuchte nachzudenken, doch weil er es selbst auch nicht verstand, blieb ein Durcheinander in seinem Kopf. „Wenn Beerta mir die Stelle nicht angeboten hätte, hätte ich mich nicht darum beworben. Ich habe sie angenommen, weil wir kein Geld mehr hatten und weil ich denke, dass Beerta auch an nichts glaubt. Er hat sich ein perfektes Alibi aufgebaut, um in dessen Schatten ein eigenes Leben zu führen. Das scheint mir in diesem Augenblick die einzige Lösung. Zumindest, wenn man nicht die Hand aufhalten will.“
„Ich glaube, dass du Beerta überschätzt“, sagte Klaas. „Jedenfalls wäre ich vorsichtig damit, allzu viel Vertrauen in ihn zu setzen.“
„Er hat noch nach dir gefragt“, erinnerte sich Maarten. „Er klagte darüber, dass er nichts mehr von dir hört.“
Klaas wurde rot. „Ich höre auch nichts mehr von ihm.“
Die Bemerkung überraschte Maarten, weil sie ihm niemals in den Sinn gekommen wäre, aber er beschäftigte sich nicht weiter damit. „Sollen wir essen gehen?“, schlug er vor.
*
„Du weißt, Essen wegzuwerfen ist für mich die schlimmste Sünde“, sagte Beerta ins Telefon. Er lauschte der Antwort und begann dann, in kurzen Stößen zu lachen, so als ob er gekitzelt würde. „Nein, Karel! Das kommt nicht vom Krieg! Das hat meine Mutter schon gesagt, als ich noch ein Junge war.“ Er wartete erneut auf die Antwort. „Ja, das weiß ich, aber es ist mir egal. Ich esse immer dasselbe, schon mein ganzes Leben lang esse ich immer dasselbe. Und mittags auch. Mittags esse ich immer Schokoladenstreusel.“
Maarten nahm seine Milchflasche und verließ das Zimmer. Als er auf dem Weg zur Eingangstür durch den ersten Raum kam, besann er sich und änderte die Richtung. Hinter dem Bücherregal, am Schreibtisch neben den Registraturschränken mit dem Ausschnittarchiv, war Veerman gerade damit beschäftigt, auf einer Zeitung einen Apfel zu schälen. Währenddessen blickte er in ein Buch, das er schräg gegen einen Stapel Mappen gestellt hatte. Der Schreibtisch von Wiegel war leer. Maarten blieb stehen. „Tag, Herr Veerman.“
Veerman blickte von seinem Buch auf. Er kniff die Augen zusammen, die nahezu keine Wimpern hatten, so dass sie in seinem dicken, violetten Gesicht fast verschwanden. Seine Haut war schuppig, und er hatte dünnes, nach hinten gekämmtes, pomadiges graues Haar. „Ach, Herr Koning“, sagte er. „Gut, dass ich Sie sehe. Ich habe hier was, das Sie vielleicht interessiert.“ Er schob das Buch zur Seite und suchte in einer der Mappen, die randvoll mit Ausschnitten jedweden Formats war. Alles lag kreuz und quer durcheinander. „Als ich es las, dachte ich, das wird Herrn Koning vielleicht interessieren. Weil Sie sich doch mit solchen Sachen beschäftigen.“
Maarten setzte sich auf Wiegels Stuhl, stellte die Flasche auf dessen Schreibtisch und wartete.
„Ein sehr interessanter Ausschnitt“, sagte Veerman, während er suchte. „Es ging um …“ Er stockte. „Hier habe ich es, glaube ich.“ Er hielt den Artikel dicht vor seine Augen. „Ja, sehr interessant.“ Er reichte ihn Maarten und wartete gespannt auf seine Reaktion. Es war ein Bericht über einen Mann, der auf der Heide bei seinem Haus mitten in der Nacht eine
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