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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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Eisenbahnbrücke hindurch auf das weite IJ hinaus. Auf den Wellen trieben lange Schlieren grüner Algen. Auf der gegenüberliegenden Seite drehte das Schiff vor der Anlegestelle, sie stiegen ans Ufer und warteten bei der Haltestelle auf den Bus. Im Bus setzte sich Frans auf einen Platz ihnen gegenüber. Hinter ihm saßen nebeneinander eine auffallend große, dicke Frau und ein kleiner Mann mit einem etwas zu großen Sonntagshut. Maarten sah zu ihnen hin und fragte sich, ob sie zusammengehörten. Erst als sie in Watergang gemeinsam ausstiegen und die Frau auf den Mann wartete, wurde es klar. „Die Frau gehörte zu dem Mann“, stellte er zufrieden fest.
    „Welche Frau?“, fragte Nicolien.
    Frans sah sich um.
    „Die da!“ Der Bus fuhr wieder an, und sie fuhren an ihnen vorbei. „Was wird der Mann für eine Mutterbindung haben“, sagte er, sich umsehend. „Etwas für Karel Ravelli.“ Er sah Frans an. „Wir waren bei Karel Ravelli zu Besuch.“
    „Der Freund von Beerta“, begriff Frans.
    Maarten nickte.
    „Wie war es?“
    „Schrecklich“, sagte Nicolien.
    „Karel zufolge müssen wir dem Verbrecher die Einsicht vermitteln, dass er Schuld hat“, sagte Maarten.
    „Oh“, sagte Frans, „das ist nicht so schön“.
    „Nein.“
    „Als ob man an seinen eigenen Schuldgefühlen nicht schon genug hätte.“
    „Mehr noch: Man sollte sie überhaupt nicht haben.“
    „Nein, vielleicht nicht“, er zögerte und wurde rot, „aber wenn man sie nun einmal hat?“
    „Dann lässt es sich nicht ändern.“
    „Nein“, sagte Frans verwirrt. „Das ist natürlich aussichtslos.“
    Maarten reagierte nicht darauf.
    Vom Busbahnhof Purmerend aus gingen sie nach Neck und dann links zum Wormerdeich hinauf, Maarten voran, Nicolien in der Mitte.
    „Vor vierzehn Tagen haben wir junge Haubentaucher gesehen“, erzählte Nicolien hinter ihm, „einer saß auf dem Rücken der Mutter.“
    „Das hört sich toll an“, hörte Maarten Frans sagen.
    Aus dem Ringkanal flog ein Schwarm Enten hoch. Er versuchte, sie mit dem Fernglas einzufangen, doch er verlor sie hinter einem Obstgarten aus den Augen. „Was waren das für Enten?“, fragte er.
    Er drehte sich um. Sie waren stehengeblieben.
    „Vielleicht Tafelenten?“, schlug Frans vor.
    Maarten holte das Vogelbuch aus der Tasche und schlug das Register auf. „Sie waren oben dunkelbraun und unten grau. Sollten es Pfeifenten gewesen sein?“
    „Ja“, sagte Nicolien, „das denke ich auch.“
    „Aber dann würde man sie selbstverständlich doch mal pfeifen hören müssen“, sagte Frans.
    „Pfeifen sie?“, fragte Maarten und sah ihn an.
    „Ja, das dachte ich“, sagte Frans vorsichtig, „ich glaube, wenn sie nachts über einen hinwegfliegen.“
    Maarten blätterte in seinem Buch. „Ja, sie pfeifen. Hohes Geräusch, pfeifend
iwiew
.“
    „Aber vielleicht pfeifen sie nicht immer?“
    „Das kann sein.“ Er sah wieder in sein Buch. „Jedenfalls waren es keine gewöhnlichen Wildenten, die haben orange Füße.“
    „Ja, die haben orange Füße“, bestätigte Frans.
    „Sollen wir hier nicht etwas essen?“, schlug Nicolien vor.
    Maarten holte die Kunststoffjacken aus der Tasche, gab sie ihr und sah wieder in sein Buch, während Nicolien die Jacken ausbreitete. In seine Lektüre vertieft setzte er sich hin.
    „Wir haben auch Brot für dich mitgenommen“, sagte Nicolien, „aber es ist Wurst drauf. Magst du das überhaupt?“
    „Ja, doch, wenn ich bei anderen bin, darf ich Fleisch essen.“
    „Schaust du mal?“, fragte Maarten und reichte Frans das Buch. „Seite vierundvierzig und fünfundsechzig.“
    Frans wurde rot und sah sich die Fotos an. Er blätterte ein wenig.
    „Auf Seite sechsundsiebzig siehst du sie im Flug“, half Maarten. Er nahm ein Wurstbrot von Nicolien entgegen und biss hinein.
    „Hier“, sagte Nicolien und reichte Frans ebenfalls ein Brot.
    Frans gab das Buch zurück. „Ich sehe es nicht“, entschuldigte er sich verwirrt. „Ich glaube, dass es junge Enten waren.“
    „Das ist doch verdammt unbefriedigend“, fand Maarten. Er vertiefte sich wieder in das Buch, die Hand mit dem Wurstbrot in der Luft. Schließlich legte er es hin. Vor ihnen befand sich der Obstgarten. Links davon lag der Polder mit der langen, geraden Baumreihe entlang der Straße nach Zaandam. Es war ganz still, man hörte nur das Brummen eines Flugzeugs. Frans sah durch sein Fernglas. „Ich glaube, ich habe einen Raubvogel gesehen“, sagte er. „Sieh mal! Da! Ein Turmfalke!“

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