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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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ich das je gedacht haben sollte), auch wenn die Prinzipien klar sind. Schreibt man schließlich nicht
gegen
die Angst an? Dann muss man nicht
vor
ihr herschreiben, als ob einem jemand auf den Fersen wäre. Ist doch klar, dass man da außer Atem kommt. Den Fakten ruhig ins Auge blicken und dann zielen ohne zu zittern.
    Jonas hat sich aufrecht hingesetzt und streckt seinen Kopf über die Tischkante. Er putzt und kratzt sich und sieht dann mich und meinen Stift kurz an. Er sieht wieder vor sich hin, putzt sich erneut kurz, sieht sein Spiegelbild im Glas und gähnt. Daran nehme man sich ein Beispiel. Seit diese Ängste angefangen haben (vor nunmehr vier Jahren), habe ich mir bereits an Hunderten von Tieren und Menschen ein Beispiel genommen. Manchmal hilft es für eine kurze Weile, doch es hilft nicht wirklich. Irgendwo ist etwas schiefgelaufen, etwas in der Erziehung und etwas im Nervensystem, vorzugsweise eine Kombination aus beiden. Wenn icheinen Körper wie ein Stier hätte, mit Adern und Schlagadern so dick wie mein Handgelenk, dann könnte ich lachen. Und wenn mein Vater mir ein anderes Beispiel gegeben hätte, könnte ich ebenfalls lachen. Es wäre ein etwas anderes Lachen, doch das ist egal, wenn es nur Spaß macht, und Spaß habe ich zu wenig. Wie ich das Leben auch drehe und wende, ich sehe nicht viel Sinn darin. Und doch habe ich alles, was mein Herz begehrt, und außerdem noch eine tiefe Verachtung für das, was ich nicht begehre. Nur wenn ich schreibe, habe ich manchmal Spaß, einen etwas grimmigen Spaß, aber immerhin Spaß. Während ich dies aufschreibe, bin ich mir bewusst, dass sich Henriette über eine solche Bemerkung enorm ärgern würde. Man hat nicht zu schreiben, ebenso wenig, wie man eine Stelle zu haben hat. Ich kenne den Standpunkt und habe Hochachtung davor, aber in der Praxis hilft er mir nicht. Es klingelt. So sei es.
     
    Es wurde noch einmal kräftig an der Klingel gezogen, ein paarmal hintereinander. Maarten hatte seinen Stift zur Seite gelegt und sah zu Nicolien. „Gehst du?“
    „Geh du lieber.“ Sie versuchte von ihrem Stuhl aus zu sehen, wer vor der Tür stand. „Wer kann das bloß sein?“
    Vor der Tür stand jemand, laut pfeifend. Im Halbdunkel war seine Gestalt vage hinter den Gardinen zu erkennen.
    „Hendrik?“, mutmaßte Maarten.
    „Der macht doch nie so einen Krach?“
    Nahe der Tür sah er, dass es tatsächlich Hendrik war, und öffnete.
    „Ich hab Licht brenn’n gesehn, darum dachte ich: Sie wer’n wohl noch auf sein“, sagte Hendrik laut. „Kann ich reinkomm’n?“ Sein Gesicht war aufgeschwemmt, und er roch nach Alkohol. „Ich hab gedacht, du wärst krank, aber du siehst eigentlich nicht krank aus.“
    „Nein“, sagte Maarten, „ich hatte eine Kopfschmerzattacke. Morgen bin ich wieder da.“
    Hendrik war bereits zum Hinterzimmer weitergegangen. „Tag, Nicolien“, er gab ihr die Hand. „Ihr sitzt im Sommer doch sonst immer im vorderen Zimmer?“
    „Ja, aber das ist wegen des Lärms“, sagte Nicolien.
    „Lärm?“, fragte Hendrik erstaunt und hob seinen Kopf. „Ich höre nichts!“
    „Nein, aber nachts.“
    „Oh, nachts“, sagte er, als hätte er es nun verstanden. „Ja, das weiß ich natürlich nicht, denn nachts bin ich hier noch nie gewesen!“ Er stand mitten im Raum, aufrecht und breitschultrig.
    „Willst du dich nicht setzen?“, fragte Nicolien.
    „Ja, gerne. Das heißt“, er steckte seine Hand in die Innentasche und zog einen Umschlag heraus, „ich komme heute aus einem besonderen Anlass.“ Er richtete sich auf und führte seine linke Hand an das Jackett, als ob er es zuknöpfen wollte. „Ich werde nämlich heiraten und wollte euch das nicht per Post schicken!“ Mit einer steifen Verbeugung überreichte er Nicolien den Umschlag.
    „Ach, wie schön.“ Sie öffnete den Umschlag und faltete die Hochzeitsanzeige auseinander.
    Maarten sah zu.
    „Na ja, schön!“, sagte Hendrik und zog die Augenbrauen zusammen. „Ja, eigentlich kann man es wohl als schön bezeichnen, natürlich. Ja, natürlich, du hast Recht. Es ist schön!“
    „Mit Annechien Rensink“, stellte Maarten fest. Er nahm Nicolien die Karte ab und betrachtete sie.
    „Herzlichen Glückwunsch“, sagte Nicolien.
    „Vielen Dank“, sagte Hendrik steif.
    „Und willst du jetzt eine Tasse Kaffee?“
    „Sehr gern! Die kann ich jetzt gut gebrauchen!“
    „Schnaps hast du ja schon gehabt“, bemerkte Maarten bösartig.
    „Wie meinst du das?“, fragte Hendrik argwöhnisch. Er

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