Das Büro
einzustecken.
„Wärees dir recht, mich in Zukunft einfach zu duzen?“, fragte er plötzlich und schlug damit den Knoten durch.
Bart drehte sich um. „Das hättest du auch schon etwas früher vorschlagen können“, sagte er ein wenig grimmig. Er sprach die Worte sehr präzise aus.
Seine Reaktion überraschte Maarten. „Ich finde das schwierig“, entschuldigte er sich.
„Aber du sagst doch auch
du
zu mir.“
„Weil ich dachte, dass so etwas von selbst geht.“
„Wie kann denn so etwas von selbst gehen, wenn man nichts sagt?“
„Bis jetzt ist es immer von selbst gegangen“, sagte Maarten unglücklich. „Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich so etwas vorschlage.“
„Aber ich bin doch jünger. Du kannst doch nicht von mir erwarten, dass ich dich einfach so duze?“
„Ja, du hast Recht.“ Er wandte sich ab und setzte sich wieder an die Schreibmaschine, sich selbst und die Kompliziertheit der menschlichen Kontakte verfluchend. Er empfand Barts Reaktion als bedrohlich. „Ich bin dabei, einen Brief an Damsma zu schreiben“, sagte er, um die Angelegenheit abzuschließen. „Wenn ich ihn fertig habe, werde ich ihn dir zum Lesen geben.“ Er hatte das nicht geplant, doch jetzt, da sie einander duzten, erschien es ihm selbstverständlich.
*
„Liest du manchmal die Interviews von de Vries?“, fragte Beerta und legte die Zeitung hin.
„Nein“, sagte Maarten. „Ich lese Ihre Zeitung nicht.“
„Der hat hier nach dem Krieg ein paar Jahre gearbeitet.“
„Aha?“ Er verstand nicht, worauf Beerta hinauswollte.
„Der Junge kam“, er erhob sich, „mit kurzen Hosen ins Büro, die Beine ganz nackt“, er strich mit einer sanften Bewegung seiner Hand in Richtung der Beine, „völlig nackt!“
An seinem Gesichtsausdruck war zu erkennen, dass er die Erinnerung genoss. „Ich habe eine Bemerkung darüber gemacht, aber Frau Haan war schon damals anderer Meinung. Ich glaube, die fand esnett.“ Er ging hinter Maarten vorbei und öffnete die Tür zum zweiten Raum. „Erinnerst du dich noch an de Vries, Dé?“
„Du meinst, diesen hochgewachsenen jungen Mann?“, hörte Maarten Fräulein Haan sagen.
„Ja, den.“
„Der Bursche, der seine Freundin auf der Straße küsste. Du hattest etwas dagegen.“
„Ja“, sagte Beerta lächelnd, „in diesen Dingen bin ich in der Tat etwas altmodisch.“ Er schloss die Tür und ging mit kleinen Schritten zurück an den Schreibtisch, nahm die Zeitung wieder auf und setzte die Lektüre fort.
*
„Hast du
Op weg naar het einde
gelesen?“, fragte Beerta. Er stand, mit den Händen auf dem Rücken, an Maartens Schreibtisch und sah ihn an.
„Ja“, sagte Maarten.
„Meine Nichte findet es ekelerregend“, sagte Beerta schmunzelnd. Er wippte kurz auf den Zehen.
„Sie haben doch sicher gesagt, dass Reve ein Freund von Ihnen ist?“
„Natürlich. Sie findet, dass ich ziemlich komische Freunde habe.“
„Das kann ich mir vorstellen“, sagte Maarten ironisch.
Beerta schmunzelte. „Das kommt natürlich daher, weil er homo-s-sexuell ist. Aber das wage ich meiner Nichte nicht zu erzählen. Die denkt: So ein alter, unverheirateter Onkel, der weiß vielleicht nicht einmal, was das ist.“ Er kicherte.
*
Maarten stellte sein Fahrrad an die Hauswand und ging zur Eingangstür, einem breiten Tor aus dem achtzehnten Jahrhundert mit einer Unter- und einer Obertür. Neben der kupfernen Zugglocke befand sich ein kleines Namensschild aus Emaille, auf dem
J. J. Damsma
stand. Maarten zog an der Klingel und wartete. Es dauerte lange, bevor er im Haus Geräusche hörte. Es wurde eine Verriegelung hochgeschoben,die Tür vorsichtig geöffnet, und ein Mann um die fünfzig mit einem roten Gesicht und einer auffallend großen Nase blickte scheu um die Ecke. „Herr Damsma?“, fragte Maarten.
Die Tür wurde nun weiter geöffnet. „Herr Koning, nicht wahr? Ich habe Ihren Brief bekommen.“ Seine Stimme klang eigenartig, so als hätte er Probleme mit seiner Zunge. Er sah Maarten nicht an, sein Blick ging an ihm vorbei.
Sie gaben sich die Hand.
„Kommen Sie rein“, sagte Damsma.
„Ich will noch eben mein Fahrrad abschließen.“
„Sie sind mit dem Fahrrad gekommen?“, fragte Damsma überrascht. Er trat aus der Tür und sah zu, wie Maarten sich über sein Fahrrad beugte und die Sicherung des Schlosses nach unten drückte. „Doch nicht aus Amsterdam?“
„Nein, aus Heerenveen.“ Er zog seine Tasche unter den Gepäckgurten hervor.
„Ich dachte, Sie
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