Das Café am Rande der Welt: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens (German Edition)
verkaufen und viel Geld verdienen. Schon bald könnten Sie ein zweites Boot kaufen und dann ein drittes Boot, andere Fischer beschäftigen, die ebenfalls viele Fische fangen. In ein paar Jahren könnten Sie sich ein Büro in einer großen Stadt einrichten, und ich wette, dass Sie innerhalb von zehn Jahren ein internationales Fischhandelsunternehmen aufbauen könnten.‹
Der Fischer sah den Geschäftsmann freundlich an. ›Und warum sollte ich all das tun?‹
›Nun, wegen des Geldes‹, antwortete der Geschäftsmann. ›Sie würden es tun, um eine Menge Geld zu verdienen, und sich dann zur Ruhe setzen.‹
›Und was würde ich dann in meinem Ruhestand tun?‹, fragte der Fischer.
›Na ja, was immer Sie möchten, nehme ich an‹, sagte der Geschäftsmann.
›Etwa mit meiner Familie frühstücken?‹
›Ja, zum Beispiel‹, sagte der Geschäftsmann ein bisschen verärgert darüber, dass der Fischer sich nicht stärker für seine Idee begeisterte.
›Und da ich so gerne zum Fischen gehe, könnte ich, wenn ich wollte, jeden Tag ein bisschen fischen?‹, fuhr der Fischer fort.
›Ich wüsste nicht, was dagegen spräche‹, sagte der Geschäftsmann. ›Wahrscheinlich würde es dann nicht mehr so viele Fische geben, aber vermutlich wären noch genügend da.‹
›Vielleicht könnte ich dann auch meine Abende mit meiner Frau verbringen. Wir könnten am Strand spazieren gehen und den Sonnenuntergang beobachten, während unsere Kinder im Meer schwämmen?‹, fragte der Fischer.
›Sicher, alles, was Sie wollen, wobei Ihre Kinder dann wahrscheinlich schon erwachsen sein dürften‹, sagte der Geschäftsmann.
Der Fischer lächelte ihn an, gab ihm die Hand und wünschte ihm gute Erholung.«
Mike beendete die Geschichte. »Na, was halten Sie davon, John?«
»Ich glaube, ich bin ein bisschen wie der Geschäftsmann. An den meisten Tagen arbeite ich, damit ich einmal genug Geld habe, um mich zur Ruhe zu setzen.«
»Das habe ich früher auch so gemacht«, sagte Mike. »Aber dann habe ich einen wichtigen Punkt verstanden. Der Ruhestand ist eine Zeit X in der Zukunft. Ich würde dann genug Geld haben, um zu tun, was ich will. Es stünde mir frei, an allen Aktivitäten teilzunehmen, die mir Spaß machen, und ich könnte jeden Tag auf eine erfüllende Weise verbringen. Aber bis dahin? Eines Abends kam ich nach einem besonders unbefriedigenden Arbeitstag zu dem Schluss, dass es einen besseren Weg geben müsse. Mit der Zeit stellte ich fest, dass ich nicht mehr klar gesehen hatte, wie die Dinge laufen sollten. Dabei war es so einfach, dass es verrückt war, warum ich nicht eher darauf gekommen bin. Aber ich hatte es nun mal nicht mehr klar erkennen können.«
Ich setzte meine Mahlzeit fort, während Mike weitersprach.
»Ich erkannte, dass mir jeder Tag die Gelegenheit bietet, zu tun, was immer ich möchte. Jeden Tag habe ich die Möglichkeit, die Antwort auf die Frage zu verwirklichen, die Sie auf der Rückseite der Karte gesehen haben. Ich muss nicht bis zum ›Ruhestand‹ warten.«
Ich legte meine Gabel nieder und lehnte mich zurück. Ich war überrascht, wie simpel das alles klang. »Aber das ist so einfach«, sagte ich. »Wenn es so leicht ist, warum macht dann nicht jeder, was er will?«
»Tja«, sagte Mike, »ich befürchte, ich kann nicht für alle Menschen sprechen. Tun Sie denn, was Sie möchten, John?«
Das Gespräch bewegte sich mittlerweile in eine andere Richtung, als ich erwartet hatte. Ich hatte gehofft, dass Mike weitersprechen würde und ich einfach zuhören konnte. Ich dachte einen Moment über seine Frage nach.
»Nein, eigentlich nicht«, antwortete ich.
»Und warum nicht?«
»Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht genau. Ich wusste eigentlich nicht, was ich studieren sollte, als ich an die Universität ging. Schließlich entschied ich mich für ein Studienfach, das mir irgendwie gefiel. Außerdem erzählten mir viele Leute, dass man in diesem Bereich mit einem Abschluss gute Chancen auf einen Job hätte. Als ich mit dem Studium fertig war, begann ich zu arbeiten, und dann konzentrierte ich mich immer stärker darauf, Geld zu verdienen. Nach einer Weile bekam ich ein ziemlich gutes Gehalt und gewöhnte mich irgendwie an die Alltagsroutine.
Ich bin auch nicht sicher, ob ich je über die Frage auf der Karte nachgedacht habe«, sagte ich, »… bis zum heutigen Abend.«
»Wie ich vorhin erwähnt habe«, erklärte Mike, »ist es sehr unterschiedlich, was die Frage bei dem Einzelnen auslöst und
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