Das Café am Rande der Welt: Eine Erzählung über den Sinn des Lebens (German Edition)
Todesdiskussion gehabt?«
»Die was?«, fragte ich und fühlte mich plötzlich ziemlich unwohl.
Anne deutete auf die Speisekarte. »Es geht um die zweite Frage.«
Ich sah nach unten.
hast du angst vor dem tod?
Ich hatte die anderen beiden Fragen auf der Karte fast vergessen. Nach allem, was mir durch die erste Frage vor Augen geführt worden war, bezweifelte ich, ob ich bereit war, über die anderen nachzudenken.
»Die erste Frage hat etwas damit zu tun«, sagte Mike.
Schon wieder konnte er meine Gedanken lesen, und das gerade, als ich anfing zu glauben, dass dies ein normales Café war. Obwohl ich das wahrscheinlich nie wirklich gedacht hatte. »Inwiefern hat sie etwas damit zu tun?«, fragte ich.
»Haben Sie Angst vor dem Tod?«, fragte mich Anne. »Die meisten Menschen haben Angst davor. Es ist sogar eine der häufigsten Ängste von Menschen.«
»Ich weiß es nicht«, antwortete ich. »Ich habe den Eindruck, dass es im Leben eine Menge zu tun gibt, und ich möchte nicht sterben, bevor ich die Gelegenheit hatte, alles zu tun, was ich möchte. Aber ich denke nicht jeden Tag über den Tod nach.«
»Menschen, die sich die Frage auf der Karte nicht gestellt haben und die nichts unternommen haben, um ihren ZDE zu erfüllen …«, Anne hielt inne, »diese Menschen haben Angst vor dem Tod«, sagte sie.
Ich war eine Weile sprachlos und sah Anne und Mike fragend an. »Wollen Sie damit sagen, dass die meisten Menschen jeden Tag über den Tod nachdenken? Das glaube ich nicht. Ich denke jedenfalls definitiv nicht jeden Tag darüber nach.«
Mike lächelte. »Nein, so ist es auch nicht. Wir sprechen hier in erster Linie von der unterbewussten Ebene. Die meisten Menschen denken nicht jeden Tag bewusst über den Tod nach. Aber unterbewusst wissen sie, dass sie mit jedem verstrichenen Tag einen Tag weniger die Chance haben, die Dinge zu tun, die sie sich im Leben wünschen. Daher haben sie Angst vor dem Tag X irgendwann in der Zukunft, an dem es keine Chance mehr geben wird. Sie haben Angst vor dem Tag, an dem sie sterben werden.«
Ich dachte darüber nach, was Mike gerade gesagt hatte. »Aber so muss es doch nicht sein, oder? Ich meine, wenn jemand sich selbst fragen würde, warum er hier ist, wenn er die Dinge tun würde, die er möchte und die seiner Bestimmung entsprechen, warum sollte er dann Angst vor dem Tod haben? Man kann nicht befürchten, keine Möglichkeit mehr zu haben, etwas zu tun, wenn man es bereits getan hat oder es jeden Tag macht.«
Anne lächelte. »Nein, das kann man nicht«, sagte sie sanft. Sie stand vom Tisch auf. »Es war mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen, John. Ich muss nun wieder zu meinem Freund zurückgehen, aber unsere Unterhaltung hat mir gefallen.«
Ich stand ebenfalls auf, und wir gaben uns die Hand. »Mir auch«, sagte ich. »Danke, dass Sie mich an Ihren Erkenntnissen teilhaben ließen.«
Als sie sich umdrehte und fortging, ließ ich mich wieder auf meinen Sitz sinken. Ich fühlte mich verändert. Ich wusste zwar nicht genau, woran das lag, aber ich spürte, dass ich gerade etwas sehr Wertvolles gelernt hatte.
Mike stand nun auch auf. »Geht es Ihnen gut, John? Sie sehen etwas mitgenommen aus.«
»Ich denke nur nach«, sagte ich. »Das, worüber Sie und Anne gesprochen haben, klingt sehr einleuchtend. Es wundert mich, dass ich es so bisher noch nie gehört habe beziehungsweise nicht selbst darauf gekommen bin.«
»Alles zu seiner Zeit, John. Vielleicht haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, waren aber zu der Zeit noch nicht bereit, auf diese Gedanken zu hören oder entsprechend zu handeln.«
Mike nahm zwei leere Teller vom Tisch. »Ich räume erst einmal etwas Geschirr ab. Essen Sie noch etwas von den Bratkartoffeln?«
»Erstaunlicherweise ja«, antwortete ich und lenkte meine Aufmerksamkeit von meinen Gedanken wieder auf das Essen vor mir. »Sie sind zu gut, und ich habe immer noch zu viel Hunger, um sie zurückgehen zu lassen.«
Als Mike sich vom Tisch entfernte, konzentrierte ich mich erneut auf all die Dinge, die er und Anne gerade mit mir besprochen hatten. Es gab eine Menge zu verdauen. Ich dachte an Annes Geschichte über den Einfluss der Werbung. Welcher Anteil meiner Definition von Erfolg, Glück und Erfüllung war tatsächlich von anderen Menschen bestimmt worden? Es war schwer zu sagen. Ich entschloss mich, dass ich von nun an versuchen würde, mehr auf die Botschaften zu achten, die hinter den Worten der Menschen verborgen sind.
Das Gespräch über
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