Das Camp (Sartos) (German Edition)
überquerten und das Gebäude betraten, in dem Troy zuerst gelandet war. Sie nahmen jedoch eine andere Tür, die zum hinteren Teil führte und in einen großen Speiseraum mündete. An langen Reihen von Tischen saßen alle Gefangenen des Camps. Troy schätzte, dass es etwa 300-400 waren, davon zwei Drittel Männer. Sie sah Rory an einem der langen Tische sitzen und wollte auf ihn zu gehen. Eine Hand hielt sie am Ärmel fest.
„Tu das nicht“, raunte ihr eine Stimme ins Ohr. Eine junge Frau, etwa Anfang Zwanzig, mit blondem, kurz geschnittenem Haar, wie die meisten es hatten, schüttelte vielsagend den Kopf und bedeutete ihr, mit zu kommen. Sie stellten sich an die Essensausgabe.
„Da warten die Aufseher nur drauf. Die hätten euch beide am Schlaffittchen gepackt und durchgeprügelt. Es ist untersagt, während der Mahlzeiten irgendwo anders hin zu gehen, außer zur Essensausgabe und an den Platz, den man immer hat.“
„Danke.“
Sie holten sich ihre Ration, eine undefinierbare Pampe, die vage an Haferbrei erinnerte und einen Becher mit dünnem Tee. Troy hielt sich an die junge Blonde, dankbar dafür, einen freundlichen Menschen entdeckt zu haben. Sie setzten sich an den Tisch, an dem alle anderen ihrer Baracke saßen.
„Ich bin übrigens Jenna“, sagte die Blonde.
„Mein Name ist Troy Kane, danke, noch einmal.“ Sie lächelte ihr zu. Der Brei schmeckte so unerfreulich, wie er aussah, aber Troy war nicht wählerisch. Sie ging davon aus, dass sie jeden Krümel Nahrung gebrauchen konnte und zwängte alles hinunter. Über die Tische tauschte sie ein paar Blicke mit Rory aus. Er hatte ein blaues Auge und eine aufgeplatztes Lippe. Anscheinend hatte er den Mund bereits einmal zu oft aufgemacht.
Nach dem Essen versammelten sich alle Häftlinge auf dem Hof zum Appell. Die Aufseher ließen sich Zeit, bis sie sich endlich aus dem warmen Speisesaal heraus bequemten und Troy klapperte mit den Zähnen im eisigen Wind. Schneeflocken fielen und legten sich auf ihre schrei-gelbe Montur. Endlich, als sie schon dachte ihre Finger fielen ab, kamen zwei Wächter mit Zettel in der Hand. Mit lauter Stimme brüllten sie einige Anweisungen, die für Troy völlig unverständlich waren.
„Eins auf Gelb, Zwei Auf Grün, Drei auf Schwarz, Vier auf Weiß, Fünf auf Blau, Sechs auf Rot. Abmarsch!“
„Jawoll, Sir“, brüllten alle und marschierten in unterschiedliche Richtungen.
„Gelb bedeutet Korbflechten und Bürstenmachen, G rün sind die Gewächshäuser und Felder, Schwarz steht für Kohleabbau, Weiß sind die Steinklopfer, Blau die Stromgewinnung und Rot bedeutet Ziegenbrennerei. Alle werden täglich woanders eingeteilt, damit es uns ja nicht zu Wohl wird“, erläuterte Jenna ihr.
„Was ist denn das Beste davon?“
„Gelb, eindeutig. Im Unterschied zu dem anderen Kram ist das paradiesisch. Rot ist eine elende Schinderei, aber Blau ist die Hölle. Na, ja, lass dich Überraschen. Das Schlimme ist, dass die Einteilung völlig willkürlich erfolgt. Man könnte denken, dass automatisch Gelb kommt, wenn man den ganzen anderen Scheißdreck hinter sich hat, aber von wegen! Wir in Baracke 6 kriegen fast immer die grässlichsten Arbeiten. Manchmal geben sie einem dreimal hintereinander Blau, dann will man nur noch in Ruhe verrecken.“
Troy schluckte schwer, bei diesen erheiternden Aussichten.
Arbeitsdienste
Jenna hatte nicht untertrieben. Die Ziegelbrennerei war in einem langgestreckten Gebäude, dessen einziger Vorteil war, dass es, Dank der Brennöfen, mollig warm war. Troys Aufgabe bestand darin, die viereckigen Formen mit Lehm, der in großen Haufen bis an die Decke getürmt lag, zu füllen. Wenn sie die Formen gefüllt hatte, musste sie jede einzelne ans andere Ende der Halle zum Trocknen schleppen.
„Wieso können die Dinger denn nicht hier trocknen?“, fragte sie Jenna, nach dem zehnten Gang.
„Weil das weniger Schikane für uns bedeuten würde. Das ist die erste Priorität, nicht etwa effizient zu arbeiten.“
Troy war davon überzeugt, dass ihr Rückgrat brechen würde, wenn sie noch einen einzigen Ziegel schleppen musste, als die Glocke zum Mittagessen läutete. Ihre gelbe Kluft hatte mittlerweile eine schmutzig-braune Farbe angenommen.
„Lieber Himmel, ich kann doch nicht bis zum nächsten Waschtag so herum laufen, ich nehme an, dass die frische Montur morgen um die Zeit ähnlich aussieht,
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