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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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immer begeisterter wurde, verstummte er. Reingefallen.
    »Zwanzig!«, sagte Mike.
    Luk war sicher, dass er das nicht schaffen würde. Schon beim dritten Liegestütz hatte er Mühe, wieder hochzukommen.

    »Fünf«, hörte er seinen Gruppenführer zu den anderen sagen. »Mehr sind bei dem nicht mehr drin.«
    Luk hatte wirklich eine Sekunde lang mit dem Gedanken gespielt, sich einfach fallen zu lassen. Er hatte kaum noch Gefühl in den Armen. In seinem Kopf begann es zu hämmern. Aber irgendwas in Mikes Ton machte ihn wütend. Das hier war doch ein abgekartetes Spiel. Es ging ihnen nur darum, ihn zu demütigen, ihn so weit runterzubringen, dass er sich selbst aufgab.
    Er biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich einfach nur aufs Pumpen. Einmal, zweimal, dreimal!
    »Na gut, zehn«, erhöhte der Gruppenführer seine Schätzung. »Mehr schafft er garantiert nicht.«
    Luks Arme hatten zu zittern begonnen. Er registrierte, dass es still geworden war im Computerraum. Man hörte kein Tippen mehr. Wahrscheinlich schauten alle jetzt auf ihn, wie er hier mit zitternden Armen auf dem Boden lag.
    Es war völlig verrückt, das wusste er selbst, aber er wollte nicht, dass sie ihn verlieren sahen. Er wollte nicht, dass dieser Typ, der sich hier als Gruppenführer aufspielte, über ihn triumphierte. So weit hatten sie ihn noch nicht.
    Er kämpfte. Bei jedem Pumpen brauchte er länger, und einige Male sah es so aus, als ob seine Arme gleich einknicken würden, egal, wie sehr er sich anstrengte. Doch dann kam wieder ein blöder Kommentar von Mike, und Luk spürte, wie sich von irgendwoher neue Kräfte in ihm sammelten, und er schaffte es, sich erneut hochzustemmen.
    Jemand sagte: »Fünfzehn! Er hat’s geschafft.«
    »Zwanzig, hab ich gesagt«, knurrte Mike. Er trat Luk hart in die Seite. »Los, nicht einschlafen!«
    Luk blieb liegen und atmete mehrere Male tief durch. Und bei jedem Atemzug spürte er, wie sich so was wie Zuversicht
in ihm aufbaute. Auch wenn seine Arme immer heftiger zitterten, es gab noch Reserven in seinem Körper.
    »Sag ich doch.« Mike trat erneut zu. »Der ist hin.«
    Luk konzentrierte sich auf seinen Atem. Noch zweimal atmete er so lange wie möglich aus. Er hatte mal irgendwo gelesen, dass es genau darauf ankam, aufs Ausatmen. Je mehr Luft man rausließ, desto tiefer atmete der Körper danach ein.
    Dann stemmte er sich hoch. Einmal, zweimal, dreimal, schnell hintereinander, als müsse er den Schwung nutzen, den er sich durch das Atmen verschafft hatte.
    Beim vierten Liegestütz war es ganz plötzlich vorbei. Als hätte jemand den Stecker rausgezogen. Er gelang ihm gerade noch, die Arme zu strecken, dann lag er wieder auf dem Bauch.
    »Neunzehn«, sagte Mike. Es klang Schadenfreude darin mit. »Das waren erst neunzehn.«
    »Nur noch einer«, sagte jemand. »Ein einziger.«
    »Den schaffst du auch noch, Luk.«
    Luk stemmte sich hoch. Nur noch ein einziger, hämmerte es in seinem schmerzenden Kopf. Ein einziger! Unendlich langsam drückte er seinen Körper hoch. Höchstens noch zwei oder drei Zentimeter fehlten. Da gaben seine Muskeln ganz plötzlich wieder nach und er lag erneut auf dem Bauch.
    Schwere Schritte näherten sich. Mit einem Mal war es wieder ganz still im Computerraum.
    »Was geht hier vor, Gruppenführer?«, fragte Pannewitz.
    Luk hörte, wie Mike die Hacken zusammenschlug. »Der Neue, Zugführer! Er hat geredet. Ich hab ihm zwanzig Liegestütze aufgebrummt.«
    »Und?«
    »Er verweigert die Ausführung, Zugführer.«

    Verweigert! Luk merkte, wie die Wut wieder in ihm aufstieg. Dieser Arsch!
    Und diese Wut bewirkte es. Der sollte bloß nicht glauben, dass er schon gewonnen hatte. Luk stemmte sich erneut hoch. Und diesmal, er konnte es selbst kaum glauben, schaffte er es.
    »Zwanzig!«, rief jemand.
    Luk ließ sich auf den Boden fallen und blieb einen Moment liegen. Als er endlich auf die Beine kam, hatte Mike sein Grinsen schon wieder gefunden.
    »Okay«, sagte er locker. »Das war fürs Quatschen. Bleibt noch deine Respektlosigkeit im Lernprogramm. Wecken um 12.15 Uhr.«
    Einige lachten.
    »Du glaubst doch wohl nicht, dass du damit durchkommst.«
    Luk schüttelte den Kopf.
    »Ab in den Arrest«, sagte der Gruppenführer.

15
    Das Erste, was er wahrnahm, war dieser würgende Gestank, der ihm entgegenschlug, als die schwere Holztür hinter ihm zufiel. Luk presste die Hand auf Mund und Nase. Er hielt den Atem an.
    Gleich zwei Riegel wurden draußen vorgeschoben. Die Schritte des Gruppenführers

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