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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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der Steinzeit. Garantiert irgendwo aussortiert und auf dem Recyclinghof abgegeben. Schließlich stabilisierte sich das Bild. Aber mehr als ein flimmerndes Schneegrieseln brachte der Schirm nicht zustande.
    »Kleine Panne«, sagte der Gruppenführer. »Dann rückst du eben eine Kabine weiter. Nee, zwei.«
    Auf dem Schirm des nächsten Computers klebte ein Zettel: DEFECKT , hatte jemand darauf geschrieben. Aber das musste schon ziemlich lange her sein. Der Zettel war so vergilbt, dass man die Bleistiftschrift kaum noch entziffern konnte.
    Auch der nächste PC hatte erhebliche Macken. Luk sollte seinen Namen in die Maske eingeben, aber kaum hatte er das gemacht, da stürzte das System abrupt ab.
    »Kann mal passieren«, meinte der Gruppenführer. »Versuch’s einfach noch Mal. Jedenfalls kommst du klar, oder?« Es klang ziemlich erleichtert, hatte Luk den Eindruck.
    Als er allein war, testete er erst mal aus, ob man mit dieser Steinzeit-Kiste rauskam. Ging natürlich nicht. Der PC war allem Anschein nach überhaupt nicht ans Internet angeschlossen. Luk versuchte es trotzdem gleich noch mal. Zu Hause hatte er einen Mac . Deshalb war er immer ein bisschen unsicher, wenn er in der Schule oder bei Freunden an einem PC saß. Beim Mac war alles viel einfacher, fand er. Aber auch bei seinem zweiten Test klappte es nicht. Er kam nicht rein bei Google .
    Stattdessen erschien wieder die Maske auf dem Schirm. Luk gab seinen Namen ein.
    Willkommen in der Forst-Akademie, Lukas , wurde er gleich darauf begrüßt. Die Forst-Akademie ist ein Erziehungslager, in dem du lernen wirst, ein nützliches Mitglied unserer Gesellschaft zu werden. Unsere Mitarbeiter werden
alles Nötige tun, um dir dabei zu helfen. Du kannst sie jederzeit vertrauensvoll ansprechen.
    Na super, dachte Luk verärgert. Und dabei immer schön die Klappe halten, was?
    Aber zunächst machen wir dich mit dem Tagesablauf in der Forst-Akademie vertraut. Es ist wichtig, dass du dir den Tagesplan gut einprägst, damit du nicht gegen unsere Regeln verstößt. Regelverstöße werden nach Gutdünken der Betreuer unverzüglich bestraft, gleichgültig, ob die Verstöße absichtlich oder versehentlich begangen worden sind.
    Nach Gutdünken also. Wenn das kein Freibrief war für willkürliche Entscheidungen jeder Art.
    Es folgte ein genauer Tagesplan vom Wecken um 5.30 Uhr über den täglichen Dauerlauf und die Arbeit im Wald, die nicht näher beschrieben wurde, sondern vage als »Arbeitstherapie« aufgeführt wurde, bis hin zu den Mahlzeiten, deren Zeiten genau angegeben wurden.
    Die Schulungen fanden anscheinend, genau wie die Arbeitseinsätze im Wald, jeden Tag statt. Sieben Mal pro Woche. Freie Wochenenden waren nicht vorgesehen im Camp. Samstag und Sonntag - einfach gestrichen.
    Die Regeln waren denkbar einfach. Sie liefen darauf hinaus, dass die Betreuer der Forst-Akademie immer recht hatten. Ihren Anweisungen war grundsätzlich Folge zu leisten. Wer nicht spurte, wurde bestraft, natürlich nach Gutdünken des jeweiligen Betreuers. Widerspruch war nicht vorgesehen.
    Es gab noch einige Zusatzregeln.
    Besuche: nicht vorgesehen.
    Ausgang: nicht vorgesehen.
    Internet: nicht vorgesehen.
    Päckchen: nicht vorgesehen.
    Post: im ersten Monat nicht vorgesehen. Danach darf
jeder Klient pro Monat einen Brief abschicken und empfangen, jeweils höchstens eine Doppelseite.
    Entlassung: nach Ermessen der Anstaltsleitung, vorausgesetzt, der zuständige Richter hat keine anderen Anordnungen erlassen.
    Luk tippte auf Weiter .
    Es folgte ein Multiple-Choice-Test, der hochtrabend mit Evaluation überschrieben war. Luk musste zum Beispiel ankreuzen, wann im Camp morgens geweckt wurde. Um 2.00 Uhr, 5.30 Uhr, 8.00 Uhr oder 12.15 Uhr?
    Luk tippte auf 12.15 Uhr.
    Er wollte gar nicht provozieren. Dazu war er viel zu geschafft. Er wusste, er musste möglichst bald ins Bett, wenn er das alles hier durchhalten wollte.
    Eigentlich wollte er einfach nur herausfinden, was passieren würde, wenn er die falsche Antwort gab.
    Irgendwo über ihm begann eine rote Lampe zu blinken. Ein durchdringendes, dünnes Pfeifen ertönte.
    Scheiße, dachte Luk.
    Entschlossene Schritte näherten sich. Gruppenführer Mike hatte ein erfreutes Grinsen im Gesicht.
    Luk dachte an sein Bett. Daran, dass er unbedingt schlafen musste. Und dieser Gedanke brachte ihn dazu, gleich noch den zweiten Fehler zu machen.
    »Ich hab mich vertippt!«, sagte er. »Ich bin von den Tasten abgerutscht und …«
    Als das Grinsen auf Mikes Gesicht

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