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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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hoch.
    Genau genommen war es überhaupt nichts gewesen. Kein großes Ereignis, eher eine Winzigkeit. Luk wusste nicht mal mehr, wo es gewesen war. Er erinnerte sich nur, dass er irgendwo im Auto seines Vaters gewartet hatte, den Sitz bis zum Anschlag zurückgeschoben, die Füße auf dem Armaturenbrett. Er hatte Musik gehört und schlapp vor sich hingedöst. Plötzlich war Harleys betont prolliges Lachen zu ihm durchgedrungen. Die Gang war an dem Wagen vorbeigezogen. Der Chief vorneweg und die anderen in einem dichten Pulk hinter ihm her.
    Luk war sofort ausgestiegen. Grölend und lärmend hatten ihn die anderen begrüßt. Harley hatte zuerst gar nicht mitbekommen, was da hinter seinem Rücken passierte. Als er es endlich kapierte, war ein Schatten über sein Gesicht gezogen. Er hatte sich zwischen die anderen gedrängt und Luk seine mächtige Maurerpranke auf die Schulter gewummert. Mann, Alter, da bist du ja endlich. Aber seine Lockerheit war wie weggewischt gewesen. Damals hatte Luk das gar nicht wirklich bemerkt. Harley war stets ein wenig angespannt, wenn Luk da war. Warum auch immer, er hatte Luk als Konkurrenten wahrgenommen. Und selbst hier im Camp schien er das noch so zu empfinden.
    Soll er doch, dachte Luk. Cool sah er an Harley vorbei.
    Der Trupp, zu dem Benjamin gehörte, schien ein echtes Dreamteam zu sein. Der gefällte Baum, den sie von seinen Ästen und Zweigen befreien sollten, war noch so gut wie unberührt.
Anscheinend hatten die Jungs gerade erst ihren Morgenjob beendet, und das wiederum hieß, dass sie diejenigen gewesen waren, die vom Eintopf gerade noch das Wasser abbekommen hatten. Wenn sie überhaupt was gekriegt hatten.
    Klar, dass das nicht gut aussah. Pannewitz musste verhindern, dass sein Zug dumm auffiel. Womöglich gab’s dann Minuspunkte für ihn oder sein Lohn wurde gekürzt.
    Oleg hatte das sofort kapiert, als der Zugführer bei ihnen aufgetaucht war. Bloß weil sie vorhin zu schnell gewesen waren bei ihrem zweiten Stubben, mussten sie hier jetzt noch den Job der zweiten Gruppe mitmachen.
    Wieder was gelernt, dachte Luk. Er rammte seinen Spaten in den Boden und hielt nach einer Handsäge Ausschau. Wenn sie rechtzeitig fertig werden wollten mit dem Baum, mussten sie sich ranhalten.
    Pannewitz winkte Mike heran und beauftragte ihn, auch noch die erste Gruppe des Zuges heranzuholen. »Wenn alle mit anpacken, ist das ein Klacks, klar?«
    »Klar, Herr Zugführer!«
    Doch die erste Gruppe hatte den Braten rechtzeitig gerochen. Der Gruppenführer meldete, dass seine Jungs noch eine Weile bräuchten.
    Als es endlich zum Abendessen ging, war Luk wieder so erledigt, dass er nicht mal mehr Hunger hatte. Er sehnte sich nach seinem Bett. Endlich mal wieder nicht auf feuchtem Betonboden schlafen.
    Doch gerade als er sich vom Tisch hochstemmte, um das Geschirr einzusammeln, wandte sich Sascha an Mike. »Herr Gruppenführer, der Neue hat wieder geredet.«
    Dabei sah er Luk herausfordernd in die Augen.
    »Schon wieder? Bist du sicher?« In Mikes Stimme schwangen Zweifel mit.

    Da meldete sich vom anderen Tischende her noch jemand zu Wort. »Doch, Gruppenführer! Hab ich auch gehört.«
    Harley.

17
    Was zum Teufel war los mit dem Kerl? Luk hatte sich in der Arrestzelle wieder auf den Boden gesetzt, den schmerzenden Kopf an die feuchte Wand gelehnt. Er versuchte herauszufinden, was vorhin eigentlich passiert war.
    Harley hasste ihn. Das war mal klar. Aber warum, verdammt? Warum diese Lüge vorhin?
    Von Sascha war nichts anderes zu erwarten gewesen. Aber warum Harley?
    Anscheinend sollte es ein Warnschuss sein. Die Kriegserklärung. Und alle hatten es mitbekommen. Harley hatte nicht zufällig so laut gesprochen, dass der ganze Zug es hörte.
    Dabei hatte Luk sich eigentlich gefreut, als er Harley vorhin entdeckt hatte. Endlich ein vertrautes Gesicht aus seinem anderen Leben. Er hatte sich nicht mehr so allein und ausgesetzt gefühlt zwischen all diesen abgedrifteten Typen.
    Aber dann dieser Blick, mit dem Harley durch ihn hindurchgesehen hatte. Klar, der war vorbereitet gewesen. Der hatte natürlich gewusst, dass Luk im Camp war. Das kriegt man ja mit, wenn ein Neuer kommt. Vor allem wenn der Neue einer ist, der nicht so richtig reinpasst ins Schema. Sogar der große Boss in seinem abgeschotteten Luxusbüro hatte das mitbekommen, und den interessierte nun wirklich nicht, was hier in seinem verlotterten Goldgruben-Camp abging.

    Gut, am Anfang - damals, draußen - hatte Luk nicht allzu viel anfangen

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