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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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sich selbst denken. Aber er war ziemlich sicher, dass er die beiden Typen gestern in Benjamins Gruppe gesehen hatte.
    Zwei Schritte vor Luk machte nun Sascha einen kurzen Schlenker nach rechts. Ganz gezielt trat er Benjamin auf den Fuß und rempelte ihn mit der Schulter. Sehr geschickt machte er das. »Hoppla«, sagte er, als er Luks Blick bemerkte.
    Luk war für eine Sekunde abgelenkt. Gerade noch rechtzeitig konnte er beiseitespringen. Beinahe wäre er über Benjamins strampelnde Beine gestürzt.
    Sascha grinste Luk an. »Für gestern«, sagte er.
    Zuerst zögerte Luk, dann grinste er zurück. Wenn er hier weiterkommen wollte, musste er ab sofort ein entspannteres Verhältnis zu Sascha und den anderen Typen aufbauen.

    Sonst würde er doch noch so enden wie Benjamin. Und darauf war er nun wirklich nicht scharf.
    Jedenfalls bekam er heute sein Frühstück. Das war doch schon mal ein Anfang. Klatschnass saß er zwischen den anderen und schlang seine Brotscheiben hinunter, bevor sie ihm jemand wegschnappte.
    Anschließend beim Morgenappell wankte Benjamin als Allerletzter aus der Mannschaftsunterkunft. Er konnte sich kaum noch auf den Füßen halten.
    Der Kommandeur ließ auch heute wieder auf sich warten. Einer der Zugführer musste einen dieser riesengroßen Schirme über ihn halten, als er in den Regen hinaustrat.
    »Toilettendienst?«, fragte er, nachdem Pannewitz Meldung gemacht hatte.
    Harley trat mit seiner Gruppe vor. Luk konnte sehen, wie Harley sein eckiges Kinn vorschob. Das machte er immer, wenn er sauer war. Wahrscheinlich hätte er in diesem Moment am liebsten jemanden zusammengeschlagen. Egal, wen.
    »Noch zwei Mal«, sagte Pannewitz, »und ihr könnt die braune Armbinde gleich für die nächsten drei Monate behalten.«
    Harley quittierte den Spruch mit einem wütenden Schnauben, das auf dem ganzen Platz zu hören war.
    Armer Benjamin, dachte Luk.
    Luk arbeitete genauso schnell wie Sascha an diesem Morgen. Er achtete aber darauf, dass er immer ein kleines bisschen zurücklag. Am Nachmittag tauchte Pannewitz zweimal bei ihnen auf. Beim zweiten Mal brummelte er ein wenig, ging dann jedoch zur ersten Gruppe hinüber. Man konnte deutlich hören, wie er die Jungs antrieb.
    Schließlich ertönte die Tröte.
    »Baum fällt!«, klang es über die Lichtung.
    Gleich darauf hörte man ein beängstigendes Rauschen, als
sich die ausladenden Äste aus der Verschwisterung mit den anderen Bäumen lösten. Dann erzitterte der Boden unter dem Aufprall einer gigantischen Rotbuche.
    Gleich danach sah Luk, wie Pannewitz das aus drei Leuten bestehende Fällkommando zu Harleys Truppe hinüberscheuchte, die natürlich wieder hoffnungslos zurücklag.
    Sascha streckte seinen Kopf hoch und grinste Luk über ihren Stubben hinweg an.
    »Schon besser«, sagte er.
    Luk grinste zurück.
    An diesem Abend war in der Schulung Rechtschreibung dran. Eine Männerstimme las betont langsam einen Text mit sehr vielen kurzen Sätzen vor, in denen es um die Straßenverkehrsordnung ging. Luk tippte das Diktat in den Computer. Danach sollte er mithilfe eines Rechtschreibprogramms seine Fehler finden und sie verbessern.
    Eine Stunde Zeit war dafür vorgegeben.
    Luk hatte keinen einzigen Fehler gemacht. Wie auch? Der Text war kinderleicht. Kam ihm vor wie Grundschulniveau. Er brauchte nicht mal zwei Minuten, dann war er damit fertig.
    Er sah nach links. Der Junge neben ihm hatte gequält aufgestöhnt. Er saß ganz vorn auf der Stuhlkante und nagte an seiner Unterlippe. Den anderen Typen schien es nicht besser zu gehen. Der simple Text war eine echte Herausforderung für sie.
    Luk hatte bis dahin mit ausgestreckten Beinen lässig vor seinem Computer gesessen. Jetzt richtete er sich auf, rutschte ganz nach vorn auf seinem Stuhl, genau wie der Junge neben ihm, und gab bei den einzigen beiden Wörtern, die das Rechtschreibprogramm rot unterstrichen hatte, so abwegige Änderungsvorschläge ein, dass er das Programm bis zum Ende der Deutschstunde auf Trab hielt. Irgendwie musste er die Zeit ja totschlagen.

    Danach war Allgemeine Lebenskunde dran. Wie bekomme ich Respekt? , wollte der Computer wissen. Diesmal arbeitete er wieder nach dem Multiple-Choice-Prinzip.
    Vier Antworten wurden angeboten:
    a. Ich schlage grundsätzlich als Erster zu.
    b. Ich rede laut und einschüchternd.
    c. Indem ich den anderen respektiere.
    d. Ich rede dem anderen nach dem Mund.
    Links von sich bemerkte Luk eine Bewegung. Sein Nachbar lehnte sich unauffällig auf seinem Stuhl

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