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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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ersten 300 Metern wie weggeblasen. Nur seine Füße waren noch sehr empfindlich. Die ersten Schritte waren die Hölle, aber nach und nach wurde es besser. Anscheinend hatte sich Hornhaut unter den Fußsohlen gebildet.
    Auch der Rest des Tages verlief ohne Probleme. Bei der Arbeit auf der Lichtung schaffte Luk es, sich so mit Sascha und Oleg zu verständigen, dass sie nicht zu schnell vorankamen. Als der Zugführer auftauchte, legten sie einen Zahn zu, aber ihr Stubben steckte noch fest in der Erde.
    »Ach, ihr seid noch nicht fertig.« Pannewitz zögerte, als wolle er noch etwas sagen. Doch dann zuckte er die Achseln und ging zum nächsten Trupp weiter, um Helfer für Benjamins Gruppe zu finden.
    Bei der Schulung am Abend saß Luk wieder neben Ramon.
    Heute ging es in Lebenskunde um Pünktlichkeit.
    Diesmal achtete Luk darauf, dass er Ramon, als der sich schläfrig auf seinem Stuhl zurücklehnte und zu ihm herüberschielte, die richtige Antwort signalisierte.
    Alles gelang ihm an diesem Tag.
    Trotzdem war Luk bis zum allerletzten Moment nicht sicher, ob er es wirklich schaffen würde, sein Ziel zu erreichen. Es brauchte ja nur irgendwer zu behaupten, dass er geredet hatte.

    Aber er hatte Glück.
    Oder es lag an Ramon, der sich plötzlich demonstrativ vor Luk stellte, als Blizz kurz vor dem Abendbrot beim Gruppenführer Meldung machen wollte.
    »Was ist?«, fragte Mike ungeduldig.
    »Ach, nichts.« Blizz streifte Ramon mit einem schnellen Seitenblick. »Alles okay.«
    Am Ende staunte Luk selbst.
    Die zweite Nacht in einem richtigen Bett.

20
    Genau zwei Wochen und drei Tage dauerte es. Dann kam Mike eines Morgens nach dem Frühstück zu Luk.
    »Keine Ahnung, wie du das hinbekommen hast. Ich hab über vier Wochen dafür gebraucht.«
    Der Gruppenführer hatte einen frisch gewaschenen Overall unter dem Arm und in jeder Hand einen Stiefel. Die Stiefel waren alles andere als neu. Noch vor drei Wochen hätte Luk sich geweigert, solche alten Treter auch nur in Erwägung zu ziehen.
    »Anziehen!«, befahl Mike. »Du bist jetzt Stufe zwei.«
    Luk zeigte auf seine Lippen. Er wollte keinen Fehler machen. Gerade jetzt nicht.
    »Klar«, sagte Mike. »Ab jetzt darfst du reden.«
    Das mit den Stiefeln hatte Luk sich anders vorgestellt. Gut, sie waren nicht neu. Ziemlich ramponiert sahen sie aus. Sie schienen schon etliche Vorbesitzer gehabt zu haben. Trotzdem hatte er erwartet, dass er darin wie auf Wolken gehen würde.

    Mühsam zwängte er seine Füße hinein. Aber der Gruppenführer musste ihm die falsche Größe gegeben haben. Mindestens zwei Nummern zu klein. Luk zog die Stiefel wieder aus und sah hinein. 44 stand dort, kaum noch lesbar. Genau seine Größe.
    »Ging uns damals allen so«, sagte Oleg.
    »Wird hart«, meinte Sascha. »Deine Füße müssen sich erst wieder dran gewöhnen.«
    Oleg und Sascha waren guter Laune an diesem Morgen. Sie waren ebenfalls befördert worden. Beide auf Stufe drei. Eilig zogen sie die frisch gewaschenen Overalls an, die sie von Mike bekommen hatten. Klar, sie wollten nicht ausgerechnet heute zu spät kommen zum Morgenappell.
    Luk schlüpfte wieder in seine Stiefel und humpelte hinter den beiden her. Hoffentlich gewöhnte er sich an die klobigen Treter.
    Draußen vor der Unterkunft herrschte ungewohnte Bewegung. Anscheinend war diesmal gleich eine ganze Menge Leute hochgestuft worden. Man erkannte sie an den frisch gewaschenen orangefarbenen Overalls.
    Luk war sicher, dass er seinen überraschenden Aufstieg allein seiner geschickten Strategie zu verdanken hatte. Aber dann fiel ihm auf, wie einige der Jungen in den sauberen Overalls sich irritiert und total verunsichert umschauten, als wüssten sie nicht, wo sie hier eigentlich gelandet waren.
    Luks Blick wanderte nach unten. Ihre bloßen Füße waren weiß und unversehrt, und sie traten mit ihnen so behutsam auf, als erwarteten sie, dass gleich jemand mit ihren Designer-Turnschuhen um die Ecke kommen würde.
    Sonnenklar, die waren neu im Camp. Vielleicht im Laufe der Nacht erst angekommen oder am Tag zuvor.
    Wahrscheinlich hatten sie gestern oder vorgestern Mittag
noch zu Hause am Küchentisch gelümmelt und genervt an dem Salat und den Fischstäbchen herumgemäkelt, die ihre Mam für sie gemacht hatte.
    Die Transporteure mussten sehr fleißig gewesen sein.
    Auf dem Marsch durch den Wald waren jetzt zwei Leute hinter ihm, beide barfuß und mit Redeverbot.
    Auf der Lichtung zeigte sich, dass sich auch sonst einiges geändert hatte. Oleg war in

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