Das Camp
bedeutet.«
»Nämlich?« Man sah Pannewitz deutlich an, dass er genug hatte von diesen Anschuldigungen.
Harley ließ eine kleine Pause entstehen.
»Klo putzen«, sagte er dann. »Glauben Sie, der hat Lust, für Wochen und Monate Pisse und Scheiße wegzuwischen?«
Pannewitz legte den Kopf schief. »Und du hast das wirklich gesehen? Wie er Benni gestoßen hat?«
»Alle haben das gesehen.«
Der Zugführer zögerte eine Sekunde, als glaube er nicht an Harleys Version. Aber dann nickte er.
»Abführen!«, befahl er.
22
Luk konnte sich nicht erinnern, wie er ins Camp gekommen war. Irgendwann unterwegs musste er zusammengebrochen sein. Als er aufwachte, lag er in einem hellen Raum auf einem der beiden frisch bezogenen Betten.
Ein Mann beugte sich über ihn. »Na, endlich. Tut dir was weh?«
Luk wollte sich aufrichten, aber ihm wurde übel, und er ließ sich wieder zurücksinken.
»Der Kopf?«
Luk nickte und verzog sofort das Gesicht. Ein stechender Schmerz schoss in seinen Hinterkopf.
»Scheinst eine leichte Gehirnerschütterung zu haben. Am besten bleibst du erst mal liegen.« Der Mann zeigte auf den Tisch. »Da sind Papier und Kugelschreiber. Wenn’s dir besser geht, sollst du alles genau aufschreiben. Anweisung vom Chef.«
Luk hätte gern gewusst, wer damit gemeint war. Es machte schon einen Unterschied, ob er seine Version der Ereignisse für den smarten Typ im Teppichbüro formulierte oder für den keuchenden dicken Kommandeur, der morgens den Appell abnahm.
Doch auf seine Frage zuckte der Betreuer nur die Achseln. Luk erinnerte sich, woher er ihn kannte. Es war der Mann mit den Schäferhunden, der ihn bei seiner nächtlichen Ankunft im Camp in Empfang genommen hatte. Wie lange war das eigentlich her? Zwei Wochen, nein, mindestens drei. Er hatte jedes Zeitgefühl verloren und das beunruhigte ihn.
Als er das nächste Mal aufwachte, lag er immer noch in dem Bett. Jemand hatte ihn zugedeckt. Draußen war es immer noch hell - oder schon wieder. Er hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte. Benommen stand er auf und steuerte auf den Vorhang zu, der einen Teil des Raumes abtrennte. Verdammt, was war mit seinem Fuß los? Er konnte kaum auftreten.
Hinter dem Vorhang befanden sich die Toilette und ein Emaillewaschbecken mit einem abgegriffenen Stück Seife auf dem Rand. An einem Haken hing ein ausgefranstes grünes Handtuch.
Als Luk zum Bett zurückging, entdeckte er, dass auf dem Tisch am Fenster ein Teller mit zwei Scheiben Brot stand, daneben ein leeres Glas. Anscheinend erwarteten sie, dass er sich Wasser aus der Leitung holte.
Warum sie ihn wohl nicht in die Strafzelle gesteckt hatten? Oder kam das noch? Wollten sie ihn hier erst ein bisschen aufpäppeln, damit ihm der Absturz dann umso tiefer vorkam?
Luk untersuchte das Fenster. Es war nicht blockiert. Er brauchte nur den Griff umzulegen, schon ließ es sich aufstoßen.
Es ging auf einen schmalen Grünstreifen, nicht mal zehn Meter breit. Dahinter begann der Wald. Kein Zaun. Nichts.
Aber natürlich waren da noch die Schäferhunde. Wenn sie die losließen, dachte Luk, würde er wohl nicht weit kommen.
Die Tür war auch nicht abgeschlossen. Der Betreuer kam plötzlich herein, ohne aufzuschließen. »Klar kannst du abhauen«, sagte er mit einem Blick auf das geöffnete Fenster. »Dann schreiben sie dich zur Fahndung aus und irgendwann kriegen sie dich.«
»Und dann?«, fragte Luk.
Der Mann zuckte die Achseln. »Geht alles ganz von vorn los. Sie stellen dich vor Gericht und schicken dich in den Knast. Aber wenn du hier durchhältst, dann kannst du einen Schlussstrich ziehen und alles vergessen, was du draußen angestellt hast.«
»Und wenn nicht?«, fragte Luk.
»Na ja, keine Ahnung, wenn ich ehrlich sein soll. Ich hab mal gehört, dass Abbrecher dann ihren Prozess kriegen und im Knast landen. Die Zeit, die sie hier abgesessen haben, wird nicht angerechnet. Wie gesagt, Genaues weiß ich auch nicht. Wenn hier erst mal einer weg ist, hören wir nie wieder was von ihm. Für uns ist der abgehakt. Aber in den Knast geht der garantiert. Und da ist es auch nicht schöner als hier, das kannst du mir glauben.«
Luk riskierte die nächste Frage. »Haben Sie da Erfahrung? Ich meine, waren Sie schon mal …?«
»War ich, mein Junge. Und eins sag ich dir, das war die schlimmste Zeit meines Lebens.« Er sah zum Tisch hinüber. »Hast du schon den Bericht fertig? Der Chef wartet nicht gern.«
Luk schob den Tisch an das offene Fenster und griff nach
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