Das Camp
die Grasnarbe krachten. Zweige peitschten Luks Rücken.
Etwas schlug dröhnend auf seinen Hinterkopf.
Urplötzlich wurde alles schwarz um ihn herum. Als ob jemand den Stecker gezogen hätte.
21
»Das war’n Mordversuch! Der wollte Benni umbringen.«
Luk hörte Harleys Stimme wie aus weiter Ferne. Oder wie mit Stöpseln in den Ohren. Er war noch total weggetreten. In seinem Hinterkopf dröhnte es, und er wusste zuerst nicht, woher dieses Dröhnen überhaupt kam.
»Der wollte Benni unter den Baum stoßen«, rief jemand empört. »Hab ich genau gesehen.«
»Gut, dass Benni sich noch losreißen konnte«, sagte Harley. »Sonst wär er jetzt Matsch.«
Was war das denn jetzt? Langsam begannen die Worte zu Luk durchzudringen. Die hatten doch alle ganz genau mitbekommen, was passiert war.
»Der ist gar nicht bewusstlos.« Jemand trat Luk in die Rippen. Nicht mal besonders heftig. Aber es reichte, dass Luk sich, immer noch halb weggetreten, an die Seite griff.
»Stimmt. Der tut nur so.«
Luk wurde grob unter den Armen gepackt. Das Dröhnen in seinem Hinterkopf schien seinen Schädel zu sprengen, als sie ihn hochzerrten. Seine Beine waren wie aus Pudding. Aber das war nicht das Schlimmste. Mit seinem rechten Fuß stimmte was nicht. Er konnte damit nicht auftreten. Wenn die
Typen ihn nicht festgehalten hätten, wäre er wahrscheinlich gleich wieder zu Boden gegangen.
Harley baute sich vor ihm auf.
»Mordversuch«, wiederholte er genüsslich. »Das wird teuer für dich.«
Luk schielte an Harley vorbei zu den Kollegen hinüber, die Benjamin umringten. Benni lag, halb von dichtem grünem Blattwerk verdeckt, mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Sein linker Arm stand in einem seltsamen Winkel ab. Womöglich war der Arm unter einen Ast der Baumkrone geraten. Aber genau konnte Luk das nicht ausmachen.
Jetzt kam Pannewitz mit langen Schritten in seinen polierten Langschäftern heran. »Was steht ihr hier rum und glotzt? Fasst mal mit an! Aber vorsichtig. Wehe, einer tritt auf den Ast!«
Sechs oder sieben Kollegen stiegen behutsam durch das Blattwerk. Pannewitz kniete neben Benjamin. Er schob die Zweige beiseite, die Bennis Arm verdeckten.
»Ich brauch drei Mann«, sagte er ruhig. »Je einen für seine Beine und einen für den anderen Arm. Die anderen heben den Ast an. Aber vorsichtig. Alle hören auf mein Kommando.«
Er wartete, bis die drei Jungen sich über Benjamin beugten. Breitbeinig stellte er sich über Benjamin. Vorsichtig schob er seine Hände von beiden Seiten unter Bennis Oberkörper.
»Okay! Bei drei hebt ihr den Ast an. Dann ziehen wir Benjamin raus. Eins … zwei … und drei!«
Die Jungs hoben langsam den Ast an, unter dem Benjamins Arm eingeklemmt war.
Benni, der bis dahin keinen Laut von sich gegeben hatte, stieß einen kleinen, scharfen Schrei aus, als Pannewitz ihn behutsam zur Seite zog. »Schon vorbei«, sagte der Zugführer
beruhigend. Luk war nicht sicher, aber ihm war, als ob Pannewitz Benjamin kurz über den Kopf strich.
Dann richtete sich der Zugführer abrupt auf. Unwillig sah er sich um und scheuchte die Jungen zurück an die Arbeit.
Pannewitz beugte sich wieder über Benjamin. Luk hörte, dass der Zugführer leise auf Benjamin einredete, während er ihn abtastete. Arme, Beine, Rücken, Schultern. »Tut da was weh? Hier …?«
Dann entfernte er sich ein paar Schritte und zog sein Handy aus der Hosentasche. Als er telefoniert hatte, kam er zu Luk und Harley herüber, die als Einzige noch da waren. Alle anderen waren wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt.
»Und?«, fragte er knapp.
Harley zeigte auf Luk. »Der war’s«, sagte er.
»War was ?« Pannewitz reagierte genervt. Er schien mit seinen Gedanken noch bei seinem Telefongespräch zu sein.
»Er hat Benni unter den Baum gestoßen. Ich hab’s genau gesehen. Alle haben es gesehen. Er wollte Benni umbringen.«
Pannewitz zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Ach ja? Und sein Motiv?«
»Häh?« Harley guckte verdattert.
»So was macht man doch nicht einfach nur so. Er muss doch einen Grund gehabt haben.«
»Ach so.« Harley hatte sich alles gut zurechtgelegt. »Er hat von den Gerüchten gehört. Dass hier alles anders wird und so. Und dass Benni in seine Gruppe versetzt wird.«
Pannewitz schüttelte ärgerlich den Kopf. »Blödsinn«, meinte er.
Aber so leicht gab Harley nicht auf. »Gucken Sie sich den doch mal genau an, Herr Zugführer. Der ist doch nicht blöd. Der weiß doch sofort, was das für ihn
Weitere Kostenlose Bücher