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Das Camp

Titel: Das Camp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tondern
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dem Kugelschreiber. Er brauchte kaum fünf Minuten für seinen
Bericht. Er fasste sich so knapp wie möglich. Zufällig habe er gesehen, dass Benjamin die Tröte überhört hatte und genau auf die Stelle zuging, an der der Baum runterkrachen würde. Ohne groß nachzudenken, sei er losgerannt und habe versucht, Benjamin zurückzureißen. Leider sei er zu spät gekommen und habe nicht mehr verhindern können, dass Benjamin von einem Ast getroffen und verletzt wurde. Er könne nur hoffen, dass Benjamin sich schnell wieder von seinen Verletzungen erholte.
    Während er das schrieb, ging ihm die ganze Zeit Harley nicht aus dem Kopf. Es war nicht das erste Mal, dass sie Krach miteinander hatten. Luk fiel das Feuerwehrfest ein, nach dem sie sich beinahe geprügelt hätten. Eine Ewigkeit war das her.
    Irgendwo vor der Stadt war auf einer Wiese ein Festplatz aufgebaut worden, mit ausgedienten Sofas, Gartenbänken und Grillbuden. Komasaufen war angesagt. Und irgendwann hatte jemand die Frage aufgebracht, wie sie mit ihrem besoffenen Arsch eigentlich wieder in die Stadt zurückkommen sollten.
    Einen Tag später hatte es in der Zeitung einen empörten Bericht gegeben über einen geklauten Traktor samt Anhänger, der nur anderthalb Kilometer vom Festplatz entfernt in den Graben gefahren worden war.
    »Das waren wir«, hatte Luk gesagt.
    »Quatsch!«, sagte Harley.
    Da glaubte Luk noch, dass der Chief einen Joke machte. »Weißt du das wirklich nicht mehr? Du hast dich ans Steuer gesetzt, den Trecker kurzgeschlossen und bist losgedonnert.«
    Harley hatte ihn wütend angesehen, als ob er gleich auf ihn losgehen würde.
    Luk erinnerte sich, wie schwer es gewesen war, Harley zu
beschwichtigen. »Ist ja schon gut. Ich war auch besoffen. Bestimmt habe ich das alles ganz falsch mitbekommen.«
    »Hast du«, sagte der Chief, in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, dass es sein letztes Wort war zu diesem Thema.
    Und die anderen hatten genickt.
    Genau wie dieses Mal.

23
    Als draußen die Dämmerung einsetzte, schob der Betreuer Benjamin ins Zimmer. Benjamin trug eine Halskrause und hatte den rechten Arm in einer Art Kunststoffgeschirr, das den Unterarm am Körper fixierte.
    »He!« Luk war erleichtert. »Alles wieder okay mit dir?«
    Benjamin drehte sich um, als wollte er wieder gehen. Aber der Betreuer hatte die Tür schon geschlossen.
    Benni warf ihm einen wütenden Blick zu. Er setzte sich auf sein Bett, ließ sich vorsichtig zurücksinken und drehte Luk den Rücken zu.
    »Du kannst ruhig sprechen, ich verpfeif dich nicht«, bot Luk an.
    Benjamin antwortete nicht.
    Vielleicht der Schock, dachte Luk. Aber er wusste, dass es noch was anderes war.
    Als Abendessen gab es diesmal ein Mettwurst- und ein Leberwurstbrot. Luk wartete, ob Benjamin sich rührte. Dann aß er seinen Teller leer und legte sich wieder auf sein Bett.
    »Hab ich dir was getan?«, fragte er.
    Benni schnaubte nur. Wenigstens ein Lebenszeichen.

    »Deine beiden Brote stehen noch auf dem Tisch. Ich sag dir, so was hast du schon lange nicht mehr gegessen.«
    Benni reagierte nicht.
    »Dann kann ich sie ja essen.«
    Benjamin fuhr herum. Sein Gesicht verzerrte sich, als er den Schmerz in der Schulter spürte. Aber er kümmerte sich nicht darum. »Ja, mach doch, du Arschloch. Und lass mich endlich in Ruhe, ja?«
    In dieser Nacht wurde Luk von einem seltsamen Lachen geweckt. Zuerst glaubte er, es gehöre in den verwirrenden Traum, an den er sich schon nicht mehr erinnern konnte. Dann hörte er es wieder. Es kam von dem anderen Bett herüber, und es war kein Lachen, sondern ein Schluchzen.
    »Benni?«
    Das Schluchzen ging in ein leises Wimmern über, so als ließe es sich nicht so einfach abwürgen, dann wurde es still auf der anderen Seite des Raumes.
    Luk wusste nicht, was er machen sollte. Aber er konnte auch nicht einfach liegen bleiben und überhaupt nichts tun. Verdammter Mist, warum brachten sie einem in der Schule nicht bei, wie man sich in einer solchen Situation verhält.
    Dabei wusste er selbst, was er tun musste. Eigentlich war es die einfachste Sache der Welt. Aufstehen, die zwei, drei Schritte zum anderen Bett rübergehen und Benni in den Arm nehmen oder so.
    Warum konnte er das nicht? Warum fühlten sich seine Arme und Beine plötzlich so starr an wie Holzleisten, als hätten sie keine Gelenke mehr? Zum Glück hatte Benjamin sich wieder beruhigt. Wahrscheinlich schlief er längst. Und überhaupt: Hatte er vorhin nicht ausdrücklich gesagt, dass er in Ruhe

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