Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
Luftangriffen auf Deutschland hatte er eine B-17 geflogen. John Ehrlichman war sein Navigator gewesen. Nach dem Krieg waren beide in Verbindung geblieben. Cohen hatte einige Jahre an der Universität von Pennsylvania gelehrt, ehe er zur George Washington gewechselt war. Als Ehrlichman mit der Nixonregierung nach D. C. gekommen war, hatten sich die beiden wiedergesehen und bis zu Cohens Tod im Jahr 1987 eine enge Freundschaft gepflegt.
Milt runzelte die Stirn. Chambers nahm an, dass es eine Verbindung zwischen Cohen und dem auf dem Mond aufgewirbelten Staub geben könnte. Aber es war schwer, festzustellen, welcher Art diese Verbindung sein könnte. Nun ja, wie dem auch sei. Zumindest hatte Milt sein Bestes gegeben. Er rief wieder das Jahrbuch auf und protokollierte die Namen der anderen Angehörigen der Anthropologischen Fakultät. Außerdem die der beiden Doktoranden Cohens aus demselben Jahr. Dann ging er ins Wohnzimmer, holte kaltes Bier für sich und Sheila und setzte sich, um sich mit ihr Erster Sieg anzusehen. Milt liebte John-Wayne-Filme. Diesen hatte er bereits fünf- oder sechsmal gesehen, aber jedes Mal faszinierte Milt der Film aufs Neue.
Abends im Bett und dann wieder am nächsten Morgen las Milt alles, was er über Cohen nur finden konnte. Darunter waren auch einige von Cohens akademischen Schriften, durch die Milt sich hindurchquälen musste. Der Mann hatte nie geheiratet. Er hatte einige unbedeutende Preise gewonnen. War nach Feierabend einmal eingeschritten, um eine junge Frau auf dem Campus vor einem Überfall durch eine Bande Schläger zu bewahren (das hatte ihm eine Verletzung eingetragen, die mit mehreren Stichen genäht werden musste).
Milt schlug die Namen herausragender Anthropologen des letzten halben Jahrhunderts nach. Dann googelte er nach den Fakultätsangehörigen der GWU im Jahr 1975 und den beiden damals frisch Promovierten. Vierundvierzig Jahre waren seitdem vergangen. Doch überraschenderweise war einer der Professoren aus Cohens Zeit immer noch an der American University. Einer der Doktoranden war verstorben, der andere in Georgetown. Beide, den damaligen Professor und den einstigen Doktoranden, rief Milt an und gab sich als Mitarbeiter von Dr. Frank Markaisi aus, der angeblich an einem Buch über die anthropologischen Errungenschaften zum Verständnis der Entwicklung der Zivilisation arbeite. Er sei, so erzählte er den beiden, besonders an der Arbeit von Jack Cohen interessiert. Beide erinnerten sich an Cohen und sagten, ja, natürlich, sie würden sich freuen, Dr. Markaisi zu unterstützen. Milt vereinbarte Termine mit ihnen.
Inga Wilson war Doktorandin gewesen. Inzwischen war sie im Großmutteralter. »Kaum zu glauben, dass das schon so lange her ist«, sagte sie. Milt und sie saßen in ihrem Büro mit Blick auf den Campus. Der Verkehr zog sich träge über die O Street. »Professor Cohen war ein netter Kerl. Hat hart gearbeitet. Wusste, was er tat. Seine Studenten haben ihn geliebt.«
Milt stellte ihr ein paar Fragen über Cohens Interesse an der Entwicklung der Sprachen und seine Arbeit zur Evolution der Religionen, die er sich vorher zurechtgelegt hatte. Dann, ganz spontan, kam er zum Punkt: »Inga, wussten Sie etwas über Cohens Verbindungen zum Weißen Haus?«
Inga war eine stämmige Frau. Groß, beinahe so groß wie Milt. Und erstaunlich muskulös für ihr Alter. In ihren Zügen aber war so gut wie nichts von der hübschen jungen Frau aus dem Jahrbuch verblieben. »Oh ja«, sagte sie. »Er war ein Freund von John Ehrlichman. Zuzusehen, was aus der Regierung geworden ist, war sehr schwer für ihn.«
»So nahe hat er Ehrlichman gestanden?«
»Ja. So sieht es jedenfalls aus. Er hat kein Geheimnis daraus gemacht, dass er der Ansicht war, Nixon und seine Leute seien von der Presse in unfairer Weise verleumdet worden. Das war schon komisch.«
»Warum?«
»Naja, ich weiß nicht. Nun, er war kein Demokrat. Eigentlich war er sogar ziemlich apolitisch. Er hatte Freunde in beiden Parteien.«
»Wie haben Sie von seiner Freundschaft zu Ehrlichman erfahren?«
»Er hat dafür gesorgt, dass John einige Male in die Universität gekommen ist, um vor den Studenten zu sprechen.« Sie lächelte sehnsüchtig. »Ich war schockiert, als der Watergate-Skandal publik wurde. Ich hätte nie gedacht, dass die zu so etwas fähig sind. Zumindest nicht, dass Ehrlichman so etwas tun könnte. Er kam mir immer so anständig vor.«
»Das war sicher nicht leicht zu verkraften.«
»Ihn hat es schwer
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