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Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)

Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)

Titel: Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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nicht nachvollziehen konnte, war er selbst zu einem von ihnen geworden.
    Also spazierte er an diesem Abend durch das Gebäude, sprach mit Technikern, die versuchten, dieses oder jenes Problem zu lösen, weil sie, wie sie behaupteten, nicht schlafen könnten, solange es noch auf ihnen laste. Mit Sicherheitsleuten. Mit Buchhaltern, die ebenfalls länger arbeiteten.
    In der neuen Ruhmeshalle fand eine Gruppenführung statt. Ungefähr zwanzig Personen, die von einer jungen Mitarbeiterin herumgeführt wurden. Sie erzählte von Gus Grissom, Roger Chaffee und Edward White, was Jerry an die Opfer erinnerte, die die Männer und Frauen bei der NASA zu bringen bereit gewesen waren. Das jagte ihm jedes Mal einen kalten Schauer über den Rücken. Ein wenig bedauerte er, Blackstones Angebot ausgeschlagen zu haben. Diese Erkenntnis, die sich regte, als er gerade durch einen Saal schlenderte, der den Helden der NASA gewidmet war, löste Schuldgefühle in ihm aus.
    Vielleicht war es die Mission, die ihn überwältigte, und vielleicht war sie es dann auch, die seine Loyalität verdiente, nicht die Behörde.
    Komisch, dass Schritte bei Nacht viel lauter hallten.
    Jerry hätte gern mit einem der Astronauten des Myshko-Flugs gesprochen. Aber der Kommandant und Brian Peters waren seit mehr als einem Jahrzehnt tot. Myshko war kurz nach der Jahrhundertwende einem Krebsleiden erlegen, und Peters hatte ein paar Jahre später den Kampf gegen Arterien verloren, die Thromben, Blutfette und Kalk verstopften.
    Louie Able war vor vier Monaten bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Er war sechsundachtzig Jahre alt geworden.
    Aber Frank Kirby, der Capcom, lebte noch.
    Der Capcom, kurz für Capsule Communicator, stellte die wesentliche Verbindung vom Boden zu einer laufenden Weltraummission dar. Normalerweise wurde für diese Aufgabe ein Astronaut herangezogen. Man war dabei von der Annahme ausgegangen, dass niemand besser dafür qualifiziert sei, mit eventuellen Problemen im All umzugehen, als jemand, der bereits dort gewesen sei.
    Jerry hatte den Mann kennengelernt, vor ungefähr einem Jahr, als Kirby den Ausflug einer Gruppe von Grundschülern aus Orlando, seinem Wohnort, zur NASA finanziert hatte. Man hatte sich einander lediglich kurz vorgestellt, und Jerry hatte keine Erinnerung mehr an den Mann, abgesehen davon, dass er, umringt von Kindern, recht glücklich gewirkt hatte. Kirby war vor über zwanzig Jahren in den Ruhestand gegangen, war aber offenbar die ganze Zeit in der Gemeinde aktiv gewesen. Er gehörte den Bibliotheksfreunden an; er war führend in dem Bestreben, die Freizeiteinrichtungen für Kinder in der ganzen Stadt zu verbessern; er hatte an einer Kampagne teilgenommen, die sich der Verbesserung von Ampelanlagen zum Schutz blinder Mitbürger verschrieben hatte. Und er engagierte sich als Freiwilliger in einem Frauenhaus.
    Als Jerry den Namen am nächsten Morgen Mary gegenüber erwähnte, sagte sie, ja, sie habe Gelegenheit gehabt, mit Kirby zu sprechen, als er im Space Center gewesen war. »Ein vernünftiger Mann«, sagte sie. »Aber ich hoffe, Sie wollen nicht auf das hinaus, was ich gerade befürchte.«
    »Es wäre einfach interessant«, meinte Jerry, »sich mit ihm zusammenzusetzen und zu reden. Zu hören, was er zu sagen hat.«
    »Ich glaube«, entgegnete sie, »es wäre eine gute Idee, die Finger davon zu lassen. Sollte da irgendwas gewesen sein, dann bezweifle ich, dass Kirby das jemandem erzählen wird, der plötzlich bei ihm auf der Schwelle steht. Lassen Sie es einfach, Jerry!«
    Aber so leicht ließ sich Jerry nicht abwimmeln. »Eigentlich wollte ich vorschlagen, dass wir ihn herholen. Wir könnten ihm eine Art Auszeichnung verleihen. Das wäre auch ein geschickter Public-Relations-Schachzug. Im Grunde hätten wir so etwas schon Vorjahren tun sollen. Jemandem, der mit der NASA in Verbindung steht, für seinen Dienst an der Allgemeinheit auszeichnen, das ist doch was! Wir könnten ihn zu einem großen Festakt mit Mittagessen bitten, bei dem ihm dann ein Preis verliehen wird, und es würde uns so gut wie nichts kosten. Wir gehen durch schwere Zeiten, Mary. So etwas könnte die Öffentlichkeit daran erinnern, welche Art von Menschen hier arbeitet.«
    Jerry und seine Vorgesetzte saßen in deren Büro. Die Jalousien waren zum Schutz vor der Sonne geschlossen. Mary saß einen Moment regungslos da, ehe sie allen Ernstes anfing zu kichern. »Jerry, glauben Sie wirklich, Kirby wäre dumm genug, nicht zu ahnen, worum es

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