Das Cassandra-Projekt: Roman (German Edition)
und zugleich behauptete, Überbevölkerung erschöpfe die natürlichen Ressourcen des Landes. Oder als George der Nation versichert hatte, Grundlagenforschung sei Teil der amerikanischen Identität, nur um gleich darauf die Finanzierung eines weiteren Webb-Teleskops zurückzustellen.
Normalerweise gelang es ihm, solche Schnitzer mit einem Lachen vergessen zu machen. Dauernde Beständigkeit sei nur etwas für Kleingeister und so weiter. Jeder verstand das. Aber diese Sache tat wirklich weh. Dass es dieses Geheimnis gab, damit hatte er nichts zu tun. Daran hätte er nichts ändern können. Er hatte nicht einmal davon wissen können. Nichtsdestoweniger sah er nun doch ziemlich lächerlich aus.
Arthur Stiles von der Late Show kommentierte, dass Historiker kürzlich den Beweis dafür entdeckt hätten, ein Engländer namens Joseph Pettigrew sei der erste Europäer, der je in Amerika angelangt sei. »Beinahe sechzig Jahre vor Columbus«, sagte Stiles und schüttelte in gespieltem Erstaunen den Kopf.
»Herrje, Arthur, wie kommt es«, fragte sein Bandleader, der zugleich als Stichwortgeber fungierte, »dass wir nie davon erfahren haben?«
Stiles zuckte mit den Schultern. »Wie es scheint hat Heinrich V., der war damals König, es irgendwo notiert und dann einfach vergessen.«
»Tja«, meinte der Bandleader, »ich schätze, das kann jedem mal passieren.«
Das Publikum raste.
»Möchtest du einen Kaffee?«, fragte Lyra und erhob sich vom Sofa.
»Bitte. Und ein Donut wäre auch nett.«
Vanessa Hodge von CBS Laie Night amüsierte sich ebenfalls auf Georges Kosten. »Wir haben eine topaktuelle Meldung«, sagte sie. »Das Weiße Haus hat soeben bekannt gegeben, dass die Russen die Bombe haben.«
»Also das«, kommentierte Lyra, »ist mal schlau.«
George nickte. »Wahrscheinlich.«
»George, du musst dringend an deinem Sinn für Humor arbeiten, weißt du das?«
»Ich weiß, Lyra. Und es macht mir nichts aus, Prügel einzustecken, wenn ich es verdient habe. Und manchmal auch dann, wenn ich es nicht verdient habe. Aber diese Sache ist aus dem Nichts entstanden. Was zum Teufel hatte Nixon vor?«
»Außerdem erfahren wir gerade«, sagte Hodge, »dass die Regierung sich keine Sorgen über negative Reaktionen auf die Einfrierung der Gelder für das Webb-Teleskop-Projekt machen muss. Die NASA lässt verlauten, dass sie das Teleskop nicht finden kann.«
»Das Einzige, was irgendeinen Sinn ergibt«, sinnierte George, »ist, dass Myshko und einer seiner Partner, Peters, nehme ich an, unautorisiert gelandet sind. Dass sie einfach die ersten auf dem Mond haben sein wollen. Nixon hat damals sehr unter Druck gestanden; er hatte den Krieg im Nacken. Also ist er in Panik geraten und hat ein Vertuschungsmanöver angeordnet.«
»Und was soll dann der Zweck der zweiten Mission gewesen sein?«
»Die sind runtergegangen und haben die Abstiegsmodule mit irgendeiner Farbe besprüht, sodass sie sich nicht mehr von der Umgebung abhoben, in der Hoffnung, dass sie nicht gefunden würden. Und sie hatten Erfolg.«
»Und was haben die Russen damit zu tun gehabt?«
»Verdammt, wenn ich das wüsste! Die hatten nichts zu verlieren. Wahrscheinlich haben sie irgendeinen Handel geschlossen. Ich schätze, wenn Nixons Kassette hier ist, werden wir es herausfinden.« Überrascht stellte er fest, dass er den Donut bereits gegessen hatte. Er nippte an seinem Kaffee, stellte ihn wieder weg und schaltete auf einen anderen Kanal um.
HBO zeigte die Greta Lee Show. Greta, herrliche dunkle Augen, schwarzes Haar, verlockendes Lächeln, starrte George direkt aus dem Bildschirm entgegen. »Tja«, sagte sie, »wir haben also zwei Missionen zur Rückseite des Monds geschickt, auf der nichts ist als ein riesiger Parkplatz. Wahrscheinlich haben Sie auch schon gehört, dass wir inzwischen künstliches Sperma entwickelt haben. Und da fragen wir uns noch, wo das Geld bleibt!«
George brummte etwas und schaltete auf einen Spielfilmsender um. Bei Casablanca, in seinen Augen vermutlich der beste Film aller Zeiten, blieb er hängen. »Einverstanden?«, fragte er.
»Klar, Babe.«
»Ich frage mich, wie Bogie damit umgegangen wäre.«
Lyra hob ihre Tasse: »Ich seh dir in die Augen, Kleiner.«
Er küsste sie. Fing an, ihre Bluse aufzuknöpfen. Und dann imitierte er Bogart, so gut er nur konnte: »Auf dich, Sweetheart.«
Die Rennmelodie ertönte erneut. »George, sie landen in zwanzig Minuten. Dürften in weniger als einer Stunde hier eintreffen.«
37
»Canaveral hat
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