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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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grenzt eng an die Geburt’.
    Die Eingangshalle des Vergnügungsturms war voller Springbrunnen und unsichtbarer, lauter elektronischer Musik. Eine platinblonde junge Frau, die in goldene Sterne gekleidet war, brachte Jolsons Ballon mit ihrer Pfeife aus Versehen zum Platzen. Bevor sie sich entschuldigen konnte, wurde sie vom Menschenstrom der etwa fünfzig anderen Gäste in der Halle in Richtung Aufzüge mitgerissen.
    Jolsons Ellenbogen verhakte sich in einen rotgoldenen Kranz, dessen scharlachfarbener Flor die Aufschrift ‚Tod, sei nicht stolz’ trug.
    „Ein bißchen mehr Pietät, wenn ich bitten darf!“ sagte der Mann, der den Kranz trug, mit grollender Stimme.
    „Entschuldigung“, sagte Jolson. „Aber auf meinem Heimatplaneten Peregrine legen wir Wert auf strikte Trennung zwischen Vergnügungen und Trauerfeierlichkeiten.“
    „Wenn Sie meine Blumen noch mal durcheinanderbringen, kriegen Sie einen Tritt in den Arsch.“
    Jolson befreite seinen Arm und arbeitete sich in einen anderen Teil der Halle vor. Er kam direkt an einem Aufzug mit goldenen Türen heraus, der zu den Stockwerken zehn bis fünfzehn führte.
    Im überfüllten Aufzug stand ein weiterer Gangster mit einem Kranz. „Ich bin im falschen Aufzug“, sagte er zu Jolson. „Ich spüre schon, wie die Blumen welken, während ich mich verspäte.“
    Jolson drehte sich um und las die Aufschrift. ‚Der Tod fordert seinen Zoll.’
    „Als ich endlich im Blumenladen in unserer Nachbarschaft angelangt war, waren die pietätvollen Gefühle futsch.“
    Bis auf den Gangster mit dem Kranz verließen alle Fahrgäste den Aufzug in der dreizehnten Etage. In dem riesigen mehrstöckigen Spielsaal befanden sich bereits mehrere hundert Leute. Jolson zündete sich eine von seinen schrecklichen Peregrinezigaretten an und schritt eine weich gepolsterte Rampe zu den Bingo-Tischen hinab.
    An dem am nächsten gelegenen verzierten Tisch schoß eine ältere, fleckige Frau hoch und rief: „Bingo!“
    Der weißgekleidete Spielleiter rückte seine randlose Brille von seiner schweißfeuchten Stirn vor die Augen und sah sich die Karte der Frau an. Er schüttelte verneinend den Kopf. Die fleckige Matrone schlug mit der Faust auf ihn ein, und zwei weißgekleidete Rausschmeißer kamen herbeigelaufen. Sie nahmen die Frau in einen komplizierten Armgriff und eilten mit ihr zu den Aufzügen.
    Hinter der Bingo-Abteilung standen zwei Dutzend Leute um einen runden, weißen Tisch. Der Spielleiter führte gerade eine altertümliche ziselierte Pistole an seine Schläfe. „Leer oder geladen?“ fragte er die Gruppe.
    „Leer“, sagte eine hübsche, kurzatmige Brünette. „Fünftausend auf leer.“
    „Geladen, zehntausend“, sagte ein Oberst vom Territorialkommando, der eine grüne Uniform trug.
    „Ich gehe mit“, erwiderte das dunkelhaarige Mädchen.
    „Alle Wetten abgeschlossen?“ fragte der Mann mit der Pistole. Einen Augenblick später drückte er den Abzug. Es gab eine Explosion, und sein halber Kopf wurde abgerissen. Zahnräder und Bolzen klimperten und schepperten über die glänzende weiße Tischplatte und die Wettenden.
    Die Rausschmeißer liefen herbei und schleppten den zerstörten Androiden fort. Sie ersetzten ihn durch einen kleineren, dickeren Roboter. „Leer oder geladen?“ fragte der Androide und hob die Pistole auf.
    Jolson ging an den Tischen vorbei: am Blackjack, Whist, Roulett, Bolastete, Monopoly, Lügenwürfeln, Lotto, Erdpoker, Embotada, Venusischen Keno, Cooncan, Barnumer Chicago und an sieben verschiedenen computerisierten Logikspielen. Er war sich sicher, daß er Jennifer an ihrem spitzfindigen Lächeln und den hohen Backenknochen erkennen würde, auch wenn sie mit einer blonden Perücke verkleidet sein mochte. Doch es war keine Spur von ihr zu entdecken.
    Er wandte sich von einer Reihe Kreditkartenglücksmaschinen ab und lief in den harten Ellenbogen von Nat Hockering. „Huch“, sagte Jolson.
    Der Gehilfe von Nepenthe, Inc. trug einen Frack aus Fastleder, dessen Rücken und Seitenteile mit aus Rheinkieseln zusammengesetzten Blumenmustern geschmückt waren. „He!“ sagte Hockering. Fünf blaue Vinyljetons fielen ihm aus der Hand und versanken im Teppichboden. „Ihr Ausländer seid ganz schön tapsig!“ grunzte er Jolson an.
    „Bitte verzeihen Sie mir“, sagte Jolson. „Auf meinem Heimatplaneten Peregrine entschuldigen wir uns immer, ob wir nun Schuld haben oder nicht.“
    Hockering musterte Jolsons neues Gesicht ein paar Sekunden lang, dann beugte

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