Das Chamäleon-Korps
weißen Federn. Er erblickte Jolson und hörte auf, zu springen und „Huhup!“ zu rufen.
„Is’n das für ’n Trollo?“
„Heiße Kiste!“ Bruder Pinyon wedelte aufgeregt mit seinen dicken Händen in der Luft herum und zeigte dann auf Jolson.
„Ein Glück, daß du bei Prozessionen was taugst, Pinyon“, sagte Häuptling Nackter Tanz. „Sonst würde ich dir was auf deinen fetten Arsch geben. Und jetzt soll mir mal jemand sagen, wer dieser Mann hier ist.“
„Bruder Pinyon will sagen, daß dies Tunky Nesper ist und daß er einen Ruf erhalten hat.“
„Wir haben ihn nicht angerufen“, sagte der Häuptling.
„Einen religiösen Ruf. Sie wissen doch, wie bei einer Berufung.“
Häuptling Nackter Tanz rieb sich seinen flachen Bauch, der mit einem blauen Farbkreis geschmückt war. „Ohne Flachs?“
„Er ist ein echter Bekehrter und steht voll zu deiner Sache“, sagte Bruder Arlow. „Dieser menschlichen heißen Kiste dort zufolge ist er ein berühmter Folksänger.“
„Tunky Nesper? Tunky Nesper?“ Der Häuptling tanzte gedankenverloren einen kleinen Kreis um Jolson herum. „Ja, das ist doch der Trollo, dessen Musik sie da unten in der NS 26 immer abspielen. Das Zeug, das wir immer über unsere Mikros und Wanzen zu hören bekommen.“
„Genau der“, sagte Bruder Whilom. „Erinnerst du dich noch, wie du immer mit deinem Mokassin den Rhythmus geklopft hast, als wir letzte Woche die Transskripte von unseren versteckten Mikrophonen vorbereitet haben?“
„Das ist doch der Typ, der den Das-Dach-flog-mir-im-Tornado-weg-und-erschlug-meine-Kuh-Blues verzapft hat, nicht?“ Der Häuptling legte Jolson seine rotgestreiften Hände auf die Schultern. „Kannst du auch religiöses Zeug singen? Weiß er, worum es bei uns geht?“
„Wir waren gerade dabei, ihm die Grundlagen deines Glaubensbekenntnisses zu erklären, als du mit dem Geheul angefangen hast“, sagte Bruder Whilom.
„Na und, kannst du?“
Jolson sagte ihm: „Schätze, wenn der Herr das Samenkorn gepflanzt hat, dann wird er auch dafür Sorge tragen, daß es gedeiht.“
„Wovon redet er denn jetzt?“
„Ländliches Zeug. Alle Scheißestampfer reden so.“
„So’n Kram verstehen die hier im SZ Nr. 1 nicht. Ich mußte ja sogar ein paar meiner besten mechanischen Parabeln noch vereinfachen. Möpse verstehen sie, aber nicht Samenkörner und Gedeihen. Ihr müßt diesem Trollo wohl ein paar Stadtmanieren beibringen.“ Er packte Jolson erneut an. „Tunky, es freut mich, daß der Herr dich zu mir schickt. Wir werden dich schon heute abend in unserer Show einsetzen. Bis dahin wirst du mit den Brüdern arbeiten. Schustert ein paar neue Spirituals zusammen. Okay?“
„Es wird mir ein Vergnügen sein“, sagte Jolson. „Mann, ich fühle mich so glücklich wie die Wühlmaus, die im Maislager eingesperrt wurde.“
„Hör auf mit dem Kram!“
Bruder Wilson sagte: „Moment mal, Häuptling. Vielleicht ist es ganz gut, wenn er sehr rustikal bleibt. Vergiß nicht, daß diese Leute in der NS 26 nicht die einzigen Fans sind, die Tunky Nesper hat. Es gibt wahrscheinlich eine ganze Menge Leute hier, die ihn mögen. Sie brauchen gar nicht zu verstehen, was er sagt. Hauptsache, es klingt hübsch und echt.“
„Möglich“, meinte Häuptling Nackter Tanz.
„Das ist immer noch besser als Möpse und Muschis“, sagte Bruder Arlow.
„Okay, Tunky, bleib rustikal.“ Der Häuptling ließ ihn los und tanzte vorgebeugt zum Tisch hinüber. „Was müssen wir denn noch alles für’n Schrott erledigen?“
„Die Cocktailparty bei Tex“, sagte Bruder Hay. „Dafür brauchst du eine Predigt.“
„Muß das sein?“
„Du hast ihnen versprochen, dort heute abend vorbeizuschauen, bevor du ins Auditorium gehst.“
„Um wieviel Uhr ist das denn?“
„Zwischen fünf und
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