Das Chamäleon-Korps
Wahl.“
„Sie plündern Friedhöfe, nicht?“
„Ja“, sagte Nadia und musterte ihn argwöhnisch. „Habe ich da in Ihren Augen einen Hauch von Mißbilligung wahrgenommen?“
„Nein“, sagte Jolson, „ich bin selbst aus dem Randbezirk. Ich habe nichts gegen euch.“
Nadia lächelte. „Dieses bemalte Fenster habe ich selbst gemopst. Sind echte Halbedelsteine drin.“
Draußen schepperte Metall. Ein großer breitschultriger Mann in einem grünen Umhang sprang in die Krypta hinab. Er hatte ergrautes blondes Haar, das ihm bis zum Unterkiefer herabhing, und einen verfilzten Schnurrbart. Als er unten einen Sack auf die Konsole der Maschine stellte, begann dieser zu surren und spielte ein Stück einer computerkomponierten Hymne. Der Sack war mit altmodischen Sprachuhren aus Gold und Silber gefüllt. „Lemon und ich haben das hier kurz vor Sonnenaufgang dort gefunden, wo man die Mitglieder dieser Sekte begräbt. Diese Leute, die daran glauben, daß sie ihre Uhren anlassen müssen. Wir haben zwanzig Stück von den verdammten Dingern erwischt.“
„Das ist ja phantastisch, Trevor!“ sagte das Mädchen. „Will hier hat mir gerade gesagt, daß er ganz wild darauf ist, bei uns mitzumachen.“
Trevors Grinsen nahm nur die linke Hälfte seines gebräunten Gesichts in Anspruch. „Läufst du vor irgendwelchen Schwierigkeiten im Randbezirk weg?“ fragte er Jolson.
„Die Wohlfahrtspatrouille sucht mich – das Simulationsbüro, du weißt schon.“
„Mein Mitgefühl!“ sagte Trevor. „Nadia, such ein Messer und schneide Will frei.“ Er begann damit, die Krypta zu durchstöbern, und stocherte in Beutehaufen und Papierstapeln herum. „Wo sind denn die Antragsformulare?“
Nadia holte ein batteriegetriebenes Tranchiermesser aus ihrem Ausschnitt und schnitt Jolson los. „Oben auf den haltbaren Kränzen, Trevor.“
„Da habe ich schon nachgesehen.“
Trevor setzte sich auf einen glatten Elfenbeingrabstein. „Ich werde dir unsere Operationsweise erklären, Will. Wir arbeiten wie Guerilleros, leben vom Land und von den Leuten, wann immer es möglich ist. Wir wechseln ständig unsere Stützpunkte. Manchmal leben wir in Gräbern und Krypten, manchmal auch in den Zierwäldern zwischen den einzelnen Friedhöfen. Was deine Bezahlung angeht, so würdest du am Anfang etwa zweihundert die Woche bei uns bekommen.“
„Da habe ich im Randbezirk aber mehr gemacht“, sagte Jolson und rieb sich seine Handgelenke.
„Hier gibt es aber auch keine Wohlfahrtspatrouille, über die man sich Sorgen zu machen brauchte“, sagte Trevor. „Nur die Friedhofspolizei, und mit der kommen wir schon klar. Aber du mußt ja auch nicht bei uns mitmachen, Will. Wir können dich auch schlafen legen und in einen Sarg packen. Ich brauche aber schon einen zweiten Gehilfen, deshalb bin ich auch so hartnäckig.“
„Er will aber doch beitreten“, sagte Nadia. Sie berührte warnend Jolsons Knie und schnitt ihm schließlich die letzten Fußfesseln durch.
„Klar“, sagte Jolson.
„Ich habe früher auf Barnum im Marketing gearbeitet“, sagte Trevor. „Obwohl es nicht ganz dasselbe ist, ein Leichenfledderer zu sein, versuche ich trotzdem, meinen Betrieb professionell zu leiten. Ich habe Aufnahmeformulare für Leute, die mitmachen möchten, und ich führe auch Buch und lege Akten an.“
„Und wenn die Friedhofspolizei die entdeckt?“ fragte Jolson.
Trevor grinste. „Mit der komme ich schon klar, Will“, sagte er. „Außerdem arbeiten im Augenblick sowieso nur zwei Leute für mich. Die Akten von zwei Leuten kann man verkleinern und ganz gut verstecken.“
Jolson rieb sich die tauben Handgelenke und stampfte mit den Füßen auf dem Boden auf, um seinen Kreislauf wieder
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