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Das Chamäleon-Korps

Das Chamäleon-Korps

Titel: Das Chamäleon-Korps Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Goulart
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des Fens­ters, das ei­ni­ge öku­me­ni­sche re­li­gi­öse Sze­nen zeig­te.
    Als Jol­son die di­cken Fin­ger an den Rän­dern des Fens­ters er­blick­te, frag­te er: „Ge­hö­ren Sie zu den Leu­ten, die mich ein­ge­tü­tet und in die­sem Grab­ge­wöl­be fest­ge­bun­den ha­ben?“
    „Ich muß erst mal das Ding hier ab­stel­len.“ Ein dickes Mäd­chen in ei­nem pas­tell­ge­blüm­ten Kleid im Zelt­de­sign stell­te das Fens­ter an ei­ner stau­bi­gen elek­tro­ni­schen Heim­mu­sik­an­la­ge ab. Ihr kas­ta­ni­en­far­be­nes Haar war lang und hing of­fen her­ab.
    „Woh­nen Sie hier?“ frag­te Jol­son sie.
    Das Mäd­chen kratz­te sich an ih­rem di­cken, nack­ten Fuß­knö­chel. „Ja. Ich has­se Haus­ar­beit, des­we­gen sieht es hier ein biß­chen durch­ein­an­der aus. Fin­den Sie, daß es ein schlech­ter Zug bei ei­ner Frau ist, wenn Sie nicht ger­ne putzt?“
    „Ich ha­be noch nie je­man­den ken­nen­ge­lernt, der in ei­ner Kryp­ta wohnt“, sag­te Jol­son. „Des­we­gen ha­be ich auch kei­ne vor­ge­fer­tig­ten Mei­nun­gen da­zu.“
    „Als ich noch im Rand­be­zirk wohn­te, war ich auch nicht an­ders“, sag­te das Mäd­chen. Sie schritt durch den voll­ge­stopf­ten Raum und zerr­te an Jol­sons ge­fes­sel­ten Fü­ßen, so daß er her­ab­fiel. Be­vor er zu Bo­den stürz­te, fing sie ihn un­ter den Ar­men auf und lehn­te ihn ge­gen das Mi­kro­film­le­se­ge­rät. „Mein Na­me ist Na­dia Lan­zer, und ich wie­ge fast vier­zig Pfund zu­viel für mei­ne Kör­per­grö­ße. Stört Sie das?“
    „Was mich stört ist al­lein die Tat­sa­che, daß ich an Hän­den und Fü­ßen ge­fes­selt in ei­nem Grab­ge­wöl­be bin“, sag­te Jol­son. „Ha­ben mich Ih­re Leu­te aus mei­nem Bo­den­kreu­zer ge­zerrt und mir eins über den Kopf ge­ge­ben?“
    Na­di­as run­de Wan­gen wa­ren von der fri­schen Mor­gen­luft drau­ßen ge­rötet, und sie rieb sie mit ei­ner Hand. „Sie sind auch jün­ger als ich. Gu­te acht Jah­re, schät­ze ich. Mö­gen Sie rei­fe Frau­en? Rei­fe, ge­kop­pelt mit Ge­wichts­pro­ble­men?“
    Jol­son er­in­ner­te sich dar­an, daß er im­mer noch in sei­ner Will-Rox­bu­ry-Pha­se war. „Könn­ten Sie mich viel­leicht los­bin­den, be­vor wir uns un­ter­hal­ten?“
    „Da­zu ha­be ich nicht die Be­fug­nis“, sag­te sie und rück­te ein we­nig von ihm ab. „Ich kann so­gar da­für ge­ta­delt wer­den, daß ich Sie vom Re­gal her­un­ter­ge­holt ha­be. Was hal­ten Sie von Frau­en, die für einen Mann et­was ris­kie­ren?“
    „Wer ist denn hier der Chef?“ frag­te Jol­son.
    „Tre­vor“, sag­te das di­cke Mäd­chen. „Ich kann bes­ser ko­chen als put­zen. Es ist völ­lig in Ord­nung, wenn ich Ih­nen Früh­stück ma­che. Ich fin­de das sehr weib­lich, Früh­stück für einen Mann zu ma­chen.“
    „Tre­vor?“
    „Tre­vor Ma­cy“, sag­te Na­dia. Sie nahm ein Pa­ket selbs­t­er­wär­me­n­den Ha­fer­brei von ei­nem Bo­den­sarg und hielt es Jol­son hin. „Ich le­be schon seit fast zwei Jah­ren mit ihm zu­sam­men. Mö­gen Sie Ha­fer­brei?“
    „Ich früh­stücke meis­tens nicht“, sag­te Jol­son. „Warum hat Ma­cy mich ge­kascht?“
    „Nen­nen Sie ihn Tre­vor“, sag­te Na­dia. „Er ist ei­ner von den Leu­ten, die man beim Vor­na­men nennt. Man­che Leu­te se­hen aus wie ihr Fa­mi­li­enna­me und an­de­re wie ihr Vor­na­me. Er ist ein Vor­na­men-Typ. Tre­vor.“
    „Aber warum hat er mich hier­her­ge­bracht?“
    „Sie sind durch die­ses Ge­biet ge­fah­ren“, sag­te das di­cke Mäd­chen, „und zwar nachts. Das tun nur sehr we­ni­ge Leu­te, au­ßer sie ge­hö­ren zur Po­li­zei oder so. Wie die Fried­hofspa­trouil­le, vor der wir uns im­mer in acht neh­men müs­sen. Als Ihr Kreu­zer dort hielt, wo er ge­ra­de ar­bei­te­te, dach­te Tre­vor, daß Sie ein Spi­on sein müß­ten. Wenn Sie nach Po­li­zei aus­ge­se­hen hät­ten, hät­te er Sie auf der Stel­le ge­tö­tet. Das tun Sie aber wohl nicht, al­so hat Tre­vor Sie her­ge­bracht, wahr­schein­lich, um Sie da­zu auf­zu­for­dern mitz­u­ma­chen.“
    „Ich wür­de lie­ber Wei­ter­rei­sen.“
    „Ver­su­chen Sie bloß nicht, sich mit Tre­vor dar­über zu strei­ten“, sag­te Na­dia. „Denn Sie ha­ben kaum ei­ne

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