Das Chamäleon-Korps
des Fensters, das einige ökumenische religiöse Szenen zeigte.
Als Jolson die dicken Finger an den Rändern des Fensters erblickte, fragte er: „Gehören Sie zu den Leuten, die mich eingetütet und in diesem Grabgewölbe festgebunden haben?“
„Ich muß erst mal das Ding hier abstellen.“ Ein dickes Mädchen in einem pastellgeblümten Kleid im Zeltdesign stellte das Fenster an einer staubigen elektronischen Heimmusikanlage ab. Ihr kastanienfarbenes Haar war lang und hing offen herab.
„Wohnen Sie hier?“ fragte Jolson sie.
Das Mädchen kratzte sich an ihrem dicken, nackten Fußknöchel. „Ja. Ich hasse Hausarbeit, deswegen sieht es hier ein bißchen durcheinander aus. Finden Sie, daß es ein schlechter Zug bei einer Frau ist, wenn Sie nicht gerne putzt?“
„Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der in einer Krypta wohnt“, sagte Jolson. „Deswegen habe ich auch keine vorgefertigten Meinungen dazu.“
„Als ich noch im Randbezirk wohnte, war ich auch nicht anders“, sagte das Mädchen. Sie schritt durch den vollgestopften Raum und zerrte an Jolsons gefesselten Füßen, so daß er herabfiel. Bevor er zu Boden stürzte, fing sie ihn unter den Armen auf und lehnte ihn gegen das Mikrofilmlesegerät. „Mein Name ist Nadia Lanzer, und ich wiege fast vierzig Pfund zuviel für meine Körpergröße. Stört Sie das?“
„Was mich stört ist allein die Tatsache, daß ich an Händen und Füßen gefesselt in einem Grabgewölbe bin“, sagte Jolson. „Haben mich Ihre Leute aus meinem Bodenkreuzer gezerrt und mir eins über den Kopf gegeben?“
Nadias runde Wangen waren von der frischen Morgenluft draußen gerötet, und sie rieb sie mit einer Hand. „Sie sind auch jünger als ich. Gute acht Jahre, schätze ich. Mögen Sie reife Frauen? Reife, gekoppelt mit Gewichtsproblemen?“
Jolson erinnerte sich daran, daß er immer noch in seiner Will-Roxbury-Phase war. „Könnten Sie mich vielleicht losbinden, bevor wir uns unterhalten?“
„Dazu habe ich nicht die Befugnis“, sagte sie und rückte ein wenig von ihm ab. „Ich kann sogar dafür getadelt werden, daß ich Sie vom Regal heruntergeholt habe. Was halten Sie von Frauen, die für einen Mann etwas riskieren?“
„Wer ist denn hier der Chef?“ fragte Jolson.
„Trevor“, sagte das dicke Mädchen. „Ich kann besser kochen als putzen. Es ist völlig in Ordnung, wenn ich Ihnen Frühstück mache. Ich finde das sehr weiblich, Frühstück für einen Mann zu machen.“
„Trevor?“
„Trevor Macy“, sagte Nadia. Sie nahm ein Paket selbsterwärmenden Haferbrei von einem Bodensarg und hielt es Jolson hin. „Ich lebe schon seit fast zwei Jahren mit ihm zusammen. Mögen Sie Haferbrei?“
„Ich frühstücke meistens nicht“, sagte Jolson. „Warum hat Macy mich gekascht?“
„Nennen Sie ihn Trevor“, sagte Nadia. „Er ist einer von den Leuten, die man beim Vornamen nennt. Manche Leute sehen aus wie ihr Familienname und andere wie ihr Vorname. Er ist ein Vornamen-Typ. Trevor.“
„Aber warum hat er mich hierhergebracht?“
„Sie sind durch dieses Gebiet gefahren“, sagte das dicke Mädchen, „und zwar nachts. Das tun nur sehr wenige Leute, außer sie gehören zur Polizei oder so. Wie die Friedhofspatrouille, vor der wir uns immer in acht nehmen müssen. Als Ihr Kreuzer dort hielt, wo er gerade arbeitete, dachte Trevor, daß Sie ein Spion sein müßten. Wenn Sie nach Polizei ausgesehen hätten, hätte er Sie auf der Stelle getötet. Das tun Sie aber wohl nicht, also hat Trevor Sie hergebracht, wahrscheinlich, um Sie dazu aufzufordern mitzumachen.“
„Ich würde lieber Weiterreisen.“
„Versuchen Sie bloß nicht, sich mit Trevor darüber zu streiten“, sagte Nadia. „Denn Sie haben kaum eine
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