Das Chaos-Casino
gewöhnt, und die Teampartner waren mehr als Freunde geworden. Den Legionären mitzuteilen, daß die Teams auseinandergerissen würden, war angesichts der anderen schlechten Nachrichten gleichbedeutend damit, von ihnen zu verlangen, daß sie sich die Arme abhackten.
»Hören Sie«, sagte er und bemühte sich nicht einmal, das Bedauern aus seiner Stimme fernzuhalten. »Ich weiß, daß das viel verlangt ist ... und ich erwarte von Ihnen nicht, daß es Ihnen gefällt. Um die Wahrheit zu sagen, mir gefällt es auch nicht besonders. Dennoch, es ist die einzige Möglichkeit ... wenn wir bei diesem Auftrag auch nur die geringste Erfolgschance haben wollen. Ich zumindest möchte die Sache zumindest versuchen, bevor wir die weiße Fahne hissen.«
Langsam ließ er den Blick über die versammelte Kompanie schweifen; dann seufzte er und nahm wieder Haltung an.
»Nun, das ist erst einmal das grobe Gerüst ... bitter und süß. Wie ich schon sagte, es müssen noch sehr viele Einzelheiten ausgearbeitet werden. Denken Sie darüber nach ... Besprechen Sie es miteinander. Wenn irgend jemand von Ihnen sich freiwillig melden möchte, ich bin in meinem Büro. Das war’s fürs erste.«
Und mit diesen Worten verließ er in einem hastigen, aber ehrenvollen Rückzug die Versammlung.
Kapitel 3
Tagebucheintrag #174
Es schien, daß wenn mein Arbeitgeber die Reaktion seiner Legionäre auf seinen Plan auch gründlich unterschätzt hatte, er ebenso gründlich die unbeirrbare Loyalität unterschätzte, die sie ihm entgegenbrachten ... Eine Loyalität, die, wie ich hinzufügen darf, unentwegt größer zu werden schien.
Sollte der geneigte Leser den Eindruck haben, daß diese Berichte alle mit scheinbar endlosen Sitzungsreihen und Gruppen- wie Einzelversammlungen beginnen, so kann ich dagegen nur einwenden, daß dies der besondere Handhabungsstil meines Arbeitgebers ist. Wann immer möglich, zieht er es vor, sich mit jenen zu beraten, die bei ihm angestellt sind oder unter seinem Befehl stehen, sowohl um sie zu informieren wie auch, um ihre Reaktionen auf seine Pläne kennenzulernen. Tatsächlich habe ich den geneigten Leser eher mit der Langeweile der Zusammenkünfte und Diskussionen verschont, die er wöchentlich und manchmal auch täglich mit Legionären veranstaltete, indem ich sie in diesen Tagebuchaufzeichnungen ausließ. Doch jene Gespräche, die entscheidend wichtige Ereignisse beeinflußten, müssen um der Vollständigkeit meines Berichts willen Erwähnung finden.
Zudem sollte ich wohl anmerken - wie nach Lektüre dieses Abschnitts auch deutlich werden dürfte -, daß ich zwar nach wie vor nur einen individuellen Arbeitsvertrag mit meinem Arbeitgeber und nicht mir der Weltraumlegion habe, im Zuge dieses Auftrags jedoch eine über das normale Maß hinausreichende Rolle spielte.
Beeker hob fragend eine Augenbraue, als Narrisch ins Büro stürmte.
»Schwierige Versammlung, Sir?«
»Schwierig?« fauchte Narrisch. »Wie wär’s mit der Umschreibung >offene Revolte«
»Ehrlich gesagt, Sir, klingt es unglaublich«, antwortete der Butler und zog es vor, den rhetorischen Charakter der Frage seines Arbeitgebers zu ignorieren. »Wenn Ihre Soldaten auch hin und wieder unglücklich über Ihre Befehle sein mögen, so bezweifele ich doch ernsthaft, daß Sie jemals Ihre Position als Befehlshaber in Frage stellen würden. Ihr Respekt Ihnen gegenüber grenzt schon an Ehrfurcht.«
Narrisch atmete tief ein; dann stieß er die Luft aus.
»Das stimmt«, sagte er. »Aber unglücklich waren sie.«
»Verzeihen Sie meine Frage, Sir«, fuhr Beeker gnadenlos fort, »aber war es nicht das, was Sie erwarteten? In Anbetracht der Anstrengungen, die Sie unternommen haben, um innerhalb der Kompanie Kameradschaft und Familiensinn aufzubauen, scheint es mir nur natürlich, wenn die Leute schockiert und panisch reagieren ... angesichts eines Auftrags der von ihnen verlangt, sich voneinander zu trennen.«
Narrischs Miene verzog sich gegen seinen Willen zu einem schiefen Grinsen, als er seinen Butler mit schräggelegtem Kopf musterte.
»Willst du mir damit sagen, daß ich zu gute Arbeit geleistet habe, Beek?«
»Nicht ausdrücklich, Sir«, erwiderte der Butler tonlos. »Ich möchte damit lediglich meinen Ratschlag zum Ausdruck bringen, daß Sie weiterhin Ihre Arbeit tun sollten. Im Augenblick bedarf Ihre Kompanie eines Führers, der entschlossen seine Entscheidungen trifft, wie unangenehm sie auch sein mögen ... und keines überempfindlichen Anfängers, der
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