Das Chaos-Casino
will dir was sagen, Bruder, halt dich dort von einem Schuppen namens Oase fern. Hast du gehört? Ist schon schlimm genug, dein Geld dort zu verlieren, wo sie die ganze Zeit rumlächeln und dich >Sir< nennen, während sie deine Chips abgreifen. In der Oase hängen wirklich miese Typen rum. Das ist mehr Ärger, als sich unsereins leisten kann.«
Beiläufiges Nachhaken hatte zwar keine weiteren Einzelheiten hervorgebracht, da der Mann augenscheinlich nur Gerüchte weitergab, ohne eigene Erfahrungen aus erster Hand gemacht zu haben. Dennoch hatte er Harry damit mitgeteilt, was er wissen mußte.
Als er sein Rad vor dem Gebäude parkte und durch die Tür trat, schien die Oase durchaus harmlos auszusehen. Tatsächlich schien der Schuppen doch um einige Klassen besser zu sein als die Durchschnittskneipe an der Ecke. Das Aussehen entmutigte Harry nicht etwa, sondern beflügelte ihn eher. Nur in Holofilmen sahen die Verbrecherschuppen wie Opiumhöhlen in schlechten Comicstrips aus. Im wirklichen Leben verfügten die Leute, die auf der ungesetzlichen Seite der Straße arbeiteten, über genug Geld und zogen es vor, zum Essen und zum Trinken in einigermaßen gehobener Umgebung auszugehen.
»Eins vom Faß«, sagte er und schlüpfte auf einen Barhocker.
Der Barkeeper zögerte, ließ einen abschätzenden Blick über Harrys Kleidung schweifen, bis der verkleidete Legionär einen dicken Packen Banknoten aus der Tasche zog, eine davon abpellte und sie beiläufig auf die Theke warf. Der Geldschein war groß genug, um an den meisten Orten der Galaxis aufzufallen, aber das hier war Loreley, wo Spieler es oft vorzogen, ihre Einsätze in bar zu tätigen, und so beachtete der Barkeeper den Schein kaum, bevor er losging, um das Getränk zu holen.
Dann erschien das Bier, und im selben Augenblick verschwand auch der Geldschein, dem kurz darauf ein Stapel kleinerer Geldscheine und Kleingeld folgte. Sorgfältig löste Harry einen der Scheine vom Rest, den er wieder in der Tasche verstaute, um ihn als Trinkgeld auf die Theke zu legen. Der Köder wirkte. Der Barmann erschien aufs neue, um die Beute zu beanspruchen.
»Entschuldigung, guter Mann«, sagte Harry in langgezogenem Tonfall, bevor der andere sich wieder zurückziehen konnte. »Wollte nur mal fragen, ob du mir vielleicht aushelfen könntest.«
»Kommt drauf an, was du brauchst«, erwiderte der Barkeeper mit mißtrauischem Blick, blieb aber stehen.
Mit einer langsamen Bewegung zog Harry eine Armbanduhr aus seiner Tasche und legte sie behutsam auf die Theke.
»Wieviel kannst du mir dafür geben?«
Der Mann ließ seinen Blick schnell durch die Bar schweifen; dann nahm er die Uhr und untersuchte sie von vorne und hinten.
»Die kommt von außerhalb der Station, richtig?« fragte er.
»Macht das ’n Unterschied?«
Der Barkeeper musterte ihn mit hartem Blick.
»Ja, das tut es«, sagte er und tippte mit dem Finger auf die Gravur des Rückendeckels. »Ich nehme mal an, daß du nicht Kapitän Anderson oder seine dankbare Mannschaft bist. Wenn du das Ding hier auf Loreley geklaut haben solltest, dann halte ich jetzt ’ne Menge Ärger in den Händen. Hier oben schlagen sie bei Taschendieben und Straßenräubern ziemlich hart zu - ist schlecht für den Tourismus.«
Harry hob beide Hände mit gespreizten Fingern wie ein Bühnenzauberer, dem jemand gerade vorgeworfen hatte, beim Kartenspiel zu betrügen.
»Der Kapitän hat das gute Stück vor unserem letzten Halt verlegt«, erklärte er, »und hat ungefähr zwei Tage danach aufgehört, deswegen rumzufragen. Inzwischen dürften er und sein Schiff wieder heil unterwegs sein. Wenn auch nur die leiseste Möglichkeit bestünde, daß er noch nach der Uhr Ausschau hält, würde ich das Ding nicht so rumzeigen.«
Der Barkeeper betrachtete erneut die Uhr.
»Ich will dir was sagen«, meinte er schließlich. »Dafür gebe ich dir zwanzig.«
Harry ruckte auf seinem Barschemel zurück, als hätte der Mann ihm einen Hieb verpaßt.
»Zwanzig?« wiederholte er. »’tschuldigung, aber das ist wirklich ’ne reichlich üppige Spanne. Ich hab ja gewußt, daß ich mit nicht mehr als eins zu zehn rechnen kann, weil ich eben neu hier bin und so weiter, aber das ist ja kaum eins zu hundert!«
»Wie du willst.« Der Barkeeper zuckte die Schultern und legte die Uhr wieder zurück. »Dann behalte das Ding, wenn du glaubst, daß du ein besseres Angebot bekommst. Aber ich will dir auch mal was zeigen.«
Er duckte sich unter die Theke; dann erhob er sich
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