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Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Titel: Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Nürnberger
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wenigstens von den eigenen Grenzen fernzuhalten. Also wird es auch ihm gelingen.
    Er kann nicht ahnen, dass auch sein Weltreich, wie alle Weltreiche davor und danach, dem Untergang geweiht ist. Er kann sich nicht vorstellen, dass die Griechen, mit denen man Handel treibt, zu einer Gefahr für Ägypten heranwachsen könnten. Er weiß noch nichts von den Römern, nichts von den barbarischen Germanen, die sich nördlich der Alpen in den Wäldern herumtreiben und selber noch nicht ahnen, dass sie einst ein anderes Weltreich liquidieren werden.
    Und schon gar nicht vermag er zu erkennen, dass mitten in seinem Imperium ein revolutionäres Volk heranwächst, das Ägypten und alle späteren Imperien überdauern und mit seiner radikal neuen Sicht der Wirklichkeit die ganze Welt bis zum heutigen Tage verändern wird. Der Pharao weiß nur: Der Kult, das Bauen, die Verewigung durch Versteinerung darf nicht aufhören, muss immer weitergehen. Nur so, glaubt er, glauben alle, kann das Reich von Dauer sein.
    Fast das gesamte einfache Volk wird für dieses endlose Bauen zwangsverpflichtet. Den königlichen Schriftführern und Chronisten sind diese «Bausoldaten» keine Zeile wert. Der Einzelne in dieser Masse ist für die herrschende Oberschicht nichts weiter als Arbeitstier und Zugvieh.
    Das Zugvieh aber begehrt nicht auf, verbindet sein Schicksal mit dem seines Herrn, denn beide leben vom Nil und von der Sonne, von den Kräften des Wachstums und der Fortpflanzung. Die ewige Wiederkehr des Gleichen wird als natürlicher Lauf der Welt empfunden. Und: Es gibt kein Entrinnen. Die Supermacht Ägypten ist perfekt organisiert. Niemand kommt ungehindert ins Land hinein, niemand ungehindert hinaus. Flucht wäre Selbstmord.
    Auch Nomaden, die in Trockenzeiten mit ihren Herden legal auf ägyptisches Hoheitsgebiet ziehen dürfen, können zwangsrekrutiert werden. Dieses Schicksal war vermutlich den Vorfahren Israels beschieden. Es gibt einen alten Text, in dem ein Grenzbeamter meldet, dass er Beduinenstämme aus Edom ins östliche Delta hineingelassen habe, um sie und ihr Vieh am Leben zu halten. So etwas kam öfter vor, und irgendwann im Verlauf der ägyptischen Geschichte, vielleicht ein paar hundert Jahre vor dem Bau von Ramses und Pitom, muss unter diesen Beduinenstämmen auch eine Gruppe gewesen sein, die später von sich behauptete, von Abraham, Isaak und Jakob abzustammen.
    Vom Glanz Ägyptens, seiner Kunst, Kultur und Wissenschaft, erzählte diese Gruppe, als sie dem Pharaonenreich entkommen war, nie etwas. Darum erfahren wir auch in der Bibel nichts davon. Ägypten war für die Steineklopfer immer nur «das Sklavenhaus». Auf ihren Rücken, ihren geschundenen Knochen wurde diese Hochkultur errichtet. Das ist es, was die Israeliten als Erinnerung aus Ägypten mitnehmen.
    Während ihres Aufenthaltes in Ägypten sind sie in dem bunten Gewimmel aus Ägyptern, Nomaden, Fronarbeitern, Sklaven und Kriegsgefangenen nicht weiter aufgefallen. Jedenfalls haben wir so gut wie keine schriftlichen Zeugnisse darüber.
    So entging den königlichen Geschichtsschreibern, dass es innerhalb der großen Gruppe der Habiru eine kleinere Gruppe gab, deren Mitglieder sich merkwürdige Geschichten von einem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs erzählten. Es entging ihnen, dass sich in dieser Gruppe so etwas wie rebellische Kritik an dem gigantischen Unsinn des ägyptischen Totenkults und der Menschenschinderei entzündete. Es entging ihnen, wie einige ihrer Knechte die scheinbar gottgewollte Ordnung von Oben und Unten in Frage zu stellen begannen. Es entging den vornehmverknöcherten Lakaien der versteinerten Supermacht, wie in ihrem geschlossenen Wahnsystem eine welterschütternde, revolutionär neue Idee geboren wurde: Freiheit!

EXODUS: GOTTES REVOLUTION
    Die biblischen Erzähler müssen nun erklären, wie es kam, dass ihre Vorfahren in Israel versklavt wurden, nachdem sie doch als Einwanderer von Josef nach Ägypten geholt, dort vom Pharao freundlich aufgenommen und in Gosen als freie Bürger komfortabel untergebracht worden waren. Und ihre Erklärung lautet: Josefs Nachkommen sind im Lauf der Jahrhunderte zu einem starken Volk herangewachsen in Ägypten. 430 Jahre danach weiß der amtierende Herrscher nichts mehr von Josef, sieht aber, dass da in seinem Reich ein fremdes Volk heranwächst, das ihm gefährlich werden könnte.
    Daher zwingt er das Volk in die Fronarbeit. Es soll die Königsstädte Pitom und Ramses bauen  13 . Aber je mehr sie das Volk

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