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Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Titel: Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Nürnberger
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mehr wüchse, sondern muss es als wuchtige mythologische Aussage nehmen. Israel wird von den Ägyptern totgesagt, warum auch immer. Wahrscheinlich macht man es halt so als Supermacht, dass man das Kleine und vielleicht Lästige wie ein Insekt mit dem Daumen zerquetscht, mit der Fliegenklatsche verscheucht oder einfach totschweigt, ignoriert, totsagt.
    Aber Totgesagte leben länger. Die totgesagten Juden hatten zu jener Zeit ihre ganze Zukunft noch vor sich, während die totsagenden Ägypter schon weitgehend Geschichte waren. Ein knappes Jahrtausend war ihnen noch beschieden, bis der Grieche Alexander der Große kam, das Land eroberte und plünderte und die großartige ägyptische Kultur in den Untergang beförderte, um auf deren Humus einer neuen Kultur den Boden zu bereiten.
    Was die Menschen, aus denen nun das Volk Israel werden sollte, in Ägypten sahen und erlebten, musste ihnen als versteinerte Wirklichkeit erscheinen. Der Pharao ist Gottkönig, Sonnengott und Sinnzentrum. Er sichert von Anbeginn bis in alle Ewigkeit die Ernährung des gesamten Volkes, bestimmt den Lauf der Welt, hält den ganzen Kosmos in Bewegung und sorgt für die Unsterblichkeit aller Ägypter. Dafür werden jedes Jahr Zehntausende von Sklaven, Arbeitern und Handwerkern in den Steinbrüchen und Totenstädten der ägyptischen Könige verschlissen, seit über einem Jahrtausend schon, immerzu, auch künftig, Tag für Tag, Jahr für Jahr, Jahrhundert um Jahrhundert.
    Als Israel in seine Geschichte eintritt, kündet die größte der Pyramiden Ägyptens, die Cheopspyramide in Giseh, schon seit 1200 Jahren unerschütterlich, monumental und weithin sichtbar von der segenspendenden Herrschaft der ägyptischen Könige. Zwei Millionen Kubikmeter Stein, Zehntausende von Granitblöcken, bis zu vierzig Tonnen schwer, mussten allein für die Cheopspyramide von den Steinbrüchen in Assuan über achthundert Kilometer zur Baustelle transportiert werden.
    Seitdem wurde immer weiter gebaut. 1200 Jahre lang, ohne Pause, ist die Luft in dem Land um den Nil erfüllt vom Geklirr der Meißel, die mit Hämmern in den Stein getrieben werden. Und auch, als die Nachfahren Jakobs in Ägypten ankommen, klirren die Meißel, tönen die Hämmer. Immer neue Pyramiden, Prinzen- und Beamtengräber für die Ewigkeit sind zu errichten. Stelen, Skulpturen, Paläste zur Verherrlichung und Verewigung des Ruhms der Pharaonen werden in Stein gehauen.
    Am Hof der Pharaonen strömt die ganze Welt zusammen. Man zollt dem König Tribut, beteuert seine Ergebenheit, wirbt um die königliche Gunst, bewundert die ägyptische Technik und Wissenschaft. Die Ägypter schreiben nicht mehr auf Tontäfelchen wie in Sumer und Babylon, sondern auf Papyrus, beherrschen Mathematik und Astronomie, haben einen präzisen Kalender und verfügen über metallurgische, chemische, medizinische und anatomische Kenntnisse.
    Die Masse des Volkes besteht aus Analphabeten. Aber die Oberschicht ist hoch gebildet. Die ägyptischen Priester und Beamten werden in Literatur, Religion und Ethik unterwiesen. Sie kennen und beherrschen die ganze Bandbreite schriftlicher Kultur: Gleichnisse, Metaphern, Alliterationen und Wortspiele, Hymnen an die Götter, mythologische und magische Texte, Erzählungen, didaktische Schriften wie Weisheits- und Schulliteratur, Gedichte, biographische und historische Texte, wissenschaftliche Abhandlungen, Gesetzes-, Verwaltungs- und Handelstexte. Und natürlich auch schon Propaganda, Hofberichterstattung und politische Lügen. Nur die Kritik daran gibt es nicht, wird es nie geben in Ägypten.
    Der Pharao auf seinem Thron erblickt, wenn er auf sein Reich schaut, gewaltige Totentempel, volle Kornspeicher und Lagerhäuser, große Viehherden, Heerscharen von Priestern, Beamten, Soldaten, Bauern, Fronarbeitern, Sklaven und eine schier endlose Kette von Ahnen, die er über Dutzende von Dynastien und durch Jahrtausende bis weit in eine mythische Vergangenheit benennen kann.
    Er thront inmitten kolossaler Bauten, genießt seine imperiale Größe, den Glanz und die Glorie seiner Würde und Macht und glaubt mit der Unerschütterlichkeit seiner Megatonnen schweren Gräber, dass dies so sein und auf ewig so bleiben müsse.
    Wohl sieht er, dass an seinen Grenzen feindliche Heere und Völker aufeinander einschlagen. Aber das bereitet ihm keine schlaflosen Nächte. Das war schon immer so. Und immer schon ist es seinen Vorgängern gelungen, diese fremden Völker und Heere entweder zu unterwerfen oder

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