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Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition)

Titel: Das Christentum: Was man wirklich wissen muss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Nürnberger
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die königskritische Untergrundliteratur der Unterlegenen. Spätere Generationen haben sie wieder in die Texte der Sieger eingefügt, sodass wir auch die Gegenseite hören.
    Als das Volk dem Richter und Propheten Samuel sagt, dass es einen König wolle, beschreibt dieser die Konsequenzen, die das hat, und was der König tun wird: Eure Söhne wird er nehmen und sie seinen Kriegswagen und seiner Reiterei zuteilen … Eure Töchter wird er nehmen und sie zu Salbenmischerinnen, Köchinnen und Bäckerinnen machen. … Auch eure besten Äcker, eure Weinberge und eure Ölbäume wird er nehmen und seinen Knechten geben; dazu wird er den Zehnten von eurer Saat und von euren Weinbergen nehmen und ihn seinen Kämmerern und Knechten geben. Und er wird eure Knechte und eure Mägde und eure schönsten Jünglinge und eure Esel nehmen und sein Geschäft damit ausrichten. (1 Samuel 8, 11–16)
    Und genauso kommt es. David baut sich ein Berufsheer auf, erobert Jerusalem und umliegende Länder und schafft sich parallel dazu einen Beamten- und Machtapparat, der den alten egalitären Zwölfstämmebund in einen hierarchisch gegliederten Territorialstaat verwandelt.
    Sein Sohn Salomo, der den Tempel baut, geht noch einen Schritt weiter. Er ist nicht mehr nur der oberste weltliche Herrscher Israels, sondern ernennt sich auch zu dessen oberstem geistlichen Herrscher und Jahwe zum Staatsgott. Israel ist jetzt eine Theokratie, wie Ägypten es war. Und Israel wird eine Klassengesellschaft, wie Ägypten es war. Es gibt jetzt auch hier Fronarbeiter und Zinsknechtschaft, Arme und Reiche. Israel, das Volk Gottes, ist im Normalzustand angekommen, lebt nicht mehr wesentlich anders als die anderen Völker.
    Auch der davidische Königshof unterscheidet sich kaum von anderen Herrscherhäusern. David, der Dichter der Psalmen und Diener Gottes, ist ein Abenteurer und Frauenheld und ein Soldat. An seinen Händen klebt Blut. Sauls Truppen trachten ihm nach dem Leben. Er flieht ins Ausland, verdingt sich bei den Philistern, unternimmt Raubzüge in deren Auftrag und muss, damit er nicht auffliegt, brutal alle töten, die ihn verraten könnten.
    David ist ein Machtpolitiker. Es geht an seinem Königshof zu wie in allen Zentren der Macht und des Geldes. Wie dort gehandelt wird, wird schonungslos beschrieben.
    Bekannt ist die Geschichte des Hauptmanns Uria, der eine schöne Frau hat. David sieht sie eines Tages von weitem, begehrt sie, weshalb er Uria an die Front schickt und dafür sorgt, dass er ins gefährlichste Getümmel geschickt wird, um dort umzukommen. Nach dem Tod des Hauptmanns holt David dessen Frau an seinen Hof und zeugt mit ihr ein Kind.
    Tamar, das Kind einer seiner Nebenfrauen, wird von einem seiner Söhne vergewaltigt und danach von diesem Sohn weggejagt. David erfährt es und unternimmt nichts. Weder stellt er den Vergewaltiger zur Rede noch kümmert er sich um Tamar. Sein Sohn Absalom, Tamars Bruder, sagt seiner geschändeten, zutiefst über ihr Leid und ihre Verletzungen klagenden Schwester, sie solle sich nicht so haben und schweigen. Zwei Jahre später ermordet Absalom den Vergewaltiger. Man weiß nicht, ob aus Rache oder politischem Kalkül, aber vermutlich ist es Letzteres, denn Absalom will König werden, noch zu Lebzeiten seines Vaters. David weint, als er von dem Brudermord hört, aber unternimmt nichts. Absalom flieht, kommt nach ein paar Jahren wieder zurück ins Vaterhaus, und alle schweigen, tun so, als ob nichts gewesen wäre.
    Auch das zählt also zur Bilanz des leuchtenden Sterns David: Einer Tochter wurde von einem Familienmitglied das Leben verpfuscht. Ein Sohn wurde von dessen Bruder ermordet. Der Mörder bereitet später einen Aufstand gegen seinen Vater vor, der muss zeitweise vor ihm fliehen und dann seine Truppen auf ihn hetzen, und dabei kommt der Sohn um.
    Salomo tritt Davids Nachfolge an. Er wird gerühmt für seine Weisheit, seine Gerechtigkeit und, was seltsam ist, auch für seinen Reichtum, seine Herrlichkeit und die königliche Prachtentfaltung. Auch er hat es mit den Frauen, sogar mit den heidnischen, und er baut Gott zwar einen eindrucksvollen Tempel, aber für sich selbst einen noch eindrucksvolleren Palast. 60 Ellen lang, 20 Ellen breit und 30 Ellen hoch ist der Tempel, und die Bauzeit beträgt sieben Jahre. Aber für den königlichen Palast sind 13 Jahre nötig, und er misst 100 Ellen in der Länge, 50 Ellen in der Breite und 30 Ellen in der Höhe. Zwanzig Jahre lang wird im Reich gebaut, werden

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