Das Cottage im Wald
diesem Wochenendausflug bezweckte: Er wollte mit ihr schlafen.
Ein Mann wie Sean konnte nicht lange ohne Frau leben. Das hatte er ja auch offen zugegeben. Und so, wie sich die Lage zwischen ihm und Stephanie entwickelte hatte, war er in dieser Hinsicht sicher nicht auf seine Kosten gekommen.
Carin wusste, dass es ihr sehr schwerfallen würde, ihm zu widerstehen. Aber sie durfte nicht nachgeben. Wenn Sean auch nur im Entferntesten ahnte, was sie für ihn empfand, hätte dies verheerende Folgen. Sie würde das gleiche Trauma wie vor wenigen Jahren noch einmal durchleben müssen.
Carin blickte Sean missmutig an. “Ich verstehe nicht, warum Stephanie ohne dich zurückgefahren ist”, platzte sie heraus. Im nächsten Moment bereute sie schon, dass sie das Thema aufgegriffen hatte.
“Sie hatte keinen Grund zu bleiben”, sagte Sean kühl.
“Du meinst, du wolltest nicht, dass sie bleibt. Ich verstehe dich nicht, Sean. Was erwartest du eigentlich von einer Frau? Eine bessere als Stephanie wirst du kaum finden. Dass sie dich liebt, sieht doch ein Blinder.”
“Du hast recht, Stephanie ist eine bemerkenswerte Frau.”
“Und trotzdem lässt du sie gehen. Was bist du nur für ein Mensch, Sean Savage? Eine Frau wie Stephanie hast du gar nicht verdient.”
Um Seans Mundwinkel zuckte es. “Wenn du die Tatsachen kennen würdest, hättest du das nicht gesagt.”
“Warum klärst du mich dann nicht auf?”
“Weil ich mein Privatleben nicht jedem auf die Nase binden will. Und du hältst dich gefälligst auch heraus. Wir sind schließlich nicht hier, um uns zu streiten und über Dinge zu reden, die dich nichts angehen, sondern um uns zu entspannen und die schöne Landschaft zu genießen.”
Carin zog es vor zu schweigen. Mehrere Male hielten sie an, um eine alte Schlossruine oder das farbenprächtige Mosaik der goldgelben Felder und grünen Wiesen zu bewundern. Manchmal kam es vor, dass einige Kühe die enge Landstraße versperrten. Dann warteten Sean und Carin geduldig, bis sie wieder gemächlich davontrotteten.
Carin merkte, dass Sean sie mitunter forschend betrachtete. Unbehaglich rutschte sie auf ihrem Sitz herum. Sie fragte sich insgeheim, ob er wohl spürte, was sie für ihn empfand. Oder war er in Gedanken nur bei Stephanie?
Nach einer Weile hielten sie an einem kleinen Café an der Landstraße, um sich mit Sandwiches und Kaffee zu stärken. Danach ging es weiter in Richtung Süden, durch eine einsame und verlassene Gegend. Mit Heidekraut bewachsene Hügel und Berge beherrschten das Landschaftsbild.
Wenig später waren sie am Ziel. Sie befanden sich auf einer Landspitze direkt über dem Meer. Carin traute ihren Augen nicht. Vor ihnen stand nichts weiter als ein winziger Wohnwagen.
“Hier sollen wir bleiben?”, fragte sie ungläubig.
“So ist es.”
“Aber das geht doch nicht”, protestierte Carin. “Das kommt überhaupt nicht infrage.”
“Und warum nicht?”
“Weil …, weil ich es nicht will.”
“Hast du etwa Angst, mir zu nahe zu kommen?”
“Nein. Es ist nur … ich hatte eigentlich damit gerechnet, in einem Hotel zu übernachten, mit getrennten Zimmern. Wenn ich das gewusst hätte …”
“Wärst du erst gar nicht mitgekommen. Der Wohnwagen ist doch ideal für uns. Er gehört einem alten Collegefreund von mir, und ich darf ihn nutzen, solange ich will. Keine Angst”, setzte er hinzu, als er Carins missbilligendem Blick begegnete. “Wir bleiben nur eine Nacht. Länger können wir Johns Reiterhof nicht unbeaufsichtigt lassen. Für das Wochenende hat jeder seine Anweisungen, und ich denke, es wird keine Probleme geben.”
Er stieg aus dem Auto und schloss den Wohnwagen auf. Carin folgte ihm zögernd, stellte dann aber überrascht fest, dass der Wagen recht gemütlich eingerichtet war. Sean holte eine Kiste aus dem Kofferraum, die alles enthielt, was man für ein Wochenende brauchte: Milch, Eier, Brot, Fleisch und Gemüse. Er hat wirklich nichts vergessen, wunderte sie sich im Stillen.
Nachdem der Proviant gut verstaut war, schlug Sean vor, einen Spaziergang zum Strand zu machen. Ein schmaler Pfad führte im Zickzack an der Felsenküste entlang. Das Meer war tiefblau, der Sandstrand goldgelb und völlig menschenleer. Unzählige Möwen zogen über den sich brechenden Wellen ihre Kreise, und die scharfen Klippen, die die Bucht säumten, bildeten einen traumhaft schönen Hintergrund.
Seans schlechte Stimmung war verflogen, und Carin wurde sich erneut seiner überwältigen
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