Das Cottage im Wald
ich mich fragen, warum du mich überhaupt geheiratet hast.”
“Ich dachte, wir hätten beide etwas davon, aber anscheinend habe ich mich getäuscht.”
Es hat keinen Sinn, dachte Carin resigniert und zog es vor, den Streit zu beenden, bevor er ausartete und sie einander hässliche Dinge an den Kopf warfen. “Warum gehst du nicht nach oben und nimmst eine heiße Dusche?”, schlug sie vor. “Ich habe das Essen warm gehalten. Sicher hast du Hunger.”
“Nein, danke. Ich habe im Büro ein Sandwich gegessen.”
“Aber Mrs. Blake hat sich so viel Mühe gegeben. Sie wird bestimmt nicht begeistert sein, wenn sie erfährt, dass ihr gutes Essen im Müll gelandet ist.”
“Vielleicht esse ich später etwas.” Sean stand auf, füllte das Whiskeyglas nach und setzte sich wieder.
Eigenartig, dachte Carin. Er hat noch nie viel getrunken, warum ausgerechnet jetzt? Vielleicht bereut er es, dass er mich geheiratet hat.
“Bist du wegen gestern Abend so wütend auf mich?”, fragte sie vorsichtig. “Ich weiß, ich habe nicht so viel Erfahrung …”
“Das hat nichts damit zu tun”, unterbrach Sean sie schroff. “Ich …, ach, vergiss es. Ich gehe jetzt duschen.” Er kippte seinen Drink hinunter und ging die Treppe hinauf.
Carin war verwirrt. Was hatte er nur sagen wollen? Nachdenklich stellte sie das Essen auf den Tisch.
Sean aß nur wenige Bissen, und obwohl Carin hungrig gewesen war, verspürte sie nun auch keinen Appetit mehr. Mehrmals versuchte sie, Sean in ein Gespräch zu verwickeln, doch er ging nicht darauf ein.
“Es ist ein Jammer, die Wohnung auseinanderzunehmen, wo sie doch schon so perfekt eingerichtet ist”, sagte sie schließlich.
Sean machte keinen Hehl daraus, dass er keinerlei Interesse an dem Haus hatte, und Carin fragte sich, ob es nicht ein Fehler gewesen war, hierher zu kommen. Alles in diesem Haus erinnerte an Josie. Vielleicht war Sean deshalb so bedrückt? Anstatt mit ihm zu streiten, hätte ich lieber mehr Verständnis zeigen sollen, ging es ihr durch den Kopf. Ich habe mir doch vorgenommen, ihm zu beweisen, dass eine Frau auch anders sein kann. Und jetzt habe ich genau das Gegenteil davon getan.
“Und was machen wir morgen?”, begann sie erneut und bemühte sich, die Atmosphäre ein wenig zu entspannen.
“Du kannst tun, was du willst”, erwiderte Sean missmutig. “Ich gehe wieder ins Büro.”
Carin spürte einen dicken Kloß im Hals. “Aber Sean, morgen ist Sonntag. Du kannst doch nicht am Sonntag arbeiten.”
“Ich arbeite, verdammt noch mal, wann es mir passt!”
Carin kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. “Wenn du meinst, dass das mir gegenüber fair sei, dann …”
“Ich habe dir gesagt, such dir eine Beschäftigung. Im Haus gibt es genug zu tun.”
“Und ich habe dir gesagt, hier gibt es nichts zu tun. Es wäre reine Geldverschwendung, Dinge hinauszuwerfen, die noch jahrelang halten.”
“Ich kann es mir leisten.”
“Jetzt will ich dir mal was sagen, Mr. Sean Savage. Ich habe noch nie in meinem Leben auch nur einen Penny zum Fenster hinausgeworfen, und ich habe nicht die Absicht, jetzt auf einmal damit anzufangen.” Erschrocken stellte Carin fest, dass sie erneut laut geworden war, und biss sich auf die Lippe.
Sean blickte sie so eindringlich an, als würde er sie zum ersten Mal sehen, so, wie sie wirklich war. “Du bist die erste Frau, die nicht wegen meines Geldes hinter mir her war”, sagte er unvermittelt.
“Ach, das wundert dich? Hast du das denn nicht gewusst, bevor du mich geheiratet hast? Ich bin nicht scharf auf dein Geld, Sean. Ich würde mich auch mit einem einfachen Leben zufrieden geben.”
“Warum bin ich dir nicht schon früher begegnet?” Seans Stimme klang mit einemmal seltsam heiser. Dann stand er auf und verließ den Raum.
Carin blickte ihm nachdenklich nach. Offensichtlich quälte er sich immer noch mit schmerzlichen Erinnerungen an Josie, und sie, Carin, würde viel Geduld und Verständnis aufbringen müssen, um diese Gedanken zu vertreiben. Aber wenn sie es schaffte, würde alles gut werden.
Vorsichtig betrat Carin das Schlafzimmer. Sean schien schon eingeschlafen zu sein. Leise streifte sie ihre Kleidung ab und kroch nackt zu ihm ins Bett. Einerseits war sie erleichtert, sich nicht erneut mit ihm auseinandersetzen zu müssen, aber andererseits war es eine Qual, neben Sean zu liegen, ohne in seinen Armen gehalten zu werden. Er empfindet nichts für mich, dachte Carin schmerzerfüllt. Sonst würde er mich nicht so
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