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Das Dach kommt spaeter

Das Dach kommt spaeter

Titel: Das Dach kommt spaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Murat Topal
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Dörte?«
    »Klaus Dörtebeker?«
    »Lass doch mal deine ständigen dummen Witze. Außerdem hieß der Pirat Störtebeker.«
    »Ich weiß.« Es gibt nichts Schlimmeres als dumme Witze, die man erklären muss.
    »Erinnerst du dich nun an Klaus und Dörte, oder nicht?«
    »Kein Stück.«
    Jetzt war es an ihr, ärgerlich zu werden.
    »Weil du immer nur deine eigenen Sachen siehst. Ich finde das echt frustrierend.«
    »Das liegt nur daran, dass in dieser Familie niemand sonst meine Sachen sieht. Zum Beispiel meine dreckigen Hemden.«
    Da die zielstrebigste Ehefrau von allen eine klare Strategie verfolgte, ignorierte sie den von mir eröffneten Nebenkriegsschauplatz.
    »Klaus und Dörte haben wir in unserem ersten Schwangerschaftskurskennengelernt. Wir waren mit ihnen sogar essen – vegan, falls du dich daran erinnerst.«
    Um ein Haar wäre mir vor Lachen das Marmeladenglas aus der Hand gerutscht und hätte eine weitere Sauerei verursacht. »Du meinst die beiden in Kartoffelsäcke gekleideten Eso-Öko-Spinner?«
    »Das waren keine Kartoffelsäcke. Das waren teure Designerklamotten aus Sackleinen.«
    »Bitte schick mir eine SMS, sobald du mir nachvollziehbar den Unterschied erklären kannst.«
    »Dann waren es halt Kartoffelsäcke. Was spielt das für eine Rolle? Willst du nun wissen, worum es geht? Oder willst du weiter auf meinen Nerven herumtrampeln? Hat dir schon mal jemand gesagt, dass schwangere Frauen Liebe und Rücksichtnahme brauchen?«
    Schon wieder die Mitleidsmasche. In ihren Augen schimmerte es sogar feucht. Ich fühlte mich wie das letzte Machoschwein und nahm reumütig ihre Hand. »Nicht weinen, Schatz. Es tut mir leid. Erzähl einfach, was du erzählen willst. Papa hört dir zu.«
    Diesen schönen Satz hatte ich eigentlich für meine Tochter einstudiert. Inzwischen wussten wir nämlich, dass in Ann-Maries Bauch ein Mädchen herumturnte. Als wir die Neuigkeit erfuhren, war ich so begeistert, dass ich drei Nächte hintereinander den schlaflos seufzenden Höhlenmenschen gab. Diesmal aus unbändiger Freude. Bei Ann-Marie wirkte der Satz sofort, was mich misstrauisch stimmte. War ihre Trauriges-Mädchen-Masche am Ende nur billiges Schmierentheater? Leider konnte ich diese Spur nicht weiter verfolgen, denn nun fütterte sie mich mit einer Überdosis an Informationen.
    »Kann wohl sein, dass die zwei einen etwas komischen Klamottengeschmack haben. Neulich hatten sie beide karottenfarbeneJacken und fliederfarbene Hosen an. Ich bin fast blind geworden.«
    »Neulich?«
    »Irgendwann letzte Woche. Ich war mit deiner Mutter bei diesem Secondhandladen für Babykleidung, ›Baby Reloaded‹. Da habe ich die beiden getroffen, sie waren gerade auf der Suche nach Strampelanzügen. Dörte ist nämlich auch schwanger. Also haben wir uns über unsere Zukunftspläne unterhalten. Ich habe erzählt, dass wir vielleicht einen Bauernhof kaufen wollen. Da meinten sie, ob wir nicht zusammen was kaufen wollen. Dann wäre die Bewirtschaftung für alle weniger Arbeit. Das ist doch keine schlechte Idee, oder?«
    Erwartungsfroh strahlte sie mich an. Obwohl ich gern weiter den verständnisvollen Ehemann gegeben hätte, kam ich gegen meine aufkommende Wut nicht an. Anscheinend wurden meine Wünsche und Vorstellungen vollständig ignoriert.
    »Du findest das also eine gute Idee, ja?«
    »Eigentlich schon. Dörte ist früher auch geritten. Das heißt, wir könnten eventuell sogar eine Pferdezucht aufmachen.«
    »Dann lies bitte Folgendes von meinen Lippen ab: ICH! WILL! KEINEN! BAUERNHOF!«
    Ann-Marie sah mich besorgt an. »Murat, alles in Ordnung?«
    »Nein. Nichts ist in Ordnung. Ich dachte, wir suchen gemeinsam ein Haus, in dem wir uns BEIDE wohl fühlen. Stattdessen werde ich andauernd mit völlig unrealistischen Hanni-und-Nanni-Phantasien konfrontiert. Bitte nimm endlich zur Kenntnis: Ich will NICHT aufs Land!«
    »Gut. Du willst also nicht aufs Land. Was willst du dann?«
    »Ich weiß es doch auch nicht. Ich möchte einfach ein schönes Haus in Berlin mit einem Garten für unsere Kinder.Levin, hör auf damit!« Er hatte diesen verdammten Eierlöffel wieder in die Finger bekommen und schlug nun zur Abwechslung mit voller Wucht auf meine Finger.
    »Du meinst so was wie diese Mariendorfer Horrorfilmkulisse, in die du mich gestern geschleppt hast?«
    »Komm, das ist unfair. Im Internet sah das Ding nicht schlecht aus. Und bei unserem schmalen Etat gibt es nun einmal nicht so viele Stadthäuser, die in Betracht kommen. Hör endlich auf,

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