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Das Dach kommt spaeter

Das Dach kommt spaeter

Titel: Das Dach kommt spaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Murat Topal
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sogenannte
Idee
hatten vor dir schon ein paar Milliarden anderer Menschen.«
    Ein Problem unserer Beziehung ist zweifellos, dass wir beide immer das letzte Wort haben wollen. Nur manchmal gebietet es die Klugheit, zurückzustecken. So zum Beispiel jetzt.
    »Schon klar! Ich wollte nur sagen: Wenn wir ein Haus haben wollen, in dem alles funktioniert und das im Winter warm ist, müssen wir es selber bauen.«
    »Warum?« Sie blieb renitent.
    »Weil wir mit unserem Schmalhansbudget ein tolles Bad, Fußbodenheizung, große Fenster und anderen Luxus nur im Eigenbau finanziert bekommen. Vor allem, wenn wir in Berlin wohnen wollen. Und nicht in einer Gegend, in der man mit Wölfen und Grizzlybären kämpfen muss.«
    Sie sah mich skeptisch von der Seite an. »Hast du mir nicht erst gestern klarzumachen versucht, dass du ständig auf Tour bist und deshalb keine Zeit für Renovierungsarbeiten hast?«
    »Ja, und?«
    »Für Renovierungen reicht die Zeit nicht, aber für einen kompletten Hausbau schon? Tut mir leid, Murat, aber bei dieser Logik erwartest du hoffentlich nicht, dass ich dein Gerede ernst nehme?«
    »Doch. Erwarte ich. Und würdest du mir richtig zuhören, wüsstest du auch, was ich meine. Renovierungen bedeuten nämlich nicht nur einen Haufen Arbeit, sondern erfordern vor allem jede Menge Know-how. Ich bin zwar mit Leib und Seele Heimwerker, aber genau deswegen kenne ich auch meine Grenzen. Du willst ein perfektes Regal? Kein Problem, ich bau dir eins. Tapezieren? Teppich verlegen? Ich bin dein Mann. Aber eine Innenwand durchbrechen und die Decke abstützen? Einen Keller trockenlegen? Oder gar wurmstichiges Fachwerk reparieren? Da sage ich nur: Ich passe! Klar, irgendwie würde ich das alles hinkriegen. Aber das kann doch nicht unser Anspruch sein. Wenn ich etwas mache, dann richtig. Keine halben Sachen. Ich bin Perfektionist!«
    Ann-Marie ließ mein Plädoyer mit einer Miene über sich ergehen, die in etwa ausdrückte:
Sprich dich ruhig aus, Junge. Am Ende machen wir sowieso das, was
ich
will.
Dann sagte sie: »Ist ja alles gut und schön. Aber was genau soll nun am Selberbauen besser sein als beim Hauskauf?«
    »Hörst du nicht zu, oder warum verstehst du nicht, was ich meine?« Dieser ganze Immobilienquatsch tat unserer Beziehung nicht gut. Nie zuvor hatten wir uns so oft angegiftet. »Besser ist, dass wir für den Hausbau eine Firma engagieren können, die das alles macht.«
    »Und das können wir beim Kauf eines Hauses nicht?«
    »Nein, das können wir nicht.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil eine kompetente Renovierungstruppe genauso teuer ist wie der Neubau durch eine Baufirma. Wir müssen beim Kauf eines Hauses aber ungleich mehr Geld investieren als beim Kauf eines Grundstücks. Heißt: Renovierungsprofis sind mit unserem Budget nicht drin.«
    Meine Frau seufzte und gab mir widerwillig recht. »Also gut, das leuchtet halbwegs ein. Aber solche Hausbau-Fritzen müssen doch überwacht werden. Wer soll das machen?«
    »Na, ich.«
    »Du? Der Mann ohne Zeit? Wie soll das gehen? Du drehst dir alles so zurecht, wie es dir in den Kram passt. Siehst du nicht, dass deine Argumentation inkonsequent ist?«
    »Ich finde sie im Gegenteil sehr konsequent. Sieh es doch mal so: Wir hatten bisher drei Besichtigungen. Zusätzlich haben wir bestimmt schon hundert Exposés durchgewühlt. Und wenn du ehrlich bist, waren die meisten davon Müll. Und was nicht Müll war, konnten wir uns nicht leisten. An dieser Tatsache wird sich nach menschlichem Ermessen in den nächsten Wochen nichts ändern. Das heißt, unsere Chance, beim Hauskauf einen Treffer zu landen, ist extrem klein. Darum finde ich es absolut konsequent, wenn man eine wenig erfolgversprechende Strategie zugunsten einer aussichtsreicheren Taktik aufgibt. Alles eine Frage der Wahrscheinlichkeitsrechnung.«
    Das war pures Geschwafel, denn von höherer Mathematik hatte ich weniger Ahnung als eine Kaulquappe von der Relativitätstheorie. Aber zu meinem eigenen Erstaunen zeigte der Nonsense Wirkung. Meine kritische Gattin rang sich tatsächlich dazu durch, mir beizupflichten. Wenn auch nicht ohne Einschränkungen.
    »Also gut, kann sein, dass du ausnahmsweise recht hast. Dann lassen wir das mit dem Hauskauf halt und verlegen uns aufs Bauen. Aber, Murat, ich halte ein für alle Mal fest, dass der Vorschlag mit dem Bauen von dir kommt. Du solltest dir also der Konsequenzen dieser Entscheidung bewusst sein. Komm mir später nicht mit Burn-out oder ähnlichen Ausreden. Vor allem

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