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Das Dach kommt spaeter

Das Dach kommt spaeter

Titel: Das Dach kommt spaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Murat Topal
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Kopfschüttellitanei in allen Situationen der unfassbaren Art.
    Wladimir hatte sich derweil von der Sssolli-Aktion nicht irritieren lassen und stoisch seine zur Baugrube führende Zufahrtrampe eingeebnet. So freundlich, wie es mir in meiner anschwellenden Panik gerade noch möglich war, wies ich den Bauleiter des Grauens darauf hin, dass sein Baggervampir ohne Rampe Schwierigkeiten haben würde, in die Grube zu kommen und das Loch rechtzeitig vor Ankunft des Betonmischers auf die notwendige Größe zu erweitern. Das brachte sein labiles Nervengeflecht zum Kollabieren.
    »Ick wusste, dit klappt nich mit nem rumänischen Blutsauga im Bagga. Herr ... äh … Tut ma leid. Ick kann nich mehr, ick jeh erst ma Sssijaretten holen.«
    Und weg war er.
    »Ick kann nich mehr, ick jeh erst ma Sssijaretten holen«, war der zweite Teil des Katastrophenmantras. Der erste Teil thematisierte den Unglauben, der zweite die Kapitulation.
    Da stand ich nun also allein mit Baggerführer Wladimir und versuchte, ihm mit Händen und Füßen klarzumachen, dass wir vor Eintreffen des Betonmischers in Windeseile die Rampe wiederherstellen und das Loch vergrößern mussten. Weil ich nicht den Eindruck hatte, dass deutsche Buchstabenfolgen ihm etwas sagten, sprang ich kurzerhand in die Tiefe, um als leuchtendes Beispiel zu dienen. Mit meinen bloßen Händen scharrte ich hektisch in der Erde herum und bemühte mich, aus kleinen Häufchen eine Rampe entstehen zu lassen. Vom Helden zur tragischen Figur ist es bekanntermaßennur ein kleiner Schritt. Ich muss in meinen so albernen wie hanebüchenen Bemühungen wie der allerletzte Vollpfosten gewirkt haben. Immerhin verstand Wladimir irgendwann, worum es mir ging. Er warf den Bagger an und schaufelte und planierte, was das Zeug hielt. Und ich tapfer mit bloßen Händen mittenmang. Wladimir und ich allein gegen die Zeit und die anrollenden Betonmischer. So schnell ist wahrscheinlich noch nirgends auf der Welt eine Zufahrtsrampe aus dem Boden gestampft worden.
    Sobald mir die notdürftige Rampe ausreichend schien, animierte ich meinen neuen rumänischen Freund mit hektischen Zeichen, den Bagger in die Grube zu manövrieren. Langsam robbte das Gerät Stück für Stück nach unten. Ich hielt die Luft an. Würde unsere nicht unbedingt nach den Regeln der Baukunst geschaufelte Abfahrt der Belastung standhalten? Die Antwort auf diese spannende Frage erhielt ich schneller als erwartet. Der Bagger hatte noch kein Drittel auf dem Weg in die Grube bewältigt, da sah ich ihn auf der rechten Seite einsacken. Eine Sekunde lang dachte ich, er würde umkippen und wie ein havarierter Käfer auf dem Rücken landen. Aber der Rumäne beherrschte sein Handwerk. Geschickt steuerte er sein Gefährt auf sicheren Untergrund. Ich wischte mir erleichtert den Angstschweiß von der Stirn.
    »Super gemacht, Wladimir«, lobte ich – nicht aus taktischen Erwägungen. sondern aus tiefstem Herzen. »Jetzt das Loch an den Rändern um einen Meter erweitern. Und zwar schnell, bevor der verdammte Betonmischer kommt.«
    Auch diese Anweisungen versuchte ich, pantomimisch darzustellen. In diesem Moment sah ich unseren Bauleiter, eine qualmende Zigarette in der Hand, gemächlich auf uns zuschlendern. Der Mann hatte die Ruhe weg. Am liebsten hätte ich ihm Feuer unterm Hintern gemacht, indem ich ihm die Fluppe zwischen seine Pobacken klemmte. Aber dasah ich schon etwas viel Schlimmeres: den Betonmischer. Zielstrebig fuhr er auf unsere immer noch unterdimensionierte Grube zu.
    »Kosewitz«, brüllte ich ihm entgegen. »Halten Sie den Mischer auf. Wladimir ist mit der Grube noch nicht fertig.«
    Das war natürlich völlig blauäugig. Der Fahrer eines Betonmischers ist in der Regel nicht die Sorte Mensch, die Freude am Diskutieren zeigt. Man kann das verstehen: Wenn die Mumpe in die Maschine gepackt worden ist, muss so ein Mann losrasen. Währenddessen dreht sich die Trommel. Dreht sich immer weiter. Und wird irgendwann hart. Steinhart. Und so einen von innen ausgehärteten Mischer, den will nicht mal der Schrottplatz, den kannst du nur noch im Meer versenken. Insofern wollen die Fahrer ihre Pampe einfach nur rechtzeitig loswerden. Zur Not kippen sie dir das Zeug auch auf die Auffahrt. Hauptsache, sie sind es los und die Mischmaschine bleibt intakt.
    Entsprechend ungnädig reagierte der Mann auf die Einlassungen meines desperaten Bauleiters, noch ungefähr zwei bis zweiundzwanzig Minuten mit dem Gießen der Bodenplatte zu warten.
    »Hau ab,

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