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Das Dach kommt spaeter

Das Dach kommt spaeter

Titel: Das Dach kommt spaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Murat Topal
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Männeken Pis, oder ich pack dich in den Mischer.«
    Immerhin muss ich zugeben, dass Kosewitz sein Bestes gab. Na gut, er hatte die Sache immerhin verbockt. Gott sei Dank, stellte Wladimir einen interstellaren Rekord im Grubenerweitern auf, so dass der Beton gerade noch rechtzeitig in das Loch gekippt werden konnte.
    Der rumänische Baggergott hatte sich ein dickes Trinkgeld verdient, was er auch bekam. Was Kosewitz anging, fiel es mir dagegen sogar schwer, ihm zum Abschied die Hand zu geben. Was sollte aus dem Bau bloß werden, wenn er schon bei seiner ersten Amtshandlung einen derart kapitalenBock geschossen hatte? Erschöpft und mutlos trottete ich zum Auto, bei dessen Anblick mir bewusst wurde, dass ich Levin dort gelassen und im Adrenalinsturm der letzten Stunde ganz vergessen hatte. Hoffentlich hatte er sich von Kosewitz nicht inspirieren lassen und ebenfalls Dummheiten angestellt. Unruhig öffnete ich die Autotür. Da lag mein Knirps, den Lolli an der Backe klebend, zusammengerollt auf dem Beifahrersitz und schlief den Schlaf der Unschuldigen. Ein Bild des Friedens auf dem Schlachtfeld unseres Hausbaus.

15. Kapitel

Ins Blaue hinein
     
     
    Nach diesem nervenaufreibenden Start wäre ich der Baustelle am liebsten bis zum Richtfest ferngeblieben. Aber ich konnte meinen wahnsinnigen Bauleiter ja schlecht ohne Aufsicht lassen. Da hätte ich unser Geld auch gleich verbrennen und nach einer geeigneten Brücke als Wohnstatt für meine Familie Ausschau halten können. Also zwang ich mich so oft wie möglich auf das Gelände und vernahm schon bei der Ankunft Sätze wie: »Mann, pass uff da mitn Abstand sssum Sssaun! Und nimm de Sssijarette ausm Mund, da läuft ne Jasleitung! Dit Loch für de Sssisterne muss och noch jebuddelt werden. Mann, biste denn mit n Klammeraffen jepudert? So wat hab ick ja noch nie erlebt!«
    Fragte ich Kosewitz dann mit bis zum Hals klopfendem Herzen, welche akuten Probleme es denn nun schon wieder gäbe, klopfte er mir jovial auf die Schulter und meinte herablassend: »Watten, watten, Herr Topas, nur die Ruhe. Ick hab allet im Jriff. Wir sind ja keene Anfänger. Haben Se mal n wenig Sssutraun ssu Männern vom Fach.«
    Wenige Minuten später stolperte ich garantiert über das gerade noch so großkotzig abgestrittene Desaster und bekam die unausweichliche Antwort: »Dit jibts doch jar nich. Wat soll ick sagen, Herr ... äh ... So wat hab ick ja noch nie erlebt.« Die anschließende Diskussion endete nach spätestensfünf Sätzen mit der kurzen Zusammenfassung: »Herr ... äh ... Tut ma leid. Ick kann nich mehr, ick muss erst ma Sssijaretten holen.« Und Abgang.
    Ich hatte mich immer für einen halbwegs nervenstarken Menschen gehalten, aber nach noch nicht einmal zwei Wochen Zusammenarbeit mit diesem Horrorpolier war ich psychisch und physisch am Ende.
    »Murat, so kann das nicht weitergehen. Du musst was unternehmen. Sonst werden unsere Kinder nicht nur obdach-, sondern auch vaterlos.«
    Ich fragte lieber nicht, ob Ann-Marie mit »vaterlos« auf meinen stressbedingten Exitus oder eine von ihr beantragte Scheidung anspielte. Beides lag im Bereich des Möglichen. Denn nicht nur ich war extrem angespannt. Auch sie balancierte beim Kinder- und Haushaltsmanagement in unserer Nanohütte immer hart am Rand des Kollapses.
    »So ist das halt, mit einem Kind ändert sich alles«, meinte meine Mutter abgeklärt, als ich ihr in einem seltenen Moment der Ruhe mein Leid klagte. Aber das stimmte so nicht. Levin und all die Aufregungen, die er als unser erstes Baby mit sich brachte, hatten Ann-Marie und mich sogar noch enger zusammengeschweißt. Doch mit Aylas Geburt und dem parallelen Hausbau änderte sich tatsächlich alles. Dauernd waren an allen Fronten Druck, Stress und Hektik angesagt. Tag und Nacht rappelte es in der Kiste. Bloß nie in unserer – Momente intimer Zweisamkeit beschränkten sich meist nur noch auf gemeinsames erschöpftes Couchliegen und schlappes TV-Zapping. Ich war schon dankbar, wenn sie mir zur Krönung des Abends noch schön einen ... Pickel ausdrückte. Oder ein Nasenhaar ausriss.
    Im Gegensatz zur ersten Schwangerschaft waren diesmal zudem die Hormone durchgeknallt, nicht zuletzt bei mir! Die Momente häuften sich, in denen ich mich als Mann nurfalsch verhalten konnte. Man kennt das ja. Da hängt man geistesabwesend vor dem Fernseher rum, zappt ziellos durch die Kanäle und wird plötzlich mit der Frage aller Fragen konfrontiert. »Die Hunziker sieht schon gut aus, oder?« Was

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