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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Begleitern überhaupt noch einen gegeben hatte, der den Nubier
und ihn nicht fürchtete und sie insgeheim für Dämonen oder
etwas noch Schlimmeres hielt, dann hatte sich das spätestens
jetzt geändert.
»Kannst du ihm nicht -?«, begann Urd und brach dann beinahe
erschrocken wieder ab, als Andrej sie nur ansah und traurig den
Kopf schüttelte. Nein, er konnte ihm nicht auf dieselbe Weise
helfen wie vor zwei Tagen auf dem Schiff, aber jetzt war auch
nicht der Moment, ihr zu erklären, warum. Auch das war etwas,
was sie später begreifen würde, wie so vieles.
Und auch dieses Gespräch hatten sie schon beinahe ein Dutzend Mal geführt, seit sie hier saßen und darauf warteten, dass
es Tag wurde.
Ein leises Klirren drang aus der Nacht an ihr Ohr, und sie alle
– und mit ihnen ausnahmslos jeder einzelne Mann in ihrer
Umgebung – hoben erschrocken die Köpfe und lauschten. Aber
das Geräusch wiederholte sich nicht, und als Andrej mit seinen
anderen, nicht menschlichen Sinnen in die Nacht hinaustastete,
war da auch nichts. Nur ein Ast, der heruntergefallen und
zerbrochen war, versuchte er sich selbst in Gedanken zu
beruhigen. Sleipnir würde nicht wiederkommen. Das Ungeheuer
war zu schwer verletzt und vermutlich bereits tot.
Wenn es nicht auch von unserer Art ist, flüsterte eine wohlbekannte Stimme in seinen Gedanken.
Andrej wollte nicht hinhören. Sie waren niemals Tieren begegnet, die wie sie waren, und er wollte auch einfach nicht
glauben, dass so etwas überhaupt sein konnte.
Und wahrscheinlich hast du damit sogar recht, fuhr die lautlose Stimme hinter seinen Schläfen fort. Aber bist du sicher, dass
sie auch wirklich ein Tier gewesen ist?
Wider seinen Willen musste Andrej an den Ausdruck boshafter, gnadenloser Intelligenz denken, den er in den schrecklichen
Augen des Ungeheuers gelesen hatte. Nein, er war ganz und gar nicht sicher, dass Sleipnir tatsächlich nur ein Tier gewesen war.
»Wie lange noch, bis es hell wird?«, fragte er, auch das zum
wiederholten Male, und im Grunde nur, um auf ein anderes
Thema zu lenken. Wenn es im Moment irgendetwas gab, das
ihm noch mehr Angst bereitete als die Erinnerung an die
albtraumhafte Begegnung, dann waren es seine eigenen Gedanken.
»Zwei Stunden«, antwortete Thure, legte den Kopf in den
Nacken, sah in den klaren Himmel mit seinen so vollkommen
fremden Sternen hinauf und verbesserte sich: »Eher drei.«
Sie waren übereingekommen, erst bei Tageslicht weiterzumarschieren. Thure war vorhin für einen Moment verschwunden
und mit der Nachricht zurückgekehrt, dass der Waldrand nur
noch wenige hundert Schritte entfernt war, und dahinter nur
noch ein kurzer Marsch bis zur Festung des falschen Gottes vor
ihnen lag. Die wenigen Männer, die sie noch hatten (deutlich
weniger als die Hälfte, dachte Andrej betrübt), brauchten
dringend eine Erholungspause, und jetzt, wo Odin wusste, dass
sie kamen, gab es keinen Grund mehr, auf den Vorteil zu
verzichten, den ihnen das Tageslicht bieten würde.
Aber es gab noch einen anderen Grund, über den Andrej
während ihrer Rast sehr gründlich nachgedacht hatte.
Er setzte dazu an, seine Gedanken laut auszusprechen, besann
sich dann eines Besseren und stand mit einem erschöpften
Seufzen auf, mit einem letzten, nachdenklichen Blick zu Abu
Dun. Der Nubier erholte sich jetzt zusehends. Andrej glaubte
nicht, dass es noch lange dauern würde, bis er erwachte. »Ich
gehe ein paar Schritte, um mir die Beine zu vertreten«, sagte er,
an Thure gewandt. »Begleitest du mich?«
Der Nordmann wirkte überrascht, stand aber gehorsam auf und
griff nach seinem Mantel, um ihn sich über die Schultern zu
werfen, und auf Urds Gesicht erschien schon wieder ein
Ausdruck von plötzlichem Misstrauen, der in diesem Moment
auch nur zu berechtigt war. Andrej wich ihrem Blick aus, zog
den Mantel, der ihm noch vor ein paar Tagen viel zu schwer und
zu warm vorgekommen war und sich jetzt als erbärmlich dünn
herausgestellt hatte, enger um die Schultern und trat mit einem
großen Schritt über den improvisierten Schildwall hinweg.
»Wir sollten allein weitergehen«, sagte er, nachdem sie sich
ein gutes Dutzend Schritte von den Männern entfernt hatten und
er sicher sein konnte, dass sie (und vor allem Urd) sie nicht
mehr hören konnten. »Wenn die Männer schnell marschieren,
holen sie die anderen wahrscheinlich ein, bevor sie den Strand
erreichen.«
Thure sah ihn überrascht an, ein bisschen zweifelnd, und mehr
als

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