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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zog er die Augenbrauen zusammen.
Abu Dun beließ es nicht bei einem fragenden Blick. »Du warst
also noch nie hier, wie?«
»Nein«, antwortete Thure. »Wie oft willst du diese Frage noch
stellen?«
»Mindestens so oft, bis du mir zum Beispiel erklärt hast,
woher du wusstest, wo du diese Fackel findest«, grollte Abu
Dun.
Thure blickte die Fackel, die er in der rechten Hand und
gerade eben weit genug über den Kopf hielt, dass die mittlerweile heftig prasselnde Flamme nicht sein Haar versengte, einen
Moment lang mit perfekt gespielter Verständnislosigkeit an,
dann lächelte er wieder. Das zuckende rote Licht zauberte
Schatten und die Illusion von spinnenhaft ruckender Bewegung
auf den Boden, riss aber auch eine säuberlich aufgestapelte
Anzahl von Fackeln und einen kleinen Vorrat an Feuersteinen
aus der immerwährenden Dunkelheit. »Ich habe einfach gleich
neben dem Eingang nachgesehen.«
»Ach? Und warum?«, fragte Abu Dun.
»Weil wir auch bei uns das Licht gleich am Eingang aufbewahren«, antwortete Thure freundlich. »Wo lagert ihr eure
Lampen? Am anderen Ende des Hauses?«
Abu Dun antwortete nicht, und auch Andrej schwieg. Gut,
wenn das hier vorbei war, und wenn sie es überlebten, dann
würde er sich nicht an Thure vergreifen, das nahm er sich vor –
immerhin war Thure Urds Bruder. Aber er würde Abu Dun
einfach eine halbe Stunde mit ihm allein lassen. Oder vielleicht
auch nur fünf Minuten, das würde wohl ausreichen, um ihm den
Kopf zurechtzurücken.
Statt sich weiter in kindischen Rachefantasien zu ergehen (so
angenehm sie auch sein mochten), nahm er sich ebenfalls eine
Fackel, entzündete sie an der Thures und reichte auch Abu Dun
eine.
Doch die Höhle war viel zu groß, als dass der flackernde rote
Schein die Decke erreicht hätte, und die Illusion von Bewegung,
die der tanzende Schein gebar, beruhigte Andrej nicht. Sie
befanden sich in einer Höhle, so viel zumindest war sicher, und
so sehr er auch mit all seinen Sinnen lauschte, spürte er doch
absolut nichts Außergewöhnliches oder gar Übernatürliches, sah
man vielleicht von der Tatsache ab, dass er sich kaum erinnern
konnte, jemals an einem ungastlicheren Ort gewesen zu sein. Er
fragte sich, was es wohl aus einem Menschen (oder jemandem,
der einmal ein Mensch gewesen war) machen musste, sein
Leben an einem Ort wie diesem zu verbringen. Die Höhle war
eindeutig natürlichen Ursprungs, schwarze Lava, die zu bizarren
und hier und da wie lebendig aussehenden Formen erstarrt war.
Aber das war nur das, was ihm sein Verstand sagte. Da war
noch eine andere, tiefere Ebene, auf der er spürte, dass da noch
mehr war; etwas Düsteres und Böses, das diesem Ort innewohn
te und tausendmal älter war als er, vielleicht älter als alles. Abu Dun brachte es auf den Punkt. »Das also ist Walhalla?«,
fragte er.
Thure schwieg.
»Ich kann mich ja täuschen«, fuhr Abu Dun fort. »Aber ist das
nicht so etwas wie euer Paradies? Der Ort, an dem die Seelen
eurer Krieger für alles belohnt werden, was sie zu Lebzeiten
getan haben?«
Thure sagte auch dazu nichts, aber der Blick, mit dem er Abu
Dun musterte, war beinahe hasserfüllt.
»Abu Dun«, mahnte Andrej.
»Also auch dort, wo ich herkomme, haben die Menschen eine
Vorstellung vom Jenseits«, fuhr Abu Dun dennoch fort. »Allerdings erinnert mich dieser Ort hier an etwas ganz anderes.«
»Ja, und genau dort werden wir möglicherweise auch bald
landen, wenn wir noch lange hier herumstehen und reden«, warf
Andrej rasch ein, bevor Thure antworten konnte. »Hast du eine
Idee, wo wir Odin finden?«
Thure schüttelte nur stumm und mit steinernem Gesicht den
Kopf, und Andrej warf Abu Dun einen nun nicht mehr mahnenden, sondern jetzt drohenden Blick zu, der den Nubier immerhin
dazu brachte, den Mund zu halten. Er hob seine Fackel höher
und ging los, blieb aber nach wenigen Schritten schon wieder
stehen und sah sich ratlos um. Der steinerne Dom war so groß,
dass man den Eindruck gewinnen konnte, der ganze Berg wäre
hohl, und es erschien ihm wenig ratsam, einfach blindlings
drauflos zu stürmen. Irgendetwas war hier, das spürte er,
darüber hinaus jedoch ließen ihn seine scharfen Sinne wieder
einmal im Stich.
»Und wohin jetzt?«, fragte Abu Dun. Andrej hob nur die
Schultern, und der Nubier fügte spöttisch hinzu: »Frag doch
unseren Führer. Er kennt sich ja anscheinend bestens hier aus.«
Thure ging kommentarlos an ihnen vorbei und machte nun
seinerseits nur ein paar Schritte, um dann wieder stehen zu
bleiben und

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