Das Daemonenschiff
tun sollen.« Er
wandte sich mit einer unendlich müden Bewegung zu Björn. »Du
bist mein ältester Sohn, Björn. Ich übergebe dir die Krone. Ich vertraue dir, dass du unser Volk ebenso sicher und zuverlässig beschützt, wie ich es versucht habe.«
Björn starrte seinen Vater fassungslos an, und nun erhob sich
ein erstauntes – vielleicht unwilliges?, dachte Andrej – Raunen
und Flüstern unter den Männern. König Harald nickte jedoch
nur bekräftigend und fuhr fort: »Gebt es überall bekannt. Sagt es
jedem, dass ab diesem Moment nicht mehr König Harald über
diese Insel herrscht, sondern König Björn.«
»Vater, ich glaube nicht, dass ich –«, begann Björn, doch
Harald unterbrach ihn sofort.
»Das ist mein letzter Befehl als dein König. Ich hätte es längst
tun sollen. Du bist alt genug, und ich weiß, dass du der Aufgabe
gewachsen sein wirst. Aber es ist kein Geschenk, das ich dir
mache. Es ist eine Bürde, die ich dir auferlege. Aber jemand
muss sie tragen.«
»Das war dann wohl die kürzeste Revolution, die ich je erlebt
habe«, flüsterte Abu Dun auf Deutsch in Andrejs Ohr. Andrej
nickte zwar, nahm die Hand aber nicht vom Schwert. Abu Dun
schien der Einzige zu sein, der die Situation komisch fand. Die
allgemeine Anspannung war nicht gewichen, sondern hatte noch
zugenommen, und Andrej las in den Bewegungen und Gesten
der Männer, was ihre Gesichter zu verhehlen versuchten. Thure
wirkte im ersten Moment ebenso überrascht und schockiert wie
sein Bruder, doch Andrej bezweifelte, dass er so rasch aufgeben
würde. Dazu stand zu viel für ihn auf dem Spiel.
Umso mehr verblüfften ihn die nächsten Worte des Nordmannes. »Ganz, wie du befiehlst, Vater«, sagte er steif. Dann fuhr er
auf dem Absatz herum und stürmte hinaus. Zwei oder drei Krieger folgten ihm auf dem Fuß, einen Moment später folgten noch
einmal so viele, und gut die Hälfte der Zurückgebliebenen hätte
es ihnen gerne gleichgetan, brachte aber sichtlich nicht den Mut
dazu auf.
»Er wird sich wieder beruhigen, König Björn«, sagte Harald,
und ein leises, spöttisches Lächeln huschte über sein Gesicht.
Björn, der beim Klang des Wortes König zusammengefahren
war, versuchte mit wenig Erfolg ein Lächeln und warf Andrej
dann einen flehenden Blick zu, den dieser aber geflissentlich
ignorierte. So sehr ihn das gerade Miterlebte auch beeindruckte
– es ging ihn nichts an.
»Eines noch.« Harald wandte sich wieder an Abu Dun und ihn.
»Es ist nicht unsere Art, so mit denen umzugehen, denen wir zu
Dank verpflichtet sind, Andrej Delãny. Und ich hoffe, dass du
meine Entscheidung verstehst.«
»Aber du möchtest, dass wir gehen«, vermutete Andrej.
Harald nickte. Björn sah aus, als habe man ihm einen Schlag
versetzt. »Ja«, sagte Harald. »Auch wenn es nicht eure Schuld
ist – aber euer Hiersein übt einen schlechten Einfluss auf Thure
aus. Und auf die, die insgeheim darauf gehofft haben, dass er
unser nächster König wird. Nehmt unseren Dank und an Kleidern, Waffen und Nahrungsmitteln, was immer ihr braucht.
Morgen früh werden wir ein Schiff bemannen, das euch nach
Süden bringt. Ich werde den Männern eine Nachricht an König
Sören mitgeben. Er ist ein alter Freund und treibt Handel mit
den großen Städten jenseits des Meeres. Von dort aus werdet ihr
den Weg nach Hause finden.«
»Das nenne ich einen Rauswurf«, sagte Abu Dun, aber auch
jetzt wieder auf Deutsch und so leise, dass nur Andrej die Worte
hören konnte. Er klang jedoch weniger verstimmt als erleichtert.
»Ich verstehe dich, Harald«, antwortete Andrej. »Und ich nehme
dir deine Entscheidung nicht übel. Im Gegenteil. So sehr ich eure
Gastfreundschaft auch genieße – aber Abu Dun und ich sind froh,
so schnell wie möglich wieder in unsere Heimat zu kommen.«
»Vater, du –«, begann Björn.
Möglicherweise hatte Harald sich ja noch nicht ganz daran
gewöhnt, nicht mehr König zu sein, denn er unterbrach seinen
Sohn sofort mit einer herrischen Geste. »Ich weiß, was du sagen
willst, Björn. Aber ich weiß auch, dass unsere Gäste mich
verstehen. Habe ich recht?«
Andrej nickte zwar, und es gelang ihm sogar, überzeugend zu
lächeln … dennoch fragte er sich, ob er sich die unterschwellige
Drohung, die in diesen Worten lag, nur einbildete.
»Dein Vater hat recht, Björn«, antwortete er und verbesserte
sich sofort. » König Björn. Wir genießen eure Gastfreundschaft,
euer Essen und euer gutes Bier, doch es ist lange her,
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