Das Dampfhaus
antwortete Kapitän Hod.
– Ich werde mich sofort überzeugen!«…
Ohne ein weiteres Wort zu äußern, ergriff Mathias Van Guitt eine Leiter, die er an die Palissade lehnte. In einem Augenblicke stand er auf der obersten Stufe.
»Zehn Tiger und ein Dutzend Panther! rief er herab.
– Das mag ernsthaft werden, meinte Kapitän Hod. Statt daß wir jene jagen wollten, werden sie nun uns zu Leibe gehen!
– Die Gewehre! Schnell die Gewehre her!« befahl der Händler.
Alle beeilten sich, dem Gebote zu folgen, und in zwanzig Secunden waren wir fertig, Feuer zu geben.
Solche Ueberfälle einer ganzen Bande von Raubthieren sind in Indien übrigens nicht gar zu selten. Wie oft wurden nicht die Bewohner solcher Gegenden, in denen Tiger hausen, vorzüglich die der Sunderbunds, in den Wohnungen geradezu belagert! Das sind kritische Stunden, und leider bleibt der Vortheil häufig genug auf Seite der Angreifer.
In das Geheul von draußen mischte sich nun auch noch das Gebrüll in den Behältern. Der Kraal schien dem Walde Antwort zu geben. Wir konnten kaum noch das eigene Wort hören.
»An die Palissaden!« rief Mathias Van Guitt, der sich mehr durch Gesten als durch die Stimme verständlich machte.
Wir stürzten Alle nach der Einfriedigung.
Die Büffel packte der Schreck und sie erhoben sich eben, um den bisher innegehabten Platz zu verlassen. Vergeblich suchten die Wagenführer sie zurückzuhalten.
Plötzlich sprang das Thor, dessen Riegel also nicht ordentlich geschlossen sein konnte, heftig auf und in tollen Sätzen stürzten eine Menge Bestien in den Kraal herein.
Kâlagani hatte das Thor doch, wie er das immer that, auch heute gut verwahrt.
»In’s Haus! In’s Haus!« schrie Mathias Van Guitt und eilte nach demselben hin, da dieses jetzt allein noch einigen Schutz gewähren konnte.
Blieb uns auch Zeit genug, dahin zu entfliehen?
Schon wälzten sich zwei von Tigern überfallene Chikaris auf der Erde. Die Anderen, welche das Haus nicht erreichen konnten, eilten durch den Kraal, um irgend einen Schlupfwinkel zu suchen. Der Händler, Storr und sechs Hindus befanden sich schon in dem Hause, dessen Thüre gerade in dem Moment zugeworfen wurde, als zwei Panther hineindringen wollten. Kâlagani, Fox und die Uebrigen erkletterten die Bäume, um in deren Aesten Schutz zu suchen.
Kapitän Hod und ich fanden weder Zeit noch Gelegenheit, zu Mathias Van Guitt zu gelangen.
»Maucler! Maucler!« rief Kapitän Hod, der von einem Tatzenschlage am Arme verwundet war.
Mich selbst hatte ein furchtbarer Tiger mit dem Schweife zu Boden geworfen. Ich raffte mich wieder auf und sprang, als das Thier eben auf mich losgehen wollte, dem Kapitän zu Hilfe.
Nur eine Zuflucht blieb uns noch; die leere Zelle des sechsten Käfigs. In einem Augenblicke hatten wir uns Beide dahin geflüchtet und die schnell zugeschlagene Thür schützte uns einstweilen vor den Bestien, welche wüthend an den Gitterstäben emporsprangen.
Die rasende Wuth der Thiere im Hofe und der Tiger in den Zellen ging so weit, daß der auf den Rädern schwankende Käfig fast umgeworfen worden wäre. Bald ließen die Tiger jedoch von demselben ab, um sich einer bequemeren Beute zuzuwenden.
Welch’ entsetzlicher Anblick, von dem uns nichts entging!
»Das ist die verkehrte Welt! rief Kapitän Hod, der sich kaum bemeistern konnte. Sie draußen und wir drinnen!
– Und Ihre Wunde? fragte ich.
– Das hat nichts zu bedeuten!«
Jetzt krachten fünf oder sechs Schüsse. Sie blitzten aus dem Häuschen auf, in dem Mathias Van Guitt sich befand und welches zwei Tiger und drei Panther bestürmten.
Eines der Thiere fiel von einer Explosionskugel, welche von Storr’s Büchse herrühren mußte.
Die übrigen hatten sich gleich anfangs auf die Büffel gestürzt, die sich gegen solche Gegner freilich kaum zu vertheidigen vermochten.
Fox, Kâlagani und die Hindus, welche, um die Bäume erklettern zu können, die Waffen hatten wegwerfen müssen, konnten sie nicht schützen.
Nun gab auch Kapitän Hod, die Büchse durch das Gitter unseres Käfiges steckend, Feuer. Trotz der halben Lähmung seines rechten Armes in Folge der Wunde, die ihn nicht so sicher wie gewöhnlich zu zielen erlaubte, gelang es ihm doch, seinen neunundvierzigsten Tiger zu erlegen.
Da sprangen die erschrockenen Büffel eben brüllend durch den Kraal. Vergebens versuchten sie, sich den Tigern zu widersetzen, die den Stößen der Hörner durch geschickte, gewaltige Sätze zu entgehen wußten. An einem
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