Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
jenem, der in den Ebenen von Rohilkande den Stahlriesen so kühn angegriffen hatte und dessen wir damals nicht habhaft werden konnten.
    Jetzt fehlten nur noch zwei Tiger, um den Stock Mathias Van Guitt’s vollzählig zu machen.
    Der 15. August kam heran. Oberst Munro war noch nicht wieder erschienen, ebensowenig erhielten wir Nachrichten von ihm. Banks war unruhiger, als er sich den Anschein gab. Er befragte Kâlagaul, der ja die nepalische Grenze kannte über die Gefahren, denen Sir Edward Munro ausgesetzt sein könne, wenn er sich in jene unabhängigen Gebiete hineinwagte. Der Hindu versicherte ihm, daß sich in der Nähe von Tibet kein einziger Parteigänger Nana Sahib’s mehr aufhalte. Jedenfalls bedauerte er, daß der Oberst ihn nicht als Führer mitgenommen habe. Seine Dienste wären ihm in einem Lande, das er bis auf den einsamen Fußsteg kannte, gewiß von Nutzen gewesen. Jetzt war ja aber gar nicht daran zu denken, jenen aufzusuchen.
    Kapitän Hod und Fox setzten ihre Ausflüge durch Tarryani unermüdlich fort. Unterstützt von den Chikaris des Kraals, gelang es ihnen, drei weitere mittelgroße Tiger ohne große Gefahr zu erlegen. Zwei von diesen kamen auf Rechnung des Kapitäns, der eine auf Rechnung des Dieners.
    »Achtundvierzig! sagte Hod, der die runde Summe von fünfzig gern voll gemacht hätte, bevor er den Himalaya verließ.
    – Neununddreißig!« zählte Fox, ohne von einem gewaltigen Panther zu reden, der unter seiner Kugel gefallen war.
    Am 20. August ging der vorletzte der von Mathias Van Guitt gesuchten Tiger in eine der Fallen, der er aus Instinct oder Zufall bisher ausgewichen war. Wie das gewöhnlich geschieht, verletzte sich das Thier durch den Fall, doch schien die Wunde keine schwere zu sein. Einige Tage Ruhe genügten zur Heilung derselben, und jedenfalls sah man zur Zeit der Ablieferung an Hagenbeck in Hamburg davon nicht mehr das Geringste.
    Die Verwendung solcher Fallen wird von allen Kennern als eine barbarische Methode verurtheilt. Handelt es sich nur darum, die Thiere zu vernichten, so mag wohl jedes Mittel gelten, beabsichtigt man aber, dieselbenlebendig einzufangen, so verenden sie doch zu häufig in Folge des Sturzes, vorzüglich, wenn sie in jene fünfzehn bis zwanzig Fuß tiefen Gruben fallen, welche zum Fange der Elephanten bestimmt sind. Unter zehn findet man kaum eines, das nicht einen gefährlichen Knochenbruch erlitten hat. Selbst in Mysore, wo man diesem Verfahren mit Vorliebe huldigte, wird es, nach Aussage des Händlers, jetzt mehr und mehr verlassen.
    Ein einziger Tiger fehlte also noch der Menagerie des Kraals, und Mathias Van Guitt hätte diesen gar zu gern in seinem Käfige gesehen, denn es drängte ihn jetzt, nach Bombay aufzubrechen.
    Dieser Tiger sollte nun zwar bald genug erlangt werden, aber freilich um welchen Preis! Ich muß hierüber etwas ausführlicher berichten, denn das Thier wurde theuer – sehr theuer – bezahlt.
    Kapitän Hod hatte für die Nacht des 26. August einen Jagdausflug verabredet. Alle Vorzeichen ließen auf einen günstigen Erfolg rechnen, da der Himmel wolkenlos, die Luft ruhig und der Mond im Abnehmen war. Bei ganz tiefer Finsterniß verlassen die Raubthiere nur ungern ihre Höhlen, während sie bei mäßigem Lichtschein desto lieber umherschweifen. Der »Meniscus« – ein Wort, womit Mathias Van Guitt den sichelförmigen Mond zu bezeichnen pflegte – der Meniscus mußte also nach Mitternacht seine bleichen Strahlen herabsenden.
    Kapitän Hod und ich, Fox und Storr, der an solchem Sport allmählich Gefallen fand, bildeten den Kern der Expedition, der sich der Händler, Kalagaul und einige Hindus anschließen sollten.
    Nach beendigter Mahlzeit und nachdem wir uns von Banks, der eine Einladung, uns zu begleiten, abschlug, verabschiedet hatten, verließen wir das Steam-House gegen sieben Uhr Abends und kamen gegen acht Uhr ohne bemerkenswerthen Zwischenfall in den Kraal an.
    Mathias Van Guitt stand eben vom Abendessen auf. Er begrüßte uns in der gewohnten eigenthümlichen Weise. Sofort traten wir zur Berathung zusammen und verabredeten alles Weitere bezüglich der anzustellenden Jagd.
    Wir wollten uns in der Nähe eines Bergstromes auf die Lauer legen, der im Grunde einer jener Schluchten, welche man hier »Nullahs« nennt, zwei Meilen vom Kraal und an einer Stelle vorüberfloß, wohin ein Tigerpärchen jede Nacht zu kommen pflegte. Ein Köder war daselbst nicht angebracht worden, da das nach Aussage der Hindus überflüssig schien.

Weitere Kostenlose Bücher