Das Dampfhaus
Ein vor kurzer Zeit in diesem Theile Tarryanis abgehaltenes Treibjagen hatte den Beweis geliefert, daß die Tiger schon, um ihren Durst zu löschen, jene Schlucht regelmäßig aufsuchten. Es war auch bekannt, daß man sich dort günstig aufstellen konnte.
Den Kraal sollten wir vor Mitternacht nicht verlassen. Jetzt war es erst neun Uhr. Nun hieß es warten zu lernen, ohne sich dabei zu sehr zu langweilen.
»Meine Herren, begann Mathias Van Guitt, meine Wohnung steht gänzlich zu ihrer Verfügung.
Wir gehen spazieren.
Ich ersuche Sie, es wie ich zu machen und sich niederzulegen. Wir müssen noch vor dem frühen Morgen hinaus, und einige Stunden Schlaf werden uns für etwaige Strapazen stärken.
– Haben Sie Lust, zu schlafen, Maucler? fragte mich Kapitän Hod.
– Nein, gab ich zur Antwort. Ich werde lieber umherspazieren, bis wir fortgehen, als mich gerade dann wecken zu lassen, wenn ich im tiefsten Schlafe liege.
– Wie es Ihnen beliebt, meine Herren, bemerkte der Händler. Ich für meinen Theil fühle schon jenes spasmodische Blinzeln der Augenlider, welches die Müdigkeit hervorbringt. Sie sehen, ich schwanke schon so zwischen Wachen und Schlafen!«
Mathias Van Guitt erhob dabei die Arme, warf, wie durch unwillkürliche Muskelbewegung, den Kopf zurück und gähnte recht herzhaft.
Als er mit seinen Verrenkungen fertig war, winkte er uns noch ein Adieu zu und verschwand in der Hütte, wo er jedenfalls bald in sanftem Schlummer lag.
»Und was beginnen wir nun? fragte ich.
– Wir gehen spazieren, antwortete Kapitän Hod, wir gehen im Kraal auf und ab. Die Nacht ist schön, und ich werde zur Zeit besser bereit sein, zu marschiren, als wenn ich jetzt zwei bis drei Stunden lang schliefe. Der Schlaf ist zwar unser bester Freund, leider läßt er aber manchmal lange Zeit auf sich warten!«
So trotteten wir also, plaudernd und träumend, langsam durch den Kraal. Storr, »den sein bester Freund gewöhnlich nicht lange warten ließ«, lag am Fuße eines Baumes und schlief schon fest. Die Chikaris und die Wagenführer hockten ebenfalls in ihrer Ecke und überhaupt wachte sonst kein Mensch innerhalb der Einzäunung.
»Zehn Tiger und ein Dutzend Panther!« rief er herab. (S. 293.)
Es wäre das auch überflüssig gewesen, da der von einer Palissade umschlossene Kraal vollständig abgesperrt war.
Kâlagani hatte sich selbst noch überzeugt, ob das Thor gut verwahrt sei; nachdem das geschehen, wünschte er uns im Vorübergehen gute Nacht und begab sich nach dem Häuschen, das er mit seinen Gefährten bewohnte.
Kapitän Hod und ich, wir befanden uns nun ganz allein.
Nicht allein die Leute Van Guitt’s, sondern auch die Hausthiere und die Raubthiere schliefen alle, diese in ihren Käfigen, jene zusammen unter großen Bäumen am Ende des Kraals. Drinnen und draußen herrschte allgemeines Schweigen.
Unsere Promenade führte uns zunächst nach der Stelle, wo die Büffel lagen. Die schönen, sanften und gelehrigen Wiederkäuer waren nicht einmal eingeschlossen. Gewohnt, unter dem Blätterdache mächtiger Ahornbäume zu lagern, sahen wir sie gemächlich hingestreckt, die Hörner untereinander verwickelt, die Füße untergeschlagen, und man hörte nur das langsame, schnaufende Athmen der mächtigen Körper.
Auch unsere Annäherung störte sie nicht aus ihrer Ruhe. Nur einer derselben erhob ein wenig den dicken Kopf, glotzte uns mit dem unsteten Blicke an, der dieser Art von Thieren eigenthümlich ist, und duckte sich dann wieder langsam nieder.
»Da sieht man, wie das Leben im Hause oder vielmehr die Zähmung sie verändern kann, sagte ich zum Kapitän.
– Ja, erwiderte dieser, und doch sind gerade Büffel sehr gefährliche Thiere, wenn sie in der Wildniß hausen. Aber, wenn es ihnen nicht an Kräften fehlt, so geht ihnen dafür jede Gewandtheit ab, und was vermögen ihre Hörner z. B. gegen den Zahn der Löwen oder gegen die Tatze der Tiger? Offenbar sind diese Raubthiere ihnen gegenüber im Vortheil.«
In dieser Weise plaudernd, hatten wir uns den Käfigen genähert. Auch hier herrschte vollständige Ruhe. Tiger, Löwen, Panther und Leoparden schliefen in ihren abgesonderten Käfigen. Mathias Van Guitt ließ sie nicht eher zusammen, als bis sie durch einige Wochen Gefangenschaft etwas mürber geworden waren, und daran that er ganz recht. Während der ersten Tage der Einsperrung hätten die Bestien wahrscheinlich einander selbst aufgezehrt.
Vollkommen unbeweglich, lagen die drei Löwen,
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